VfL Bochum im Abstiegskampf:Schlotterbeck korrigiert seinen Fauxpas

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Traf erst hinten, dann vorne: Bochums Verteidiger Keven Schlotterbeck. (Foto: Joerg Nieberga/Eibner/Imago)

Im ersten Spiel unter dem neuen Trainer Heiko Butscher trifft Bochums Verteidiger erst kurios ins eigene Tor - und dann in das von Gegner Heidenheim. Kapitän Losilla verspricht: "Wir sind am Leben."

Von Ulrich Hartmann, Bochum

In der 90. Minute ertönte im Ruhrstadion der Can-Can von Jacques Offenbach. Diesmal hatte der zuletzt leidgeprüfte VfL Bochum selbst spät getroffen, die Torhymne schien Überschwang zu vermitteln im ersten Spiel nach dem Bochumer Trainerwechsel, doch mehr als den Ausgleich zum 1:1 (0:0)-Unentschieden gegen den 1. FC Heidenheim bedeutete der späte Kopfballtreffer durch Keven Schlotterbeck nicht. Der dadurch gerettete Punkt ersparte den Bochumern immerhin den Sturz auf den Abstiegsrelegationsplatz. "Heute sind wir der moralische Gewinner", behauptete tapfer Bochums Sportdirektor Marc Lettau - allerdings mit ganz schön trüber Miene.

Neun Minuten vor dem späten Ausgleich waren die Bochumer vorübergehend auf genau diesen gefürchteten Relegationsplatz abgerutscht. Schlotterbeck nämlich hatte den Ball in der 81. Minute, beim Versuch zu klären, sehr unglücklich und auch ein wenig kurios zum 0:1 ins eigene Tor bugsiert. Das ganze Stadion hatte laut aufgestöhnt. Der Fluch des VfL Bochum mit späten Gegentreffern und Niederlagen in Serie ging offenbar auch unter dem neuen Trainer ungebremst weiter.

Eine neuerliche Niederlage immerhin blieb den Gastgebern erspart. "Nach einem Trainerwechsel erwartet immer jeder, dass es sofort fluppt", sagte der neue, interimistische Cheftrainer Heiko Butscher fast entschuldigend, zog aber dennoch Motivation aus dem Spielverlauf: "Die Mannschaft will!"

"Wir sind am Leben, wir haben Moral gezeigt", sagt Bochums Kapitän Losilla

Der Allgäuer Butscher war während seiner offiziellen Präsentation am vergangenen Dienstag nicht gefragt worden, ob er sich selbst eigentlich für den richtigen Mann hält, um die schlingernde Mannschaft vor dem Abstieg zu bewahren. Der 43-Jährige, zuvor A-Jugendtrainer, hatte von sich aus gesagt: "Ich kann total nachvollziehen, dass der eine oder andere vielleicht sagt: 'Schaut mal auf die Tabelle, wo seine U19 steht, die ist ja auf dem drittletzten Platz - was wollt ihr mit dem?'"

Butscher hat einst vier Jahre für den VfL Bochum gespielt und dort seit 2015 verschiedene Trainerjobs übernommen. Er hatte bei der Lizenzmannschaft schon dreimal für je ein Pflichtspiel die Übergangsphase von einem Trainer zum nächsten bestritten und ist jetzt stolz, dass der VfL ihm zutraut, den Klub nach der Freistellung des Trainers Thomas Letsch zum Klassenerhalt zu führen. Seine A-Jugend, Drittletzter in der Bundesliga-Weststaffel und jetzt vom bisherigen B-Jugendtrainer David Siebers betreut, hat am Samstag gegen den Tabellensiebten 1. FC Köln 3:1 gewonnen. Einen solchen Befreiungsschlag hätte Butscher sich auch für sich und die Profis erhofft.

Dem Bochumer Spiel war nicht explizit anzumerken, dass mit Butscher "ein neuer Impuls" gesetzt worden war. So hatte der Klub ja die Trennung vom Trainer Letsch begründet nach zuvor nur einem Punkt aus sechs Spielen. Die Bochumer gaben zwar eine halbe Stunde lang ordentlich Gas, erzielten aber kein Tor. Die vermeintliche Heidenheimer Führung in der 43. Minute durch Jan-Niklas Beste wurde wegen eines Handspiels nicht gewertet. In der zweiten Halbzeit gaben die Bochumer anfangs wieder viel Gas und erspielten sich noch mehr Chancen. Der vermeintlichen Führung durch Takuma Asano in der 63. Minute wurde vom Schiedsrichter Patrick Ittrich per Videoüberprüfung am Spielfeldrand allerdings die Wertung verweigert wegen eines vorangegangenen Fouls.

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Kommentar von Ulrich Hartmann

Noch schlimmer als mit den beiden Gegentreffern in der Nachspielzeit eine Woche zuvor bei der 1:2-Niederlage in Köln, hatten viele Bochumer gedacht, könne es nicht kommen. Aber Schlotterbecks Eigentor in der 81. Minute fühlte sich mindestens so schlimm an. Immerhin nur für neun Minuten. Schlotterbeck konnte seinen Fauxpas selbst korrigieren. "Heute haben wir es mal andersherum machen können", sagte der vom SC Freiburg ausgeliehene Verteidiger über den eigenen Ausgleich. Als Held fühle er sich nicht - "aber als Mutmacher", weil man nach dem Rückstand nicht aufgegeben habe und zumindest die Niederlage hat verhindern können.

"Wir sind am Leben, wir haben Moral gezeigt, wir haben es weiter in der eigenen Hand", sagte Bochums Kapitän Anthony Losilla. "Wir stehen weiter über dem Strich", betonte der Sportchef Lettau. "Nächsten Samstag", sagte der doppelte Torschütze Schlotterbeck, "steht schon das nächste Big-Point-Spiel an." Dann gastieren die Bochumer beim auch nur noch um einen Punkt besser stehenden VfL Wolfsburg. Keine Zeit zur Entspannung.

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