Bayer Leverkusen:Bogen ums Ruhrgebiet

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Energisch: Kyriakos Papadopoulos ist vielseitig und durchaus nicht konfliktscheu wie hier im Pokal gegen die Bayern (links Thomas Müller). (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Der nach Leverkusen verliehene Verteidiger Kyriakos Papadopoulos hat keine Lust auf eine Rückkehr zum FC Schalke.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen/Leverkusen

Als er noch für Schalke 04 gespielt hat, war Kyriakos Papadopoulos immer ein Liebling des Publikums. Der griechische Verteidiger betreibt Fußball vorwiegend als Kampfsport, und in Schalke kam er damit gut an. Deshalb haben ihn die Zuschauer neulich auch in ehrendem Gedenken empfangen, als er im Trikot von Bayer 04 Leverkusen in der Gelsenkirchener Arena aufkreuzte.

45 Minuten später haben Schalkes Fans ihn dann allerdings mit Pfiffen in die Kabine verabschiedet - Papadopoulos, 23, hatte ihnen eindeutig zu verstehen gegeben, dass er nicht mehr der Publikumsliebling von Gelsenkirchen, sondern lieber der Publikumsliebling von Leverkusen sein möchte, wo er seit Saisonbeginn als Leihspieler unter Vertrag steht. Die Schalker Anhänger nahmen ihm zwar nicht übel, dass er seine pflichtgemäße Arbeit als Abwehrspieler machte, sie fanden aber, dass er es mit der professionellen Loyalität erheblich übertrieben hatte. Seine Leidenschaft für Bayer hielten sie für verdächtig. Ähnlich sah das aus anderem Blickwinkel auch Bayer-Trainer Roger Schmidt: Vorsichtshalber nahm er den mit der gelben Karte verwarnten Verteidiger zur Pause vom Feld. "Papa war ein bisschen übermotiviert", bemerkte der vormalige Mitspieler Marco Höger.

Tatsächlich drückte die Jagd von Kyriakos Papadopoulos auf seine früheren Kameraden eine klare Botschaft aus, und diese besagt, dass er keine Lust hat auf die im vorigen Sommer verabredete Rückkehr ins Ruhrgebiet. Keine Neuigkeit für die Schalker Verantwortlichen. Entsprechende Signale hatten sie schon im Winter empfangen. Papadopoulos hatte wissen lassen, dass er sich in seinem Stolz verletzt fühlte, als ihm der vormalige Schalker Trainer Jens Keller nur einen Platz auf der Reservebank in Aussicht stellte.

Gerätselt wird, ob Gonzalo Castro und Benedikt Höwedes bei ihren Heimatvereinen bleiben

Nun herrscht wegen des Abwehrspielers Papadopoulos zwischen Bayer und Schalke ein beredtes Schweigen. Beide Seiten wollen ein gutes Geschäft mit dem griechischen Nationalspieler machen, deswegen reden sie nicht miteinander, sondern geben in der Öffentlichkeit geheimnisvolle Statements ab. Während Bayer offiziell erklärt, "Stand jetzt" werde Papadopoulos in der kommenden Saison wieder in Gelsenkirchen spielen, heißt es bei den Kollegen in Schalke, "Stand jetzt" werde Papadopoulos zum Start der Vorbereitung wieder Königsblau tragen. In Wahrheit meinen beide Seiten das Gegenteil. Aber so einfach ist das alles nicht, es geht um die eine oder andere Million Ablöse, die Bayer sparen und Schalke dazuverdienen möchte.

Beide Parteien wissen, dass die andere Seite einigermaßen unter Druck steht. In Leverkusen hat sich kürzlich der Abwehrchef Emir Spahic aus der stets sorgfältigen Personalplanung der Rheinländer verabschiedet, als er in einem Anfall von falsch verstandener Bruderliebe einen Ordner angriff. Das trug Spahic die Entlassung und eine Dreimonatssperre durch den DFB ein, und dem Bayer-Management die Aufgabe, einen weiteren Innenverteidiger anzuschaffen. Der Wert von Papadopoulos, inzwischen zum Stammspieler aufgerückt, ist deshalb in Leverkusen sprunghaft gestiegen. Andererseits weiß man bei Bayer, dass Schalke - wie immer - Geld benötigt, um das Budget und anspruchsvolle Neuerwerbungen (zum Beispiel Sami Khedira) zu finanzieren, weshalb man noch auf den rechten Augenblick wartet, um ein Angebot abzugeben. In Schalke wiederum wundert man sich, dass Bayer die Ansprache verzögert, da doch auch andere Vereine auf den Griechen aufmerksam geworden sind. Der VfL Wolfsburg soll dazugehören (dort steht aber auch Stuttgarts Antonio Rüdiger auf der Liste) sowie ein Verein in Spanien, dessen Trainer ein leibhaftiger Bruder des wilden Papa sein könnte - Atlético Madrids fröhlich ungehobelter Coach Diego Simeone hat neulich beim Champions-League-Duell mit Bayer Gefallen an Papadopoulos gefunden. Der Transfersommer und die Zeit der fortgeschrittenen Sondierungen hat längst begonnen, die führenden Bundesligaklubs hinter dem FC Bayern beäugen sich gegenseitig. Außer um Papadopoulos geht es um reihum begehrte Spieler wie den Mainzer Johannes Geis, den Gladbacher Max Kruse oder den Bayer-Stürmer Josip Drmic, und auch alteingesessene Stammkräfte tauchen auf dem Markt auf. Bei Bayer überlegt Gonzalo Castro, 27, ob er seiner Fußballerkarriere noch einen anderen Schauplatz als Leverkusen zufügen soll, Borussia Dortmund könnte ein Thema sein. Castros Klub hat ihm ein Angebot zum Bleiberecht auf Lebenszeit gemacht, "aber Gonzo möchte jetzt überlegen, was er wirklich will", sagt Bayer-Manager Jonas Boldt.

In Schalke wird derweil gerätselt, wie lange Benedikt Höwedes, 27, wohl noch seinem Heimatverein angehören möchte. Eine Vertragsklausel erlaubt ihm im Sommer für eine fixe Entschädigung (angeblich 17 Millionen Euro) den Wechsel. Zurzeit ist Manager Horst Heldt aber optimistisch, dass Höwedes seinem Arbeitsplatz treu bleibt, offenbar hat sich noch keiner der Interessenten in England gemeldet, der auch Höwedes interessieren könnte. Einen Wechsel innerhalb der Bundesliga hat er ausgeschlossen.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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