Box-Promoter Ulf Steinforth:Immer wieder 'ne geile Idee

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Aller guten Dinge sind drei: Im Vergleich zwischen Weltmeister Robert Stieglitz (links) und Herausforderer Arthur Abraham steht es bislang 1:1. (Foto: Boris Streubel/Getty)

Ulf Steinforth hat die beiden großen Lager der deutschen Box-Szene ausgestochen und veranstaltet den WM-Kampf zwischen Robert Stieglitz und Arthur Abraham. Nebenbei denkt der Promoter auch ein bisschen die Zukunft des deutschen Boxens mit.

Von Benedikt Warmbrunn

Die Kondomautomaten am Leipziger Hauptbahnhof? "War 'ne geile Idee", sagt Ulf Steinforth. Kurz nach der Wende, Anfang der Neunziger, die Leute hatten Lust auf die Lust. Und Steinforth, seit seiner Kindheit Automatenliebhaber, hatte Lust auf ein Geschäft. Daher die Kondome am Bahnhof.

Immer wieder 'ne geile Idee haben. Darauf kommt es an.

Einige Ideen später, an diesem Samstag, veranstaltet Steinforth das bisher größte Ding seiner Karriere. Eine Box-Weltmeisterschaft im Supermittelgewicht. In Magdeburg, seiner Heimatstadt. Mit dem Weltmeister, Robert Stieglitz, seinem Boxer. Mit dem Herausforderer, Arthur Abraham, noch immer der bekannteste deutsche Boxer. Und er, Steinforth, früher der Kondomkönig am Leipziger Hauptbahnhof, ist der Mann, der alles zusammengeführt hat. Die Boxer, die Leute, das Geld.

Stieglitz und Abraham kämpfen zum dritten Mal gegeneinander; den ersten Kampf gewann Abraham, der Schläger, überraschend nach Punkten. Den zweiten gewann Stieglitz, der Techniker, überraschend nach einem vorzeitigen Ende. Einer der beiden wird am Samstag wieder gewinnen, und die Trilogie ist vorbei. Für Ulf Steinforth dagegen geht es erst richtig los. Mit diesem Kampf ist er angekommen an der Spitze der deutschen Boxsport- Promoter, endgültig.

Die deutsche Boxszene hatte sich lange aufgeteilt in zwei Lager, Sauerland das eine, Universum das andere. Kurz nach der Wende, Anfang der Neunziger, hatte es angefangen, es gab viele talentierte Boxer, aus Ostdeutschland, aus Osteuropa. Beide Lager hatten einen Fernsehsender, hatten viel Geld, es lief gut, richtig gut, so lange, bis es für Universum nicht mehr lief. Weil das Fernsehen nicht mehr wollte. Weil plötzlich kein Geld mehr da war.

Angeschaut hat sich das in all den Jahren ein Mann, der in den Achtzigern die ersten Breakdance-Gruppen der DDR gemanagt hatte, später eine Ringertruppe in Magdeburg, der Automaten aufgestellt hatte. Der Sponsor der Magdeburger Amateurboxer wurde, diese zur ersten deutschen Meisterschaft nach 67 Jahren führte. Der schließlich ins Profiboxen einsteigen wollte, in das Boxen also, das ein Geschäft ist. Drauf hatte Ulf Steinforth Lust. Er stieg ein. Und er erkannte schnell, dass er es anders machen musste als die großen Promoter, als Sauerland und Universum. Dabei hatte er einen Vorteil: Er hatte keinen großen Fernsehsender an seiner Seite.

Ohne Fernsehsender kein Geld, und ohne Geld kein Geschäft. Also: Geld auf anderen Wegen.

Im 14. Jahr führt Steinforth inzwischen seine SES-Promotion, er hat aus der Nische einen Markt gemacht. Statt sich das Geld von einem einzigen Sender zu holen, hat er ein engmaschiges Netz an Sponsoren aufgebaut, 20 bis 30 fest, dazu für große Kampfabende wie am Samstag knapp 20 dazu. "Der Promoter in Deutschland mit den meisten Sponsoren" - sagt Steinforth über Steinforth. Er pflegt dieses Netz, lässt viele Sponsoren direkt am Ring werben, schickt seine Boxer regelmäßig zu seinen Geldgebern, zu Betriebsbesichtigungen, zu Bowling-Abenden. Wobei: Boxer, Sponsoren, Mitarbeiter? "Familie", sagt Steinforth. Er meint das ernst.

Der Promoter beschäftigt nicht die talentiertesten Boxer der Szene, auch nicht die mit dem aufregendsten Lebenslauf. Gute Boxer, nette Männer, abwechslungsreiche Abende, das bietet Steinforth. Er achtet darauf, dass seine Boxer eine Ausbildung machen, er sieht sie nicht nur als potenzielle Werbeflächen. "Ich würde gerne eine Eliteschule des Boxens gründen, so wie Ajax Amsterdam im Fußball", sagt Steinforth.

Und weil er versucht, fern von Fernsehverträgen zu denken, denkt er ein bisschen die Zukunft des deutschen Boxens mit. Sein Trainer, Dirk Dzemski, lässt sich von anderen Sportarten inspirieren; einmal verbesserte ein Golflehrer die Schlagtechnik der Boxer. Seine Athleten sucht Steinforth nicht nur bei Olympischen Spielen, er sucht sie in der Nische. Zum Beispiel in Magdeburg. Seinem Markt. Er hat eine Gruppe an jungen deutschen Boxern gecastet, gibt ihnen Boxtraining, Medientraining, Steuererklärungstraining. Genannt hat er die Gruppe "Team Deutschland". Was ein bisschen großspurig klingt. Aber so ist das Geschäft.

Die Ideen, die Steinforth ins Boxen gebracht hat, haben sich inzwischen gelohnt. Von Universum hat er Pressesprecher, Steuerberater, Rechtsanwalt übernommen, und damit wichtige Kontakte. Den dritten Kampf zwischen Stieglitz und Abraham hat er ersteigert, unterstützt von Sat 1. Er hatte 3,135 Millionen Dollar geboten, Abraham-Promoter Sauerland knapp 1,5 Millionen. "Aber halt", sagt Steinforth, "keine falschen Schlüsse." Nur weil er jetzt einen TV-Partner habe, sei er nicht satt, werde er nicht ganz auf diesen setzen. Er will weiter in Nischen denken. Ende März etwa soll ein Kampfabend vom Videoportal MyVideo übertragen werden, einer Sat 1-Tochter. "Wir bedienen die breite Masse. Wir sind mehr als ein Leuchtturm", sagt Steinforth.

Ein großer Sender fordert aber ein Gesicht, mit dem er werben kann. Daher ist ein Stieglitz-Sieg gegen Abraham für den Promoter viel wert. An Geld. An Aussichten. Auch wenn Steinforth entspannt bleibt. Um die nächsten Jahre, sagt er, mache er sich keine Sorgen. "Haste 'nen geilen Boxer, biste vorne." Was ein bisschen großspurig klingt. Aber so ist das Geschäft.

© SZ vom 01.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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