Beachvolleyball:"Hier sind viele, die mich verlieren sehen wollen"

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Deutscher Beachvolleyball-Meister: Alexander Walkenhorst gewann das Finale zusammen mit Partner Sven Winter (hinten rechts). (Foto: Felix König / 54 Grad/Imago)

Im letzten Spiel mit Partner Sven Winter wird Alexander Walkenhorst deutscher Beachvolleyball-Meister - und pflegt danach weiter sein Image als Rebell im Sand. Den deutschen Verband will er kritisieren, aber auch mit ihm zusammenarbeiten.

Von Frederik Kastberg, Timmendorfer Strand

Die Ahmann-Hager-Arena in Timmendorfer Strand hat einen besonderen Flair. Während im Hintergrund das Meeresrauschen zu hören ist und über dem Spielfeld die Möwen kreisen, wird im Sand Beachvolleyball der Spitzenklasse geboten. Dabei kann es dann auch passieren, dass besagte Möwen ihre fertig verdaute Nahrung über der Menschenmenge ablassen - am Sonntag zum Beispiel zum Leidwesen einer Pressevertreterin, bei der ein solches Geschoss auf der Schulter landete.

Alexander Walkenhorst, 33, und Sven Winter, 23, blieben im Finale der Deutschen Meisterschaften von den Möwen verschont - kannten aber ihrerseits keine Gnade mit ihren Gegnern Philipp Bergmann und Yannick Harms. Mit dem 2:0-Sieg (21:10, 21:17) feierten sie in ihrem letzten gemeinsamen Spiel ihren größten Erfolg.

Bis kurz vor dem Turnier sei noch gar nicht klar gewesen, ob das Team in Timmendorf an den Start gehen könne: "Montag konnte ich kaum aufstehen", sagte Walkenhorst, den im Vorfeld des Turniers Hüftprobleme plagten. Von Tag zu Tag sei es dann besser geworden. Nach der holprigen Gruppenphase am Freitag habe er zu seinem Partner gesagt: "Jetzt lass' uns noch mal zwei Tage den Arsch aufreißen", und er ergänzte dann noch mit viel Pathos: "Selbst wenn ich auf dem Feld verrecke, weil es die letzte Energie war, dann ist das okay."

Es hat auch ohne Notarzteinsatz auf dem Court zum Sieg gereicht. Belohnt wurde der Aufwand mit dem Meistertitel, 10 000 Euro Preisgeld für das Duo - und jeder Menge Genugtuung. Im Fall von Walkenhorst zählt wohl vor allem letzteres.

Walkenhorst veranstaltet selbst Turniere - das bringt ihm auch Vorwürfe ein

"Hier sind eigentlich ganze viele auf der Tribüne, die mich verlieren sehen wollen", sagte Walkenhorst nach der Partie. Das liegt an seinem rebellischen Auftreten, mit dem er sich in den vergangenen Jahren einige Male mit dem Deutschen Volleyball-Verband (DVV) angelegt hatte, und sicher auch an der einen oder anderen umstrittenen Aktion außerhalb des Platzes.

Walkenhorst war der Erste, der im vergangenen Jahr mit seinem Start-up New Beach Order wieder Beachvolleyball-Turniere in Deutschland initiierte, noch vor dem DVV. Und auch in diesem Jahr organisierte er Wettkämpfe, bei denen die Spieler die Chance hatten, sich für Timmendorfer Strand zu qualifizieren. Begleitet wurde sein Vorhaben immer wieder von gegenseitigen Vorwürfen. "Wir haben uns kastrieren lassen ohne Ende", sagte er mit gewohnt markigen Worten. "Wir haben versucht, das alles noch zu retten, damit am Ende der Saison die Kohle ausgegeben werden kann." Dass nun ausgerechnet er ganz oben auf dem Podium stehen würde, damit hätte er wohl selbst nicht gerechnet.

Kritik vom Finalgegner? "Dumm von ihm, sich mit mir anzulegen"

Auch das Finalspiel war nicht frei von Nebengeräuschen. Im zweiten Satz geriet Walkenhorst einige Male mit Gegenspieler Philipp Bergmann aneinander. Dieser habe seinem Unternehmen vergangene Woche vorgeworfen, mit den Turnieren im Sommer einen Reibach gemacht zu haben: "Mir kann man immer alles vorwerfen", sagte er im Anschluss, aber zu behaupten, "dass alle, die sich diesen Sommer den Arsch aufgerissen haben, sich die Taschen voll gemacht hätten, das finde ich asozial." Die Antwort darauf habe er auf dem Platz gegeben. "Das ist aber auch dumm von ihm, sich mit mir anzulegen, weil das bei mir immer ein paar Emotionen auslöst." Nach dem Spiel habe man die Sache mehr oder weniger geklärt.

Für das kommende Jahr, sagte Walkenhorst, setze er auf die Zusammenarbeit mit dem Verband, um den Sport weiter in die Öffentlichkeit zu rücken: "Wir haben Sachen, die wir am besten können. Der Verband hat Qualitäten, die er am besten kann. Wenn man das zusammenpackt, dann kann man gerade nächstes Jahr etwas erreichen." Dann gebe es im Sommer kein einziges Großevent wie in diesem Jahr, keine Fußball-EM, kein Olympia, daher könne es "ein Sommer für Beachvolleyball werden", glaubt Walkenhorst. Diese Chance wolle er unbedingt ergreifen. Ob der DVV gemeinsam mit ihm zugreift, muss sich wohl noch zeigen.

Ihr letzter gemeinsamer Auftritt brachte den wichtigsten Titel: Sven Winter (links) und Alexander Walkenhorst. (Foto: Peter Weber/Beautiful Sports/Imago)

Wie es sportlich für ihn weitergeht, ließ der Bruder von Olympiasiegerin Kira Walkenhorst am Sonntag offen, ganz aufhören möchte er aber noch nicht: "Ich werde nächstes Jahr auf jeden Fall noch Beachvolleyball spielen." Dann aber mit einem Partner, "mit dem ich genügend trainiere, um gut spielen zu können, aber nicht mehr mit hundert Prozent Ehrgeiz". Sein nun ehemaliger Partner Sven Winter wird in der kommenden Saison mit dem Hamburger Blockspieler Nils Ehlers ein Nationalduo bilden. Ziel: Olympia 2024. Dem Team traut Walkenhorst "alles und nichts zu", wie er sagte - die beiden hätten "viel Arbeit" vor sich. Und: "Ich bin gespannt, wie sie sich zusammensetzen, weil ich beim Verband nicht die Trainerqualität sehe, die das Team irgendwie nach vorne bringen kann." Ein weiterer Seitenhieb in Richtung DVV.

Bevor er sich im kommenden Jahr neuen Herausforderungen widmet, war Walkenhorsts kurzfristiger Plan am Sonntagabend aber ein anderer: "Ich werde heute erst mal ganz, ganz viel Bier trinken." Das Auto in Richtung Heimat am nächsten Tag müsse jemand anderes fahren.

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