BBL:Ulms Basketballer überrollen die Gegner mit ihrer Energie

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Per Günther, l., gegen den Bamberger Darius Miller. (Foto: dpa)

Nach 26 Siegen in Serie verliert Favorit Bamberg in Ulm deutlich. Spielmacher Per Günther äußert sich dennoch "politisch korrekt" und bescheiden. Dabei wird er in der Stadt schon als mundgeblasene Figur verkauft.

Von Matthias Schmid, Ulm

Auch in der entspannten Lounge-Atmosphäre war Per Günther nicht zu überrumpeln. Frisch geduscht und verstrubbelt saß der Ulmer Basketballer am Sonntagabend nach dem Spiel gegen Bamberg auf einem knallroten Ledersofa im Foyer der heimischen Arena, aber selbst in diesem intimen Ambiente ließ er sich nicht zu irgendwelchen großspurigen Parolen hinreißen, im Gegenteil. Seine bedächtigen Antworten langweilten die Fans fast, die sich in Zehnerreihen um die Couch drängten; sie waren nicht das, was die aufgedrehten Anhänger nach dem 78:63-Sieg gegen Meister Brose Bamberg hören wollten. ( Hier die Tabelle der BBL)

Ratiopharm Ulm ist nun als einzige ungeschlagene Mannschaft in der Basketball-Bundesliga (BBL) übrig geblieben, die Fans hofften, dass ihr Kapitän Klartext sprechen würde, so wie nach der verlorenen Finalserie gegen Bamberg in der vergangenen Saison, als Günther bekannte, dass er "die Schnauze voll habe von Platz zwei". Ein Fan, der ihm einst öffentlich ein Gedicht vortrug, konfrontierte Günther mit diesem Satz und sagte, dass die Zuschauer auch keine Lust mehr auf Finalniederlagen hätten. Werden wir in diesem Jahr endlich "Meischter?", fragte er konkret.

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An sprachlichen Barrieren konnte es nicht gelegen haben, dass auch die Antwort auf diese Frage für alle Anhänger ziemlich unbefriedigend ausfiel, Günther lebt seit mehr als acht Jahren in Ulm und versteht inzwischen die Eigenarten des schwäbischen Dialekts. "Wir wollen die Playoffs erreichen", entgegnete Günther also. Er tat dies aber mit dem ihm eigenen selbstironischen Unterton, der ihn neben seinen herausragenden Leistungen auf dem Parkett zum Publikumsliebling macht. Er fügte hinzu: "Wir sind alle darauf getrimmt, politisch korrekt zu antworten."

Zumindest nach außen haben sich Günther und die Ulmer Macher auf diese devote Sprachregelung in Sachen Saisonziel geeinigt, nach innen geben sie vielleicht forschere Töne aus. Der Sieg am fünften Geburtstag ihres Umzugs in die neue Arena in Neu-Ulm war viel zu überzeugend, als dass sie sich nur mit der Teilnahme an der Meisterrunde begnügen würden. Der Erfolg mit 15 Punkten Vorsprung war kein Zufall, kein Glück, sondern die Folge ihrer kontinuierlichen und gedeihlichen Entwicklung. "Sie haben eine großartige Mannschaft", lobte Bambergs Cheftrainer Andrea Trinchieri anerkennend, "es hat mich nicht überrascht, wie stark sie gespielt haben."

Für die Bamberger war es die erste Niederlage in der Bundesliga nach zuvor saisonübergreifend 26 siegreichen Spielen, mit 26:2 Punkten bleiben sie aber weiter Tabellenführer, weil sie zwei Partien mehr absolviert haben als Ulm (24:0). Ob das Spiel nun als Menetekel dafür taugt, dass Bamberg die Ulmer neben dem FC Bayern als ernsthaften Bewerber um die Meisterschaft beachten muss, glauben indes nicht einmal die Ulmer selbst. "Ich habe so meine Zweifel, dass wir die Mannschaft sind, die am ehesten die Chance hat, Bamberg vom Thron zu stoßen", sagte ihr Cheftrainer Thorsten Leibenath. Aber er nehme den Sieg gerne mit, weil seine Spieler gesehen haben, dass "an einem guten Tag alles möglich ist".

Vor der Partie gibt Spielmacher Per Günther seine Vertragsverlängerung bekannt

Trinchieri hatte schon geahnt, dass die Ulmer mit ihren offensivstarken Spielern um Günther, Chris Babb, Raymar Morgan und Tim Ohlbrecht seiner Mannschaft "wehtun können", wie er betonte. "Die Ulmer haben uns mit ihrer Energie überschüttet", fügte der Italiener hinzu. 16 Bamberger Ballverluste waren unter anderem die Folge. Hinzu kam an diesem Tag die eigene Wurfschwäche, 30 Mal probierten es die Bamberger aus der Distanz, nur sechsmal landete der Ball im Korb.

"Die Dreier sind eigentlich unsere große Waffe", befand Bambergs Spielmacher Nikos Zisis. Der Grieche, der schon die Euroleague und die Europameisterschaft gewonnen hat, zuckte nur mit den Schultern, um auf die Frage zu antworten, ob Ulm den Abstand verkleinert habe. "Das war nur ein Spiel, und wir werden die nötigen Lehren daraus ziehen", sagte er unaufgeregt. Die Bamberger wollen und können sich im Moment nicht lange mit der Bundesliga aufhalten. Sie treffen jede Woche im wichtigsten europäischen Klubwettbewerb, der Euroleague, auf Mannschaften mit der Intensität und Energie von Ulm. Für Bamberg ist so ein Bundesliga-Spitzenspiel ein gewöhnlicher Arbeitstag, während in Ulm solche Begegnungen gleich zum Feiertag ausgerufen werden.

Zehntausend Karten hätten sie für die Partie gegen Bamberg verkaufen können, haben Ulms Verantwortliche erzählt, 6200 Zuschauer passen in die Arena, die für Per Günther auch in den nächsten zwei Jahren Heimstätte bleibt. Der 28-Jährige hatte vor dem Spiel seine Vertragsverlängerung bekannt gegeben. Am liebsten hätte er gleich für fünf Jahre verlängert, gestand der Spielmacher, "aber der Klub hat mir nur zwei gegeben". Als Statue vor der Halle gibt es ihn noch nicht, dafür kann er sich nun seit Neuestem in den Händen halten, als kleine mundgeblasene Figur für 99,95 Euro. Günther sagt: "Wir tun gut daran, wenn wir jetzt nicht alle durchdrehen."

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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