Borussia Mönchengladbach:Garten-Grätschen vom Weltmeisterpapa

Lesezeit: 2 min

Heißes Sonntagsduell: Mönchengladbach-Stürmer Marcus Thuram überwand spät den starken Düsseldorfer Torwart Zack Steffen. (Foto: Imago)

Nach kurzer schöpferischer Pause sichert der neue französische Stürmer Marcus Thuram den Derbysieg gegen Düsseldorf.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Manchmal machen Kinder im Leben extra das Gegenteil von dem, was ihre Eltern so treiben. Hätte Marcus Thuram, 22, sich ganz von seinem Vater emanzipieren wollen, wäre er vielleicht Balletttänzer oder Gymnastiklehrer geworden. Sein Vater Lilian war Fußballprofi, er war mit Frankreich 1998 Weltmeister und 2000 Europameister und ist französischer Rekordnationalspieler. Gegen solch ein väterliches Vermächtnis aber kann man sich kaum wehren, also wurde auch Marcus Thuram Fußballer. Aber anders als sein Vater, der als Außenverteidiger primär auf Torverhinderung programmiert war, ist der Sohn ein Torjäger geworden.

Im Sommer ist der 22-Jährige aus dem Städtchen Guingamp in der Bretagne nach Mönchengladbach gewechselt. Gleich im ersten Pflichtspiel hatte er die Borussia nach 19 Minuten per Flugkopfball mit dem goldenen Tor in Sandhausen in die zweite Runde des DFB-Pokals gebracht, und am Sonntag hat er nun wenige Minuten nach seiner Einwechslung mit einem späten Doppelpack den 2:1 (0:1)-Derbysieg gegen Fortuna Düsseldorf ermöglicht. Damit zog er sein Team gerade noch aus einer sich abzeichnenden Krise. Das klingt nach einem Märchen - aber nur rosarot war es nicht.

"Man hat gesehen, was er kann, wenn er die nötige Frische hat."

Nach seinem erfolgreichen Startelfdebüt in Sandhausen stand Thuram auch in den nächsten fünf Pflichtspielen in der Startformation, aber: Fünf Mal gelang ihm kein Tor, fünf Mal bereitete er keines vor, fünf Mal wurde er ausgewechselt. Thuram ist 1,92 Meter groß und wiegt 88 Kilo, er ist ein Bulle von einem Stürmer (Balletttänzer oder Gymnastiklehrer wäre schwierig geworden). Doch er hat seine Physis zunächst weder im Zentrum noch auf dem Flügel optimal einsetzen können.

Beim 1:3 gegen Leipzig und am vergangenen Donnerstag beim blamablen 0:4 gegen Wolfsberg in der Europa League zeigte Thuram - wie andere Gladbacher allerdings auch - zudem Probleme in der Rückwärtsbewegung. Gegen Düsseldorf am Sonntag saß er deshalb mehr als eine Stunde lang auf der Ersatzbank. "Marcus hat eine Pause bekommen, weil er zuvor viel gespielt hatte und weil er hier und da nicht mehr die erforderlichen Meter gemacht hat", erklärte Trainer Marco Rose.

20 Minuten haben Thuram aber diesmal gereicht, um nach seiner Einwechslung in der 67. Minute im Stile eines klassischen Knipsers seine ersten beiden Bundesligatore (74. und 87.) zu schießen. "Man hat gesehen, wozu er imstande ist, wenn er die nötige Frische hat", sagte Rose. Nach dem Abpfiff zog Thuram sein Trikot aus, spannte es auf eine Eckfahne und lief, dieselbe schwenkend, über den halben Platz.

Gemeinsam mit Mbappé und Harit war er U19-Europameister

Neun Millionen Euro haben die Gladbacher für Thuram bezahlt. Bei der Vertragsunterzeichnung im Büro vom Sportdirektor Max Eberl war nicht nur der berüchtigte Spieleragent Mino Raiola dabei, sondern auch Thurams Weltmeistervater. Der Sohn berichtete grinsend, beim Fußballspielen im Garten habe ihn der Papa früher kompromisslos abgegrätscht. Eine bessere Schule kann man sich für einen jungen Stürmer gar nicht vorstellen.

Was er darüber hinaus noch benötigte, hat er beim FC Sochaux und bei EA Guingamp sowie in allen französischen Nachwuchs-Nationalteams gelernt. Vor drei Jahren wurde Thuram gemeinsam mit Angreifern wie Kylian Mbappé (Paris), Amine Harit (Schalke) und Jean-Kevin Augustin (Monaco, zuvor Leipzig) U19-Europameister.

Man sieht: Der junge Mann war zeit seines Lebens umgeben von fußballerischen Persönlichkeiten, aber dem Gladbacher Trainer Rose imponiert so etwas alleine natürlich überhaupt nicht. Deshalb lobte er Thuram nach dem Doppelpack gegen Düsseldorf auch nur kurz, um gleich wieder auf das Wesentliche zu kommen, das für Thuram ebenso gelte wie für die Borussia: "Gut gemacht", sagte Rose, "aber jetzt gilt: weiterarbeiten!"

© SZ vom 24.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: