Boxen: Klitschko gegen Briggs:"Achtung! Ich falle jetzt!"

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Vitali Klitschko hat seinem Gegner Shannon Briggs schwere Verletzungen zugefügt. Es bleibt die Frage, ob sich Klitschko Gegner oder Opfer aussucht.

Jürgen Schmieder

Die 14.500 Zuschauer in der Hamburger Halle johlten, als Vitali Klitschko seinem Gegner wiederholt schwere Treffer zufügte. Es war in der sechsten Runde, als Shannon Briggs durch den Ring taumelte, als wäre er ein Elefant, der gerade mit Betäubungspfeilen beschossen worden war. Briggs wankte, er torkelte, hielt aber noch sechs weitere Runden lang durch.

Schwere Treffer: Shannon Briggs hält zwölf Runden lang gegen Vitali Klitschko durch - auf der Intensivstation werden zahlreiche Verletzungen diagnostiziert. (Foto: dpa)

Er stürzte erst nach dem Kampf in der Umkleidekabine zu Boden, während der Dopingprobe soll er kurz gerufen haben: "Achtung! Achtung! Ich falle jetzt!" Die Mitglieder seiner Mannschaft fingen ihn auf und sorgten dafür, dass Briggs sofort in die Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf eingeliefert wurde. Einen Tag später lag Briggs noch auf der Intensivstation, die Folgen der klaren Punktniederlage: eine Gehirnerschütterung und je eine Fraktur unter dem rechten und über dem linken Auge. Außerdem zog er sich einen Sehnen- und Muskelriss im rechten Arm zu.

Die Experten diskutieren nun, ob die Hilfe von Briggs' Assistenten nicht zu spät kam. "Es war unverantwortlich, den Kampf bei so vielen Wirkungstreffern fortzuführen", sagte der frühere Europameister Luan Krasniqi nach der arg einseitigen Auseinandersetzung. Briggs' Trainer Herman Caicedo hätte nach der siebten, spätestens nach der zehnten Runde das Handtuch werfen sollen. "Ich hätte meinen Schützling in solch einer Situation herausgenommen", sagte Klitschkos Trainer Fritz Sdunek.

Ringsprecher Michael Buffer sah die Schuld vielmehr bei den Offiziellen: "Nach diesen vielen schweren Schlägen hätte der Ringrichter abbrechen müssen." Ian John-Lewis indes gab den Kampf immer wieder frei. In der Regelbesprechung vor der Auseinandersetzung hatte die Ecke von Briggs inständig darum gebeten, so lange wie irgend möglich weiterzumachen. Ringarzt Stephan Bock wurde während des Kampfes nicht um Rat gefragt: "Ich hätte zum Abbruch geraten."

Teil des Spektakels

Das "Duell der Knockouter", so die Ankündigung vor dem Kampf, war jedenfalls jenes Spektakel, das sich die Menschen erhofft hatten. Briggs gab zuvor den wortgewaltigen und muskelbepackten Herausforderer, im Ring das bereitwillige Opfer, das einfach nicht K.o. gehen wollte. Er wird nun wohl seine Karriere beenden müssen. Es ist schwer vorstellbar, dass der 39-Jährige noch einmal in den Ring steigt, vor allem nicht bei den Verletzungen, der davongetragen hat.

Verletzungen gehören zum Sport - auch im American Football gab es am Wochenende einen bösen Zusammenprall zwischen Philadelphias DeSean Jackson und Atlantas Dunta Robinson. Beide erlitten jeweils eine schwere Gehirnerschütterung. Nur: Jackson und Robinson wurden von ihren Trainern sofort aus dem Spiel genommen und nicht zurück aufs Feld geschickt.

Es bleibt die Frage, wer die Verantwortung trägt dafür, dass dieser Kampf nicht vorzeitig abgebrochen wurde - und es steht die Befürchtung im Raum, dass die unnötige Verlängerung zum Spektakel gehörte. "Hätte der Ringrichter den Kampf nach neun Runden abgebrochen, als Klitschkos Sieg bereits absehbar war, dann hätten die Zuschauer in der Halle sich wohl mit einem Pfeifkonzert bedankt", war im Tagesspiegel zu lesen.

Das Event stellte zumindest wirtschaftlich "sehr, sehr, sehr" zufrieden, wie Bernd Bönte, Geschäftsführer des Klitschko-Managements, nach dem Kampf hervorhob. 14 Millionen Menschen saßen vor dem Fernseher, das ist eine traumhafte Einschaltquote (mehr als 60 Prozent Marktanteil) für den Sender RTL, der selbstredend alle Werbeinseln teuer verkauft hatte.

Es war der Komiker Olli Dittrich, der schon vor dem Kampf eine böse Vermutung äußerte: "Das Beängstigende bei den Klitschkos ist ja, dass sie ganz genau wissen, was sie tun", sagte er beim Interview mit RTL-Reporter Kai Ebel. "Und dass sie natürlich dem Sender RTL volle Kassen bescheren werden. Dass der Kampf auch schön zehn Runden mindestens dauert, damit Ihr schön Werbung verkaufen könnt." Da konnte Ebel nur verdutzt gucken.

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