SZ-Formsache:Von der Dampflok gestreift

Lesezeit: 4 min

Matthias Meier aus Rieding in der Oberpfalz prägte 20 Jahre lang die Musikkabarettgruppe "Da Huawa, da Meier und I". Nächsten Donnerstag tritt er mit dem Niederbayern-Trio "Watschnbaam" im Münchner Schlachthof auf . (Foto: Hubert Lankes)

Olympiareifes Weitspuck-Talent auf den Spuren von Bud Spencer: der Musikkabarettist Matthias Meier.

SZ: Sport ist für Sie ...?

Matthias Meier: ... auf jeden Fall schön anzuschauen. Ich sitze liebend gerne im Winter in meinem auf 28 Grad aufgeheizten Wohnzimmer, eine gute Halbe Weißbier in der Hand, zwecks Hitze im Unterhemd und bewaffnet mit einer Tüte Erdnussflips vor dem Fernseher, schaue den Skispringenden oder Eisschnelllaufenden zu und wundere mich, wie man nur so langsam sein kann. Einmal habe ich mir vor Erzürnung schon das Weißbier über die Flips geschüttet.

Ihr aktueller Fitnesszustand?

So gut wie die letzten 15 Jahre nicht. Schwer ist leicht was, aber ich habe durch viele Stunden in verschiedenen Fitnessstudios des Bayerischen Waldes 25 kg Gewicht verloren. Das eröffnete mir auch auf der Bühne neue Möglichkeiten, so dass mein aktuelles Soloprogramm "Ein Meier im Himmel" eine ganz schön sportliche Herausforderung geworden ist.

Felgaufschwung oder Einkehrschwung?

Da ich beim Felgaufschwung in der Gemeindeturnhalle wohl alle Reckstangen verbiegen und mir sowieso bei diesen g-Kräften schlecht werden würde, muss ich wohl den Einkehrschwung bevorzugen. Aber Vorsicht, nicht übertreiben, sonst werden hier nach mehrstündigen Trainingseinheiten in so manchen Gaststuben auch ungewollte g-Kräfte frei. Einkehrschwung ist eine der gefährlichsten Sportarten überhaupt, wenn man nicht frühzeitig damit aufhört.

Sportunterricht war für Sie?

Die Hölle, da unser Sportlehrer zugleich der Chemielehrer war. Ich war in Chemie immer einer derjenigen, die das Klassenziel nicht erreichten, und ich zeigte einfach überhaupt kein Interesse. Das kickte den Chemielehrer, der gleichzeitig der Sportlehrer (ein strenger, von der alten Sorte) war. Er verlegte den Chemieunterricht in die Turnhalle, ließ uns alle im Kreis laufen und fragte immer mich, was die chemische Zusammensetzung von irgendwas sei. Da ich die Fragen natürlich nicht bis höchstens falsch beantworten konnte, schoss er mit Fußbällen und warf mit Medizinbällen auf uns Schüler. Dieses Prozedere setzte er wochenlang fort, bis meine Mitschüler mir Nachhilfe in Chemie gaben, weil sie den Kleinkrieg zwischen mir und diesem Lehrer satt hatten. So beendeten sie das Martyrium.

Ihr persönlicher Rekord?

Haha, das ist lustig. Es gibt einen Zeitungsartikel mit der Überschrift: "Neuer Rekord beim Schulfest der Maristenrealschule Cham: 4,49 Sekunden". Das war ich. Ich schaffte es, einen halben Liter Spezi in 4,49 Sekunden auszutrinken.

Stadion oder Fernsehsportler?

Ich war in meinem Leben erst zweimal bei einem FC-Bayern-Spiel. Einmal als Schüler in München, das zweite Mal in Bochum, als der FC Bayern gegen Bochum spielte. Hier war ich allerdings mit meinem Onkel aus dem Ruhrgebiet in der Fankurve des VfL, wo ich aufgrund meines starken bayerischen Dialekteinschlages ganz schnell kapierte, dass es gesünder wäre, ab sofort den Mund zu halten. Bei uns im Wohnzimmer wird nicht regelmäßig Fußball geschaut, nur wenn es ultrawichtige Spiele gibt, wie zum Beispiel 1860 München gegen den BVB Dortmund. Okay, eigentlich können wir den Fernseher verkaufen...

