Bremen - Leverkusen (18 Uhr):An der Wegegabelung

Lesezeit: 2 min

Haben Bremen wieder zurück in die Erfolgsspur geführt: Trainer Florian Kohfeldt (links) und Geschäftsführer Frank Baumann. (Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Während sich das Werder-Gespann Kohfeldt/Baumann anschickt, in große Fußstapfen zu treten, könnte Heiko Herrlich sein letztes Spiel als Trainer von Leverkusen erleben.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Am Sonntag, das sagte Bayer Leverkusens junger Nationalspieler Kai Havertz, stünde für sein Team eine Art "Endspiel" beim Tabellendritten Werder Bremen an. Das hatte er gar nicht explizit auf seinen Trainer Heiko Herrlich bezogen, aber Herrlich und sein Team stehen nach acht Bundesligaspielen auf Rang 13 und mussten gerade in der Europa League mit dem 2:3 beim FC Zürich einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Die bisherige Saisonbilanz passt so gar nicht zu den ehrgeizigen Zielen der Werkself. Deshalb hat Sportchef Rudi Völler nach der jüngsten Niederlage lieber gar nichts mehr gesagt - nach dem 2:2 gegen Hannover 96 vor einer Woche hatte er in seine Antwort auf die Frage nach der Treue zu Herrlich das Wort "noch" eingestreut hatte. Das Team Völler/Herrlich, so viel scheint festzustehen, wird nicht als Dreamteam in die Bundesliga-Geschichte eingehen.

Bei Werder dagegen kündigt sich gerade die beste Spielzeit seit neun Jahren an. Zählt man die Punkte zusammen, die der Klub 2018 saisonübergreifend sammelte, liegt Werder ebenso auf Rang drei wie in der aktuellen Tabelle. Und das hat nicht alleine mit dem offenbar herausragenden Trainertalent Florian Kohfeldt, 36, zu tun: Frank Baumann, 42, Geschäftsführer Sport, hat Kohfeldts Fähigkeiten schon früh erkannt und bildet mit ihm inzwischen ein Gespann, das an die Erfolgspaare Otto Rehhagel/Willi Lemke (1981 bis 1995) und Thomas Schaaf/Klaus Allofs (1999 bis 2012) anschließen könnte.

Ein gelungenes Experiment

Ein solches Paar kann für einen Verein ein Glücksfall auf Jahre sein. Bei Lemke und Rehhagel klappte es nur, weil die Kompetenzen klar abgegrenzt waren: dort der eigenwillige Fußball- und Menschenkenner Rehhagel, der die Spieler aussuchte, hier der Kaufmann und Marketingexperte Lemke, der Rehhagels Wünsche in Verträge umwandelte. Keiner redete dem anderen in seinen Bereich herein. Freunde waren die beiden nicht. Auch Allofs und Schaaf waren, obwohl sie gemeinsam für Werder gespielt hatten, zunächst keine Kumpel. Die Zusammenführung war damals mehr "ein Experiment", wie Allofs über die damals schwierige Werder-Zeit sagte. Aber beide hatten eine Eigenschaft, mit der sie sich ein wenig abhoben von den Eitelkeiten der Branche: "Sich zurücknehmen können, ist wichtig", sagte Allofs dem Internetportal "Mein Werder". Das Erfolgsgeheimnis sei gewesen, "dass sich keiner von uns in den Vordergrund gedrängt hat".

Das gilt offenbar auch für das jüngste Werder-Duo. Baumann nimmt sich besonders im Erfolgsfall derart zurück, dass ihn manche Fachleute für Öffentlichkeitsarbeit maßregeln würden ob seiner Bescheidenheit. Kohfeldt lässt die Öffentlichkeit zwar an einigen seiner Überlegungen teilhaben, rückt aber immer wieder die Spieler in den Vordergrund. Auch die Aufgaben der beiden sind ebenso klar verteilt wie bei den Vorgängern. Im Sommer gab es eine mehrtägige Tagung in einem Hotel in Mecklenburg-Vorpommern, an dem das ganze Trainerteam nebst Familien teilnahm. Da wurden unter anderem auch die Kompetenzen zugeordnet. Anders als Lemke und Rehhagel und den erst später zu Freunden gewordenen Allofs und Schaaf sind Baumann und Kohfeldt wirklich Freunde.

Gelingt es den beiden, trotz ihrer besonderen Beziehung und einer ähnlichen Ansicht über Menschen und Fußball, auch kritisch zu diskutieren, könnte es tatsächlich die nächste erfolgreiche Werder-Ära geben. Der frühere Werder-Kapitän Baumann hat einst als Trainee im Management unter Allofs gelernt, und es war die Idee, dass er irgendwann den Job übernehmen könnte. Dass es nach dem Zwischenmanager Thomas Eichin tatsächlich geklappt hat, ist für Allofs ein wichtiges Signal: "Es ist toll, dass Werder mit diesen Werten Erfolg hat. Dafür steht der Klub." Eben jenen Werder-Weg, auf dem man mit relativ bescheidenen Mitteln ganz oben mitspielen kann.

© SZ vom 28.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: