Corona-Pandemie:Potpourri aus Problemen

Lesezeit: 5 min

Fußballklubs bangen zunehmend um die Ehrenamtlichen, manche Handball-Drittligisten sehen sich nicht als Profiklubs, die Eishockey-Bundesliga der Frauen hängt in der Luft - ein Rundgang durch Bayern.

Von Christian Bernhard und Christoph Leischwitz

Die Amateursportler müssen im November ihren Betrieb wieder einstellen, was ihnen die unterschiedlichsten Sorgen bereitet. Andere befürchten wiederum, weiterspielen zu müssen: Profiligen dürfen weitermachen, was in manchen Spielklassen zur Frage führt, wie man diesen Begriff genau definiert.

Emotionaler Abstand

Die Altherren des Fußball-Bayernligisten DJK Vilzing waren die letzten, die am Freitag noch auf den Trainingsplatz durften. Am Samstag stellte der Klub seinen gesamten Spielbetrieb offiziell ein. Der zweite Stopp "trifft uns als Verein natürlich hart", sagt Vilzings Sportlicher Leiter Roland Dachauer. Eine Sorge treibt ihn besonders um: der Verlust ehrenamtlicher Mitarbeiter und Helfer. Schon nach der Unterbrechung im Frühjahr sei es schwierig gewesen, Menschen wieder für das Vereinsleben zu aktivieren, da einige emotional Abstand genommen hätten. Dachauer befürchtet, dass dieser zweite Rückschlag viele "noch tiefer" treffen werde. "Rein emotional hängt jetzt jeder im Verein unglaublich in der Luft", sagt er, es gehe an die Substanz. Wenn Ehrenamtler jetzt weiter die Lust am Vereinsengagement verlieren, wäre das "ein Sargnagel für den Amateursport", betont er. Da man im Moment nicht davon ausgehen könne, dass im Winter Mannschaftskontaktsport in der Halle ausgeübt werden kann, steht vielen Fußballvereinen nun eine mehrmonatige Pause ins Haus. Besonders den Nachwuchs trifft das. "Praktisch werden die Kinder drei, vier Monate komplett Abstand zum Verein haben", sagt Dachauer.

Das Gegenteil von Profis

Beim Handball-Drittligisten HaSpo Bayreuth ist am Donnerstag ein Brief des Deutschen Handballbundes (DHB) eingetrudelt, in dem der DHB mitteilte, dass er den Status der Klubs erst in der nächsten Woche "eruieren" werde. Die Frage in der 3. Liga ist nämlich: Sind Handball-Drittligisten Profivereine? HaSpo-Vorsitzender Andreas Berghammer hat darauf eine klare Antwort: "Wir sind genau das Gegenteil einer Profi-Mannschaft." Ihm ist bewusst, dass es bei anderen Klubs Spieler gebe, die vom Handball leben. Doch das ist für den Leiter des Sozialdienstes im Klinikum Bayreuth derzeit nicht das Thema. Er findet es "Wahnsinn", dass in der aktuellen Gesundheitslage des Landes überhaupt mit dem Gedanken gespielt wird, Drittliga-Handballspiele auszutragen, wenn sich im privaten Bereich nur noch Personen aus zwei Haushalten treffen dürfen. Jeder Sportverein, der nach der Sommerpause davon ausgegangen sei, "dass es so weitergeht, als wäre nichts gewesen, war dumm", sagt er. Sein Verein hat bereits vor zehn Tagen allen Mannschaften das Training untersagt. Sollte der DHB die 3. Liga als Profiliga deklarieren, wollen die Bayreuther die Spieler und Trainer der ersten Mannschaft entscheiden lassen, ob sie bei einer Fortsetzung im November dabei sein wollen. Sollten diese sich dagegen entscheiden, hätte der Verein laut Berghammer kein Problem damit, der Liga mitzuteilen, dass er dieses Spiel nicht mitmachen wird.

Traurige Kinder

Michael Fuchs' erster Gedanke gilt dem Vereinsnachwuchs. Viele der Kinder hätten diese Woche im Training geweint, als ihnen mitgeteilt wurde, dass ab kommenden Montag erst einmal kein Tischtennis-Training mehr stattfinden kann, berichtet der Vorsitzende der Tischtennisabteilung des SV-DJK Kolbermoor. Mehr Glück dürften die Bundesliga-Frauen der DJK haben. Für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) fallen die drei höchsten Tischtennis-Ligen Deutschlands in den Profibereich, dementsprechend könnte es dort im November weitergehen. Am Freitag tagte diesbezüglich das Präsidium des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB). Zu vernehmen ist, dass eine Mehrzahl der Frauen-Bundesligisten weiterspielen möchte. Ob deshalb auch alle spielen, ist damit aber noch nicht beantwortet. Spiele in Corona-Risikogebieten können weiterhin von beiden Teams abgesagt werden, was schon mehrfach vorgekommen ist. Die zweite zentrale Thematik ist die Hallenverfügbarkeit. Die Hallen sind in den meisten Fällen in der Hand der Kommunen, "und wenn ein lokaler Hallenträger sagt, wir schließen unsere, dann haben die Vereine keine Wahl", erklärt Fuchs. Er hofft, dass im Falle einer Saisonfortsetzung im November auch die Nachwuchs-Kaderspieler eine Ausnahmegenehmigung bekommen, um trainieren zu dürfen.

