So richtig zu Hause fühlt sich Heiko Schaffartzik offenbar noch nicht in der schönen Universitätsstadt Limoges, in die er Ende September gezogen war, um dort beim französischen Erstligisten CSP anzuheuern. Das klang schon vor ein paar Tagen mal an, als der Basketball-Nationalspieler mitteilte, er könne sich in der nächsten Saison eine Rückkehr zu einem Klub in Deutschland sehr gut vorstellen. Dass sich Schaffartzik aber sogar noch so wenig heimisch fühlt, dass er sich nächstens im eigenen Wohnkomplex verläuft, das ist nun eine Nachricht, die vor dem Hintergrund nicht weniger nachdenklich stimmt, dass er auf seinen Irrpfaden offenbar stark alkoholisiert war.
Am Samstag, nach einer knappen Niederlage in Antibes, einer 800 Kilometer langen Rückreise von der Côte d'Azur und wohl nicht nur einem Drink im Vergnügungsviertel von Limoges, ist Schaffartzik jedenfalls auf dem Rückweg zu seiner Wohnung im Flur falsch abgebogen. Er vertorkelte sich. Dann schlief er ein auf der Couch eines Nachbarn, der Nachbar fand ihn vor, die Polizei rückte an - und Schaffartzik wurde sicherheitshalber in eine Ausnüchterungszelle verlegt.
Nachdem der Vorfall öffentlich geworden war, schob der Verein flink eine unfreiwillig komische Pressemitteilung nach, die den 31-Jährigen auf überaus reuige Weise zitierte. Er übernehme die volle Verantwortung für sein Handeln. Er entschuldige sich bei seinen Teamkollegen, Trainern, dem Verein und allen Fans. Außerdem akzeptiere er "im Voraus die Sanktionen", die der Klub aussprechen wird. "Als wir aus Antibes zurückkamen, war ich vom Ergebnis betroffen", erklärte Schaffartzik. Die Mitteilung endete mit einer kuriosen Wortmeldung von Vereinspräsident Frédéric Forte. Der sprach zwar keine Sanktionen aus. Dafür aber war es Forte ein Anliegen klarzustellen, dass Schaffartzik mitnichten "im falschen Gebäude" aufgewacht sei. Er habe sich "nur im Stockwerk getäuscht, was schon lustig genug ist".
Der Aufbauspieler nächtigt in der Wohnung seiner unbekannten Nachbarn. Bernie Ecclestone kritisiert FIA-Chef Jean Todt. Die Bayern reisen mit Thiago und ohne Neuer nach Zagreb.
Das mochte sein. Allerdings ließ auch diese ziemlich präzise Klarstellung von Limoges gewisse Episoden der nächtlichen Ereigniskette im Dunkeln. Es bleiben Fragen. Die zweifelsfrei bohrendste betrifft die Weise, auf die sich Schaffartzik Zutritt zur Nachbarswohnung verschaffte. Geklopft haben wird er kaum. Stand also die Tür einen Spalt offen?
Die Sanktionierungen des Klubs sehen bislang nicht einmal eine Suspendierung Schaffartziks für das Euroleague-Spiel am Donnerstag gegen Olympiakos Piräus vor. Am Montag gab dafür die französische Liga bekannt, dass der ehemalige Profi des FC Bayern sogar beim Allstar-Game mitspielen darf. "Herzlichen Glückwunsch Heiko Schaffartzik", schrieb der Ligaverband auf Twitter. Es folgten die Hashtags #champagne und #avecmoderation :-) - Champagner. Aber in Maßen.
Gemäßigt reagierte tags darauf auch Bundestrainer Chris Fleming auf den Trubel um seinen Co-Kapitän: "Heiko wird weiter für Deutschland spielen", sagte der Amerikaner der Bild nach einem Telefonat mit dem Aufbauspieler. "Das ist keine schöne Situation. Aber wir müssen nach vorne schauen." Ob der 115-malige Nationalspieler auch künftig wie zuletzt bei der EM als Anführer der DBB-Auswahl fungieren wird, ist offen. "Die Kapitänsfrage haben im Sommer die Spieler entschieden. Das wird vor den nächsten Spielen wieder so sein", so Fleming. Schaffartzik und Dirk Nowitzki (37) hatten sich das Amt im Sommer gleichberechtigt geteilt.