Borussia Mönchengladbach:Skandinavien-Poker

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Zwei Tore gegen Bremen - als Innenverteidiger. Andreas Christensen war früher mal Stürmer. (Foto: Moritz Müller/imago)

Der Norweger Nordtveit und der Däne Christensen haben sich zu Stützen des Gladbacher Spiels entwickelt - aber bleiben sie dem Klub erhalten? Der Poker hat schon begonnen.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Mit Karneval hat der Norweger Havard Nordtveit nichts zu tun. Dem 25-jährigen Profi ist einerlei, ob der Gladbacher Veilchendienstagszug trotz drohenden Orkans stattfinden kann. "In Skandinavien gibt es keinen Karneval", sagt Nordtveit desinteressiert. Darum besteht keine Gefahr, dass Vertreter der zuletzt stabilisierten Gladbacher Defensive bei rheinischer Straßenfolklore abstürzen. Nordtveit wird sich nicht verkleiden, der schwedische Linksaußen Oscar Wendt nicht und der dänische Innenverteidiger Andreas Christensen auch nicht.

Das ist nicht ganz unwichtig zu wissen. Denn insbesondere Christensen und Nordtveit entwickeln sich bei der Borussia gerade zu unverzichtbaren Pfeilern des Erfolgs. Hinten schaffen sie Sicherheit, vorne schießen sie Tore. Zum 5:1-Sieg gegen Bremen hat Christensen derer zwei beigetragen, Nordtveit eines. Die Gladbacher wären allerdings noch seliger mit den beiden, müssten sie nicht befürchten, beide bald wieder zu verlieren. Nordtveits Vertrag läuft am Saisonende aus, und Christensen ist ohnehin bloß ausgeliehen vom FC Chelsea, der einen Innenverteidiger solcher Güte bestimmt wieder zurückhaben möchte.

Nach dem Sieg gegen Bremen hat Nordtveit recht albern ausgesehen. Mitten in einem Fernsehinterview hat ihm der Stadionsprecher eine Karnevalsbrille aufgesetzt, mit buschigen Brauen, Schnauzbart und Riesennase. Nordtveit trug die Brille tapfer, aber dann sollte er sagen, ob er seinen Vertrag nun verlängert, und da hat er die Brille erst mal staatsmännisch wieder abgesetzt und zusammengefaltet. "Diese Woche" will er sich mitteilen. Auch Dortmund soll Interesse haben, und eine Rückkehr in die englische Premier League, wo er einst erfolglos beim FC Arsenal unter Vertrag stand, wäre ihm sicher auch nicht unrecht.

Für eine Verlängerung spräche, dass Nordtveit in Gladbach gerade ziemlich aufdreht. Allerdings war er zuvor vier Jahre lang nie sicherer Stammspieler gewesen. Auch im nächsten Spiel beim Hamburger SV muss sich Trainer André Schubert eine neue Rolle für Nordtveit ausdenken, im defensiven Mittelfeld kehrt Kapitän Granit Xhaka nach einer Sperre zurück, und in der Innenverteidigung haben Christensen und der Österreicher Martin Hinteregger ihre Sache zuletzt gut gemacht.

Wo soll Nordtveit spielen? Ähnlich wichtig wie das finanzielle Angebot, das ihm Sportdirektor Max Eberl macht, dürfte Nordtveit die Perspektive sein. Ein Platz sollte sich finden: Nordtveits größte Stärke ist sicher seine taktische Flexibilität.

Nordtveit erwartet ein neues Vertragsangebot - Christensen ist von Chelsea nur ausgeliehen

In dieser Hinsicht ist der 19-jährige Christensen ähnlich versiert. Als Kind war er Stürmer, nun ist er Innenverteidiger, aber er kann auch vor der Abwehr spielen. Bis 2017 ist er von Chelsea ausgeliehen, aber die Londoner könnten Christensen auch schon im Sommer zurückholen, wenn ihr langjähriger Innenverteidiger John Terry den Klub verlässt. Nach dem Bremen-Spiel wurde Christensen im Kabinengang von einem britischen Journalisten ins Verhör genommen. Man interessiert sich auf der Insel plötzlich für den Dänen, der in Gladbach erst einmal in aller Ruhe Erfahrung sammeln sollte.

Die Idee, Christensen den Engländern einfach baldmöglichst abzukaufen, wird umso unrealistischer, je besser er spielt. Schubert erteilte Eberl gleichwohl schon suggestiv den Auftrag, sich darum zu kümmern: "Ich würde es sehr begrüßen, wenn er ganz lange bliebe - aber das ist die Baustelle von Eberl."

© SZ vom 08.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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