Vorfreude aufs Fest

Am Donnerstag hielten sie beim Fußball-Landesligisten SC Feucht das letzte Training ab, danach verabschiedeten sich die Spieler schon einmal mit: "Frohe Weihnachten". Dabei lief es gerade so gut für den Spitzenreiter der Nordost-Staffel: zehn Partien ungeschlagen (in den vergangenen zwölf Monaten), zehn Punkte Vorsprung - und jetzt also wieder eine Vollbremsung. "Ohne die Pandemie wären wir wahrscheinlich schon in der Bayernliga", sagt Trainer Florian Schlicker. Jetzt beginnt das lange Warten auf den Aufstieg. "Das wird für jeden Spieler eine Herausforderung", sagt Schlicker, denn diesmal dürfte die Spiel- und Trainingspause noch länger ausfallen. Einen Vorbereitungsplan zu erstellen, dafür sei es auch noch zu früh. Er selbst werde die Zeit mit fußballerischer Fortbildung verbringen, sagt der 39-Jährige, "es gibt dazu gute Bücher". Falls ein Bekannter noch nicht weiß, was er Schlicker zu Weihnachten schenken soll.

Eishockey als Job

Klaus Wüst hat am Freitag erfahren, dass er sich noch gedulden muss. Der Präsident des Frauen-Eishockey-Bundesligisten ESC Planegg wurde vom Deutschen Eishockey-Bund (DEB) darüber unterrichtet, dass erst in der kommenden Woche geklärt werden kann, ob die Spielklasse in den Profibereich fällt und im November fortgeführt werden kann. Fix ist erst einmal nur, dass der ESC am Samstag zuhause - vor maximal 50 Zuschauern - gegen Ingolstadt spielt und am Sonntag in Ingolstadt, wo keine Zuschauer zugelassen sind. Auf welcher Grundlage eine etwaige Profi-Kategorisierung erfolgen würde, weiß Wüst nicht. Man könne die Verordnungen so lesen, dass es keine Berufsspielerinnen geben dürfe. Für ausländische Spielerinnen ist es aber oft ein Job - und auch die zahlreichen deutschen Spielerinnen, die Teil von Bundeswehr-Sportgruppen sind, verdienen mit ihrem Sport Geld.

Löwen im Winterschlaf

Die Junioren des Fußball-Drittligisten TSV 1860 München haben schon an diesem Wochenende Feierabend. "Da herrscht ab sofort tote Hose", sagt Sechzigs Sprecher Rainer Kmeth über das Nachwuchs-Leistungszentrum (NLZ). Profitrainer Michael Köllner erklärt, dass es schwierig sei, junge Spieler im Profikader aufzunehmen und so vor einer Zwangspause zu bewahren - schon allein deshalb, weil auf diesem Wege die Zahl der Kontakte zu nicht getesteten Personen ansteigt. Im Norden der Stadt, beim FC Bayern München, wird der Trainingsbetrieb nicht komplett eingestellt: Dort haben sie die Möglichkeit, eine so genannte "Trainingsgruppe zwei" zu formieren, aus Spielern, die wenn nötig zum Kader des Drittliga-Teams von der U23 stoßen können. Aus dem einen oder anderen bayerischen NLZ ist zu hören, dass man nach rechtlichen Möglichkeiten suche, junge Spieler in den kommenden Wochen irgendwie am Ball zu halten.

Frust in Fürstenfeldbruck

Eigentlich war es ein Privileg, das die Football-Junioren der Fursty Razorbacks aus Fürstenfeldbruck genießen durften: Die Nachwuchs-Bundesliga war die einzige deutsche Football-Liga, die flexibel genug war, nach dem trainingsfreien Sommer noch einen Spielbetrieb auf die Beine zu stellen. Doch die zwei Partien gegen die U19 der Munich Cowboys (32:0, 20:3) wirken jetzt nur noch wie zwei Appetithappen, die Hunger auf mehr gemacht haben. Denn in zwei Wochen wäre das Viertelfinale gegen die Schwäbisch Hall Unicorns angestanden - und die Fürstenfeldbrucker hatten sich sogar Chancen auf den Finaleinzug gemacht. "Wir verstehen die Entscheidungen, frustrierend ist es trotzdem", sagt der Trainer und Sportliche Leiter Michael Dohrmann. Wenig Spielpraxis ist für die vielen Spieler, die nächstes Jahr im Männerfootball starten, ein Problem. Für den Verein besteht noch ein größeres: Geschlossene Hallen im Winter bedeuten vor allem, dass weniger neue Spieler rekrutiert werden. Zu wenig Training im Winter bedingt in der körperlich anspruchsvollen Sportart zudem, dass Neulinge sehr viel später eingesetzt werden können - oder nur unter erhöhter Verletzungsgefahr.

© SZ vom 31.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: