Biathlon:Flow erwünscht

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Überraschende Rückkehr: Arndt Peiffer meldet sich nach seinem schweren Sturz Mitte Februar zur WM zurück. (Foto: imago/ITAR-TASS)

Das deutsche Team steht bei der Weltmeisterschaft in Oslo vor der Aufgabe, wieder zu den guten Leistungen des Saisonstarts zurückzufinden.

Von Volker Kreisl, München

Der vergangene Dezember war wie ein Jahrhundertsommer. Noch lange werden sich die deutschen Biathleten daran erinnern. Bislang Einmaliges war ihnen gelungen. Weltcupsiege und Podestplätze häuften sich so früh wie noch nie im Winter, sogar bislang meist unbekannte Läuferinnen wie Maren Hammerschmidt oder Vanessa Hinz landeten unter den Top Ten oder sogar auf dem Podium. Ruckzuck hatten schon damals 90 Prozent der Mannschaft die Qualifikation für die WM, die erst jetzt, ab Donnerstag mit der Mixed-Staffel (15.30 Uhr/ARD und Eurosport) in Oslo beginnt. "Ein Flowgefühl" sei das gewesen, sagt Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig, der Erfolg übertrug sich auf das Team, Scheiben fielen wie selbstverständlich. Dann war der Dezember zu Ende, der Januar brach an, und der weitere Saisonverlauf, so Hönig, zeigte: "Selbstverständlich ist im Biathlon nichts."

Nach der Mixed-Staffel folgt bereits das lange Wochenende mit vier Wettkämpfen

Mittlerweile ist aus der hochfliegenden und dann schwächelnden Gruppe wieder eine rundum erneuerte Mannschaft geworden. Sie steht nun vor der Aufgabe, jenes Niveau zurückzuerobern, das sie sich eingangs der Saison selber gesteckt hatte. Nach der Mixed-Staffel folgt zwei Tage später bereits das lange Wochenende mit vier Wettkämpfen, den Sprints am Samstag und den Verfolgern am Sonntag. Und da hat jeder im Team seine individuellen Herausforderungen, denn jeder hatte ja auch seine eigenen Probleme bekommen.

Simon Schempp erwischte doch wieder eine Grippe, Erik Lesser überkam in Übersee ein Schieß-Blackout, Vanessa Hinz wurde müde, Arnd Peiffer fuhr gegen einen Baum, Laura Dahlmeier musste beim Heim-Weltcup das Bett hüten. Sie erwischte vor der WM sogar noch eine Magenverstimmung, reiste zwei Tage später nach Oslo, sagte aber: "Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme." Biathlon hat eben zwei Seiten, sagt Hönig, das Laufen und das Schießen, die Anstrengung und die Beruhigung, und irgendwann kommt meistens der Punkt, an dem das Zusammenspiel etwas aus dem Lot gerät. "Ich kenne keinen Athleten, der so eine Top-Form über zwölf, 13 Wochen durchhält", sagt er.

An einer falsch provozierten Frühform habe der Dezember-Gipfel jedenfalls nicht gelegen, sagt Hönig: "Unser Augenmerk lag immer auf der WM. Die Mannschaft hatte ein hohes Niveau, aber es war immer noch ausbaufähig." Ähnlich war der Plan der Männer. Dass der Biathlonalltag mit seinen Enttäuschungen wieder anbrach, lag teils am bekannten Post-Ruhpolding-Syndrom, die Biathleten zollten dem Bühnenstress auf und neben der Heim-Loipe Tribut. Es lag auch, wie bei Peiffer, am Pech; er ist nun überraschend wieder fit. Und schließlich am schrägen Terminplan des Weltverbandes IBU, der nicht nur die deutschen, sondern alle Athleten vor der WM noch mit einer Amerikareise (West- und Ostküste) und zwei Jetlags ärgerte.

Hönig und Männer-Trainer Mark Kirchner glauben aber, nun das Beste aus der Situation gemacht zu haben. Die Biathleten mit ihren individuellen Blessuren erhielten individuelle Wiederaufbauprogramme. Hönig sagt, das Training habe schon früh wieder Fortschritte gezeigt, "wir sind jetzt zuversichtlich, dass dies wieder eine leistungsstarke Mannschaft ist." Ob sie den März auch zum Dezember machen kann, wird sich spätestens am Wochenende herausstellen.

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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