Cori Gauff:"Ich bin überwältigt und schockiert"

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Ihre erste Trophäe: Cori Gauff in Linz (Foto: AFP)
  • Die erst 15-jährige Tennisspielerin Cori "Coco" Gauff gewinnt in Linz ihre erste Trophäe.
  • Die Amerikanerin ist die jüngste WTA-Turniersiegerin seit 15 Jahren.
  • Gauff hat ein aufregendes Tennisjahr hinter sich.

Von Lisa Sonnabend

Es war klar, dass das Tennisturnier in Linz auf außergewöhnliche Weise enden würde. Als Cori Gauff am Sonntagnachmittag im Finale den dritten Matchball hatte, entschied sie sich, eine Challenge zu nehmen. Und so wartete die 15-jährige Amerikanerin an der Grundlinie auf die Entscheidung, ob der Ball ihrer Gegnerin Jelena Ostapenko im Aus gelandet war und ob sie sich freuen durfte. Sie durfte. Gauff riss die Arme hoch, warf den Kopf zurück, hüpfte und strahlte.

Gauff, die von allen nur "Coco" gerufen wird, ist nun die jüngste Turniersiegerin auf der Frauentennistour WTA seit der Tschechin Nicole Vaidisova vor 15 Jahren. Sie stand erst zum sechsten Mal im Hauptfeld eines WTA- oder Grand-Slam-Turniers - und schon stemmte sie den Siegerpokal in die Höhe. Dabei war Gauff in Linz schon ausgeschieden gewesen.

Als Weltranglisten-110. war die Nachwuchsspielerin nach Österreich gereist, sie musste in die Qualifikation und verlor dort in der letzten Runde gegen die Deutsche Tamara Korpatsch. Doch da die Griechin Maria Sakkari wegen einer Verletzung aus dem Turnier zurückzog, rückte Gauff als Lucky Loserin nach. Sie mühte sich anfangs, profitierte von der verletzungsbedingten Aufgabe von Katerina Kozlowa. Doch dann steigerte sich Gauff im Laufe des Turniers: Mit ihrem kraftvollen Tennis schlug sie im Viertelfinale Kiki Bertens, es war ihr erster Sieg gegen eine Top-Ten-Spielerin. Im Halbfinale ließ sie der Darmstädterin Andrea Petkovic keine Chance.

Gegen Ostapenko im Endspiel hatte sie zwischendurch zwar einen Durchhänger, behielt schließlich aber abgeklärt die Nerven, als sie zwei Matchbälle vergab und die Ukrainerin noch einmal von 0:5 auf 2:5 verkürzte. Ihr Vater und Trainer Corey Gauff eilte zum On-Court-Coaching auf den Platz, er trug ein weißen T-Shirt, auf dem auf der Brust der Schlachtruf "Call me Coco" stand. "Verdränge das Negative", sprach er zu ihr. "Bringe deine Gedanken an einen anderen Ort, zu einem Trainings-Match." Gauff ging zur Grundlinie, wenige Minuten später hatte sie gewonnen. Bei der Siegerehrung sagte sie: "Ich werde mich mein ganzes Leben an diesen Moment erinnern." Auf der anschließenden Pressekonferenz meinte sie: "Ich bin überwältigt und schockiert."

Ihre unbekümmerte Art beeindruckt viele

Für Gauff neigt sich ein aufregendes Tennisjahr dem Ende zu. In Wimbledon erreichte sie als Qualifikantin das Achtelfinale, schlug ihr Idol Venus Williams. Bei den US Open kam sie bis in die dritte Runde, verdrehte ganz New York mit ihrer unbekümmerten und coolen Art den Kopf. Die Tennistour baut sie zum neuen Gesicht auf, Sponsoren umgarnen sie. Gauff hat bislang alle Erwartungen, die in sie gesteckt wurden, erfüllt, ja sogar übertroffen. Dem Teenager gelingt es bislang scheinbar mühelos, dem immensen Druck Stand zu halten.

In der Weltrangliste wurde Gauff zu Beginn der Saison an Position 685 geführt, nun unter den Top 80. Bei vielen Turnieren steht sie nun automatisch im Haupftfeld, muss sich nicht mehr durch die Qualifikation kämpfen. Im Finale von Linz kam ihr starker erster Aufschlag in 70 Prozent aller Fälle, sie verteilte ihre Schläge geschickt über den Platz. Nur ab und an wackelte Gauff und streute arg zaghafte Sicherheitsschläge ein. In der Winterpause will sie nun in der Trainingsakademie von Patrick Mouratoglou in Nizza weiter an ihren kleineren, technischen Schwachstellen arbeiten, sagte sie vor ein paar Tagen in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Und sie will nachdenken: "Immer wenn ich etwas reflektieren wollte, passierte Neues, Aufregendes."

Nachdem Gauff bei der Siegerehrung in Linz ein rosa Dirndl und eine Flasche Wein bekommen hatte, reichte ihr noch jemand ein Messer, um eine Torte anzuschneiden. Während der Hallensprecher noch redete, schnitt die Siegerin schon das erste Stück ab. Eine Turnierverantwortliche bat sie, bitteschön, kurz zu warten. Cori Gauff grinste. Es war mal wieder zu schnell gegangen bei ihr.

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