Bremen - Augsburg (15.30 Uhr):Einer wie Wiese

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Die Art, in der der 1,96 Meter große Jiri Pavlenka am Mittwoch im DFB-Pokal sein Tor beim 1:0 gegen stürmische Hoffenheimer sauber hielt, macht Eindruck in Bremen. (Foto: imago/Nordphoto)

Bremens neuer Torwart Jiri Pavlenka entwickelt sich zunehmend zum Rückhalt und Hoffnungsträger im Team der Hansestadt. Er muss nur lauter werden, um an einen früheren Bremer Nationalspieler zu erinnern.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Er ist ähnlich zurückhaltend wie sein tschechischer Landsmann Jaroslav Drobny, 38, der ihm beim SV Werder Bremen noch als Vertrauter und Stand-by-Profi beisteht. Das ist nicht unbedingt ein Vorteil auf der exponierten Torwart-Position. Doch Jiri Pavlenka ist ein "sehr ruhiger und introvertierter Typ", sagt Werders Torwarttrainer Christian Vander. Und er hat sich zuletzt trotz der Sprachprobleme zum Hoffnungsträger im Bremer Abstiegskampf entwickelt. Der 25 Jahre alte Nationalkeeper, im Sommer für drei Millionen Euro Ablöse von Slavia Prag gekommen, wird womöglich auch im Heimspiel am Sonntag gegen den FC Augsburg wieder ein Garant für wenig Gegentore sein.

Die Art, in der der 1,96 Meter große Pavlenka am Mittwoch sein Tor beim 1:0 gegen stürmische Hoffenheimer im DFB-Pokal sauber hielt, macht zunehmend Eindruck in der Hansestadt. Es gibt Experten, die ihn erstmals nach der 2012 beendeten Ära von Tim Wiese wieder für eine angemessene Nummer eins im Werder-Tor halten. Weder Sebastian Mielitz, Raphael Wolf, Leihgabe Koen Casteels noch Richard Strebinger, Drobny oder Felix Wiedwald hatten in der Summe so gehalten, dass sie sich das uneingeschränkte Wohlwollen der Bremer Verantwortlichen erspielten. Jetzt sagt Dieter Burdenski, 66, ebenfalls einst ein Großer im Werder-Tor und jahrelang Torwart-Coach: "Im Tor haben wir keine Baustelle mehr."

Elf Spiele absolvierte Pavlenka - fünf davon ohne Gegentor

Zu den wenigen positiven Entwicklungen am Weserstadion zählt tatsächlich die stark verbesserte Abwehrarbeit. In elf Pflichtspielen blieb "Pavla" fünfmal ohne Gegentor, kassierte nur neun Treffer. Gegen Hoffenheim hielt er in der Nachspielzeit mit seiner rechten Hand einen so genannten Unhaltbaren, als er den Kopfstoß von Benjamin Hübner noch an die Latte lenkte.

Burdenski geht sogar so weit, dass er behauptet, Pavlenka habe das Zeug, auf Jahre "eine Konstante" im Werder-Spiel zu werden. Und auch Mitspieler Thomas Delaney, der den Keeper nach dem Sieg gegen Hoffenheim in die Arme schloss wie einen Bruder, schwärmt, er könne als Torwart "ein großer Anführer" werden. Ein Mann, der in schwierigen Situationen so gut sei, könne das Fundament für einen Aufwärtstrend sein. Am Anfang der Saison war Pavlenka von den Fans noch sehr kritisch beäugt worden. Schließlich hatte das Bremer Eigengewächs Felix Wiedwald in der vergangenen Rückrunde starke Leistungen gebracht und weigerte sich nur deshalb, den Vertrag zu verlängern, weil der Tscheche als vermeintlich erster Schlussmann geholt wurde. Wiedwald steht jetzt für Leeds in der zweiten englischen Liga im Tor, während Pavlenka begonnen hat, Deutsch zu lernen, um sich auf einen längeren Aufenthalt in Bremen vorzubereiten.

Gegen Augsburg wird es wieder auf seine Reaktionen ankommen

Das würde auch seiner Arbeit auf dem Platz zu Gute kommen. Nicht nur Vander wünscht sich, dass er "die Jungs vor ihm ein bisschen mehr coacht". Zu seinen Stärken gehören seine Statur, die blitzschnelle Reaktion auf der Linie und seine Präsenz bei Eckbällen und Flanken. Auch in Situationen, in denen ein Gegner auf ihn zustürmt, ist er mit seiner Gelassenheit gut aufgestellt. Nur bei der Spieleröffnung gibt es noch Luft nach oben - wenngleich zum Beispiel seine Abschläge besser sind als die oft missglückten Versuche seines Landsmannes Drobny.

Dass er bald verbal präsenter ist als der stille Drobny, hat nicht nur mit seinem Deutschunterricht zu tun. Immerhin hat er mit Dolmetscherin den Bremer Medien schon einmal ein paar Minuten zur Verfügung gestanden (was Drobny grundsätzlich nicht tut). Die Bundesliga, so erzählte er wenig überraschend, sei der tschechischen Spielklasse doch erheblich überlegen - vor allem im Tempo. Gegen den FC Augsburg wird es auch wieder auf die Schnelligkeit seiner Reaktionen ankommen. Und natürlich auf die Geschwindigkeit der Werder-Stürmer, denn die haben mit erst drei Bundesliga-Toren noch erheblichen Nachholbedarf.

© SZ vom 29.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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