Biathlon:Perfekte Welle

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Erwartungen übertroffen: Eigentlich liegt die Stärke des Biathleten David Zobel eher auf der Loipe als am Schießstand. (Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/Imago)

Mit seinem bislang besten Karriereergebnis, einem achten Platz, beendet der Biathlet David Zobel eine aufregende Saison. Sie brachte ihn sogar bis zu Olympia - und macht Lust auf mehr.

Von Benjamin Zügner

Ein Schatten lag über seinem bislang besten Biathlon-Ergebnis, aber damit konnte David Zobel in diesem besonderen Fall sehr gut leben. Es war nicht der Schatten, den der Holmenkollen warf, jener 371 Meter hohe Berg nordwestlich von Oslo, zu dessen Füßen er soeben Achter geworden war. Erster Top-Ten-Platz seiner jungen Karriere, das war allemal ein Grund zu feiern. Nein, Zobels Leistung stand im Schatten des Kollegen Erik Lesser, dessen Karriereende mit einem vierten Rang im Massenstart an diesem Tag nun mal alles andere überstrahlte. "Eine megageile Karriere" habe der Kollege hingelegt, lobte Zobel, 25, und vielleicht hat er im Zielraum ganz kurz darüber nachgedacht, ob auch er wohl in einigen Jahren einen solchen Abschied aus dem Weltcup hinbekommen wird.

Noch steht Zobel, der gebürtige Starnberger, eher am Anfang seiner Laufbahn als an deren Schluss. Seinen ersten Auftritt im Weltcup hatte er vor ziemlich genau einem Jahr, zum Saisonabschluss im schwedischen Östersund. Auch damals gab es ein Karriereende, das von Arnd Peiffer. Dessen Abschied hatte er es damals zu verdanken, dass ein Platz im Weltcup-Team freiwurde, den Zobel einnehmen durfte. Zu Beginn dieser Saison kamen dann aber wieder andere zum Zug, Zobel musste sich vorübergehend in die zweite Reihe begeben, doch er kämpfte sich zurück - und nutzte die Chance, als einige deutsche Spitzenathleten wegen der Olympia-Vorbereitung auf die Weltcups in Ruhpolding und Antholz Mitte Januar verzichteten. Mit der B-Besetzung der Staffel lief er auf Rang drei. Da ahnte er noch nicht, dass er bald völlig überraschend selbst für die Olympischen Spiele in Peking nominiert werden würde.

Sein Lehrmeister in Mittenwald hat schon Magdalena Neuner und Laura Dahlmeier auf den Weg gebracht

Doch Bundestrainer Mark Kirchner baute auf ihn, zog ihn einigen Konkurrenten vor, wenn auch vorerst nur als Ersatzmann. Zum Einsatz kam Zobel in Peking dann nicht, das wäre nur der Fall gewesen, wenn es coronabedingte Ausfälle im deutschen Team gegeben hätte. Dennoch nahm er viel mit von diesem Erlebnis, es sei eine großartige Erfahrung gewesen. Eine, die Lust auf mehr machte.

Am Stützpunkt Mittenwald ist Zobel durch die Schule von Bernhard Kröll gegangen. Der Talente-Entdecker war schon beim Aufstieg von Magdalena Neuner oder Laura Dahlmeier federführend. Zobel kam mit 15 Jahren zu Kröll ins Training, wurde über acht Jahre lang begleitet, ehe er den Stützpunkt wechselte, ins thüringische Oberhof. "Er ist ein zielstrebiger junger Kerl", sagt Kröll, "der Junge hat Lust an der Sache, das hat man sofort gemerkt." Er denke und hoffe, dass Zobel "ein Kandidat ist für die Olympia-Mannschaft 2026".

Der Einstieg am Olympiastützpunkt fiel seinem Schüler dann etwas schwer, nicht zuletzt wegen seiner Heimatverbundenheit. Inzwischen ist er aber ohnehin ständig unterwegs: bei den Rennen; daheim bei der Familie in Murnau, um Kraft zu tanken; oder auch bei seiner Freundin in Frankreich, einer Biathlon-Kollegin. Und der Schritt nach Oberhof stellte sich schnell als richtig heraus, der Lerneffekt im Training mit den etablierten Athleten war enorm. Zu Kröll pflegt er weiter ein enges Verhältnis: "Ich habe ihm sehr viel zu verdanken."

Nach Olympia erlebte David Zobel dann eine Art Kehrtwende. Er war bei den Weltcups im finnischen Kontiolahti, im estnischen Otepää und eben in Oslo dabei. Den Reisestrapazen zum Trotz wurde seine Leistung gegen Ende der Saison immer besser, sie gipfelte nun in jenem achten Platz, bei dem er mit 95 Prozent Trefferquote seine eigenen Erwartungen am Schießstand übertraf. Eigentlich sieht Zobel seine Stärken eher im Laufen.

Als Kind wollte er Leichtathlet werden, die Langstrecken lagen ihm

Als Kind wollte er Leichtathlet werden, geprägt von der eigenen Mama. Die Langstrecken hatten es ihm besonders angetan. Dann aber kamen ein paar Dinge dazwischen: die Biathlon-Übertragung von Michael Greis' Dreifach-Triumphes bei den Olympischen Spielen in Turin 2006 - und ein daran angeschlossener Schnupperkurs in Eschenlohe. Der Anfang einer Biathlon-Karriere, auch wenn sich das zunächst wohl nicht so anfühlte. "Auf dem Langlauf-Ski stand ich am Anfang nicht so sicher", erinnert sich Zobel am Telefon, "ich lag mehr auf der Schnauze, als dass ich gelaufen bin." Aber das Klassisch- und Skating-Training schlug bald an, auch die Übungen mit dem Luftgewehr statt Kleinkaliber-Waffen. Seine Begabung war schnell zu erkennen. 2016 gewann er in Rumänien bei der Weltmeisterschaft der Junioren Bronze im Sprint, mit 20 kam er in die Leistungsgruppe 1a. Nach zwischenzeitlichen Problemen mit der Achillessehne sammelte er im IBU-Cup, der zweiten Liga des Biathlons, Erfolge. Dass diese noch zu inkonstant blieben, fuchste ihn. Er spricht von "Wellenbewegungen".

Die vergangenen Weltcups haben ihm nun reichlich Motivation gegeben haben. Und bald steht die Heim-WM 2023 in Oberhof an, der neuen Wahlheimat. In der Vorbereitung will Zobel alles geben, in einer Gruppe mit langjährigen Wegbegleitern aus seiner Jahrgangsstufe wie Justus Strelow, aber auch Routiniers wie Benedikt Doll: "Ich bin jetzt im Team angekommen, und wir werden uns über den Sommer richtig pushen."

Bevor der Startschuss zur neuen Saison Ende November in Kontiolahti fällt, stehen noch ein paar andere Dinge auf dem Plan: Das nächste Semester im Studium zum Beispiel, International Management in Ansbach. Dazu sei im Winter einfach zu wenig Zeit gewesen. Und die knallharte Vorbereitung im Sommer natürlich. Leistungsgruppe 1a eben.

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