Bayern oder Sechzig?

Ich bewundere die Fans der Sechziger für ihre Treue und ihr Durchhaltevermögen. Darum wollte ich auch den Verein 1860 unterstützen und besuchte jahrelang jedes Auswärtsspiel (nach SZ-Informationen ist das geflunkert, Anm. d. Red.). Wegen Führerscheinproblemen kaufte ich mir sogar eine Bahncard 50, um mit dem Zug anzureisen. Leider geht das heute nicht mehr, denn in den Ortschaften, wo die Sechziger heute spielen, gibt es meistens nicht mal einen Bahnhof.

Ihr ewiges Sport-Idol?

Carlo Pedersoli, besser bekannt als Bud Spencer. Er war nicht nur einer der bekanntesten Schauspieler, sondern machte in seinen jungen Jahren eine Karriere als Kurzstreckenschwimmer. 1957 nahm er an den Olympischen Spielen in Melbourne teil und erreichte über 100 Meter Freistil den elften Platz. Wie Zeitzeugen in seiner Biografie berichten, waren seine Auftritte bei Schwimmwettbewerben sehr imposant. Er ging mit Badehose zum Beckenrand, rauchte nebenbei in der Schwimmhalle eine Zigarette, welche er kurz vor Startschuss mit zwei Fingern wegschnippste, und holte sich die Goldmedaille. Eine wunderbare Art, Sport und Rock'n' Roll miteinander zu verbinden.

Ein prägendes Erlebnis?

Das war in der C-Jugend beim FC Raindorf. Alle meine Schulkameraden waren angefixt und heiß auf Fußball, was sich bei mir eher in Grenzen hielt. Meine Interessen lagen eher beim Musikspielen, darum rief der Trainer vom Spielrand immer: "He, Trompeten-Meier, deck deinen Mann!" Ich wollte nur dabei sein bei meinen Schulkumpeln, das Fußballspiel interessierte mich so gut wie gar nicht. Einmal fuhr während des Spiels eine Dampflok am nahe gelegenen Spielfeld vorbei, welche mich mehr interessierte als das Spiel. Als aber dann unser Tormann den Abstoß machte und mich frei stehen sah, war ich mit dem Geiste bei der Dampflok, und kurz darauf ging mir das Licht vor den Augen aus. Unser Tormann hat mich umgeschossen, ich war kurz bewusstlos. Anschließend kaufte mir mein Vater mein erstes Schlagzeug.

In welcher Disziplin wären Sie Olympiasieger?

Im Rahmen der Olympischen Spiele 1904 in St. Louis fand auch ein Wettbewerb im Tabak-Weitspucken statt. Da ich seit gut 35 Jahren alle möglichen Blasinstrumente spiele, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass sich alle meine Gesichtsmuskeln auf so einem wahnsinnig hohen Fitnessniveau befinden, dass ich es hier mit Leichtigkeit auf das oberste Treppchen schaffen würde.

Mit welcher Sportlerin/welchem Sportler würden Sie gerne das Trikot tauschen?

Ich wüsste jetzt auf Anhieb keinen Sportler, dessen Trikot mir passen würde. Ich habe nun lange überlegt und bin zu dem Entschluss gekommen, dass leichte Bewegungsabläufe für mich das Richtige sind. Ansonsten bin ich mit meinem Beruf als Bühnensportler sehr zufrieden und würde es sogar etwas fürchten, meine Tätigkeit gegen den Profisport einzutauschen, habe aber tiefen Respekt vor dem Können und der Disziplin jedes Sportlers. Diese beiden Eigenschaften dürften aber in der Welt des Musikkabarettisten und des Profisportlers dieselben sein.

Unter der Rubrik "Formsache" fragt die SZ jede Woche Menschen nach ihrer Affinität zum Sport. Künstler, Politiker, Wirtschaftskapitäne - bloß keine Sportler. Wäre ja langweilig.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: