Corona in der Deutschen Eishockey Liga:Zurück von der einsamen Insel

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Münchens unbekannte Seite: Weil dem EHC zahlreiche Profis fehlten, durfte unter anderem Thomas Heigl gegen Bietigheim sein DEL-Debüt geben. (Foto: Heike Feiner/Eibner/Imago)

Ohne 13 Stammspieler tritt der EHC Red Bull München erstmals nach seiner Corona-Quarantäne wieder an. Während die DEL ihre Teststrategie nachschärft, verdichtet sich der Termindruck durch weitere Spielabsagen von Düsseldorf und Iserlohn. Die Ligapause für Olympia wackelt.

Von Christian Bernhard, München

Konrad Abeltshauser nahm die Situation mit Humor. In den Sozialen Netzwerken veröffentlichte der Verteidiger des EHC Red Bull München ein Video, in dem er sich in Anlehnung an Tom Hanks als Schiffbrüchiger im Hollywood-Streifen "Cast Away" mittels Strichliste dem Ende einer einsamen Zeit entgegensehnte. Am Dienstag war Abeltshauser einer von 16 Münchner Spielern, die nach zehn Tagen Corona-Zwangspause wieder auf dem Eis standen und trotz des Fehlens von 13 Stammspielern einen 2:0-Heimsieg gegen Aufsteiger Bietigheim bejubeln konnten.

Eineinhalb Wochen lang hatte der EHC kein Spiel in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) bestreiten dürfen. Einen Tag nach dem Auswärtsspiel in Augsburg am 15. Oktober hatte das Münchner Gesundheitsamt das Team wegen mehrerer positiver Corona-Fälle in Quarantäne geschickt. In der folgenden Woche erhöhte sich die Zahl der Infizierten auf 22, darunter 16 Spieler. Vier Spiele der Münchner mussten verlegt werden.

Am Dienstag stand also nicht nur die dezimierte Mannschaft im Fokus, sondern auch ihr Manager Christian Winkler, der vor der Partie bei Magentasport erstmals über die turbulente Zeit sprach. "Äußerst schwierig" seien die Tage gewesen, sagte er. Obwohl er nicht in die Köpfe der Spieler schauen könne, habe er ein gutes Gefühl, was das Wohlbefinden der Spieler betreffe, "weil der Tenor war, dass das Impfen hilft." Laut Klubangaben sind 97,5 Prozent aller Spieler, Trainer und Betreuer beim EHC geimpft. Die Verläufe seien "allergrößtenteils sehr human" gewesen, berichtete Winkler. Ähnliches war von der Düsseldorfer EG zu vernehmen, die wie die Iserlohn Roosters ebenfalls in Corona-Quarantäne musste.

Am Tag der Münchner Rückkehr in den DEL-Spielbetrieb hatte die Liga verkündet, dass sich alle 15 Klubs auf eine Verschärfung der Corona-Teststrategie verständigt haben. Vom 1. November an wird bei Mannschaften, die zu diesem Zeitpunkt noch ungeimpfte Spieler oder Offizielle in ihren Reihen haben, eine neue Strategie verbindlich. Grundlage sind ausschließlich PCR-Tests; nicht geimpfte Personen sollen dann drei Mal pro Woche, geimpfte sowie seit mehr als zwei Monaten genesene einmal wöchentlich getestet werden. Bislang müssen geimpfte Spieler nicht regelmäßig getestet werden, wenn sie symptomfrei sind.

Die Liga ist besorgt - und bekommt nun Terminprobleme. Am Dienstag wurde die für diesen Freitag geplante Partie zwischen Iserlohn und Düsseldorf verschoben, am Mittwoch auch das Spiel Düsseldorf gegen München am Sonntag, das zwölfte Spiel, das coronabedingt ausfällt. Aufgrund des straffen Terminkalenders, der im November den Deutschland Cup und im Februar eine dreieinhalbwöchige Olympia-Pause vorsieht, sind Nachholtermine dünn gesät. Auf die noch in der Champions League vertretenen Münchner etwa kommen aufgrund von Spielverlegungen von Mitte November an zehn Spiele in nur 20 Tagen zu. Anfang der Woche teilte das Ligabüro mit, man habe "genügend Luft und Platz, Spiele nachzuholen". DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke zieht allerdings schon in Erwägung, während der Olympischen Winterspiele die Liga weiterspielen zu lassen, weil zahlreiche deutsche Nationalspieler im Ausland beschäftigt sind. "Das betrifft ohnehin nur etwa zwölf Spieler aus der DEL und manche Klubs gar nicht", sagte er dem Berliner Tagesspiegel.

Bei den Münchnern wären die Voraussetzungen für so viele Spiele in so kurzer Zeit zuletzt nicht gegeben gewesen. EHC-Nachwuchsdirektor Niklas Hede, der Cheftrainer Don Jackson am Dienstag hinter der Bande vertrat, berichtete, dass der EHC in den eineinhalb Corona-Wochen mit "vier, fünf, sechs Spielern" trainiert habe. Langsam seien dann "ein, zwei Spieler aus der Quarantäne" zurückgekommen. Mehr als Kleinfeldspiele und sehr kurze Einheiten waren nicht möglich, "du kommst nicht in ein richtiges Tempo-Training", erklärte Hede. Taktisch habe man wenig machen können.

Gegen Bietigheim sei es im Startdrittel darum gegangen, "zu überleben", sagte Hede. Die wenigen Spieler kamen auf zum Teil ungewohnt viel Eiszeit, Stürmer Maximilian Kastner, der nach knapp vierwöchiger Verletzungspause sein Comeback feierte, stand mehr als 25 Minuten auf dem Eis. Auf die Frage, ob Hede bei den aus der Quarantäne zurückgekehrten Spielern Auffälligkeiten bemerkt habe, antwortete er: "Wir haben einen ständigen Dialog mit ihnen geführt und versucht, es im Spiel zu kontrollieren und den Rhythmus zu finden." Nach der Partie seien die Spieler "ziemlich fertig in der Kabine" gewesen, "aber sie haben sich eigentlich wohlgefühlt."

Die DEL-Regularien besagen: Stehen einer Mannschaft mindestens zehn Feldspieler und ein Torhüter zur Verfügung, muss sie antreten. Die Münchner konnten gegen Bietigheim zwei Torhüter und 14 Feldspieler, darunter drei DEL-Debütanten, aufbieten. 13 Stammspieler fehlten, darunter fünf der sechs erfolgreichsten Scorer. Die Münchner schauen erst einmal von Tag zu Tag, "mehr können wir nicht planen", erklärte Interimstrainer Hede. "Jetzt haben wir mal ein Spiel gegen die Pandemie verloren", sagte Manager Winkler, "aber wir werden den Kopf nicht in den Sand stecken."

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