Biathlon:Spielverderber

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Simon Schempp gewinnt die Verfolgung vor dem gewieften Franzosen Martin Fourcade und wird dessen stärkster Konkurrent.

Von Nicole Werner, Pokljuka/München

Spaß gemacht haben eigentlich nur die letzten 200 Meter. "Alles andere war extrem hart", sagte der 27-Jährige Deutsche keuchend nach der Zielüberquerung dem ZDF. Nur die letzten 200 Meter von insgesamt 12,5 Kilometern im slowenischen Pokljuka hat er genießen können. Auch wenn Martin Fourcade nach dem vierten Schießen 16,6 Sekunden hinter Schempp gefallen war, abgeschlagen ist der Weltcup-Führende wohl nie. Der schnelle Franzose hat Aufholjagden in sich. Und er irritiert Gegner gerne mit Spielchen, die Zeit gutmachen können. Mit dem vorletzten Schuss aber brachte Fourcade sich selbst um den Sieg. Nach einem Fehlschuss bog er in die Strafrunde ab. Für Schempp war es ein fehlerfreier Start-Ziel-Erfolg. Ein kräftezehrender. Physisch wie mental.

"Für mich ist wichtig, dass sich der Simon ruhig auch auf die Spielchen einlässt." Disziplintrainer Andreas Stitzl hat noch den Bleistift für Notizen im DSV-Stirnband klemmen, als er die Verfolgung analysiert. Stitzl war den glatten Anstieg im Wald etliche Male mit seinen Athleten hochgelaufen. In kehligem Bairisch brüllte er ihnen die Zwischenstände zu: "Jetzt sind es nur zwei Sekunden zum Fourcade, und dann acht zum Björndalen." Und noch lauter hinterher: "Aber das macht gar nichts!" Es machte dem Schempp augenscheinlich auch nichts. Er ließ sich nicht vom Schalk im Nacken aus der Ruhe bringen.

Immer einen Schuss voraus: Der Franzose Martin Fourcade (hinten) macht am Schießstand Druck auf den führenden Simon Schempp. (Foto: Jure Makovec/AFP)

Schempp und Fourcade ignorieren sich gegenseitig

Auch nicht davon, dass Fourcade ihm stets den ersten Schießplatz überließ. Ein Widerspruch? Nein. Der Franzose sicherte sich so ein paar Augenblicke, die er vor Schempp anlegen und zielen konnte. Er feuerte immer den ersten Schuss ab. "So macht Fourcade Druck", erklärte der ehemalige Olympiasieger Sven Fischer. "In diesen hohen Spitzen versucht man den einen oder anderen Vorteil herauszuholen." Schempp selbst würde im Rennen nicht so vorgehen: "Ich verstehe nicht, warum er das macht." Natürlich könne man sich nicht in der letzten Runde zusammentun, aber vorher sei eine Zusammenarbeit sinnvoll, weil man gemeinsam schneller unterwegs sei und einen Vorsprung vor den Verfolgern herausfahren könne. Aber Fourcade ignorierte Schempps Aufforderung "together", also gemeinsam nach dem dritten Schießen zu laufen. Also ignorierte der Deutsche die Spielchen von Fourcade und versuchte "am Schießstand konsequent zu drücken". Konsequent waren seine 20 Schuss, alle Treffer. Fourcade hingegen wackelte und verschoss sein vorletztes Projektil. Die 150 Meter lange Strafrunde gab dem Deutschen einen komfortablen Vorsprung und Gelegenheit, im Gesamtweltcup vorzurücken.

Schempp ist nun auf nur einen Punkt hinter den Zweitplatzierten Ole Einar Björndalen gerutscht. Fourcade führt weiterhin die Wertung an. Von den vergangenen sechs Rennen hat Schempp drei gewonnen, fünfmal stand er auf dem Podest. Der Norweger Björndalen, der bisher erfolgreichste Biathlet, sieht in Schmepp diese Saison die stärkste Konkurrenz. Fourcade wird herausfinden, ob das Björndalens eigene Spielchen zur Verunsicherung sind oder ob er einfach eine gute Gesamtverfassung erkennt.

Deutscher Doppelsieg: Laura Dahlmeier gewinnt die Verfolgung der Frauen in Pokljuka. (Foto: Darko Bandic/AP)

Für die deutschen Biathleten es ein erfolgreicher Tag: In der Verfolgung liefen Andreas Birnbacher, Erik Lesser und Benedikt Doll auf die Plätze elf bis 13. Arnd Peiffer wurde 27. Den deutschen Doppelsieg in Slowenien machte bei den Frauen Laura Dahlmeier perfekt, die ihren vierten Weltcupsieg feierte. Die 22-jährige Partenkirchenerin setzte sich nach zehn Kilometern mit einem Vorsprung von 18 Sekunden vor der Französin Marie Dorin Habert durch. Kaisa Mäkäräinen aus Finnland lief auf Rang drei.

© SZ vom 20.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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