Basketball:Weg mit der guten Laune

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Unzufrieden: Bayern-Trainer Dejan Radonjic hatte in Belgrad viel Anlass zum Gestikulieren. (Foto: imago images/Aleksandar Djorovic)

Der FC Bayern beendet die Euroleague-Hinrunde mit seiner höchsten Saisonniederlage: 63:93 bei Roter Stern Belgrad. Die Art und Weise muss Trainer Radonjic beunruhigen.

Von Felix Haselsteiner

Für Dejan Radonjic begann der Abend seiner höchsten Niederlage als Trainer des FC Bayern mit einer Danksagung. Von 2013 bis 2018 hatte der Montenegriner Roter Stern Belgrad betreut, nun kehrte er mit den Bayern zum ersten Mal in die Stark-Arena in der serbischen Hauptstadt zurück, zu einem durchaus wichtigen Spiel: Belgrad ist ein direkter Konkurrent der Münchner um die Playoff-Ränge in der Euroleague. Die Erinnerungstafel, die man Radonjic vor dem Spiel als Andenken in die Hand drückte, nahm er trotz aller Konkurrenz dankend an, lächelte freundlich und winkte ins applaudierende Publikum, allein: Seine gute Laune verlor der Münchner Trainer recht schnell - und fand sie über die gesamte Spieldauer nicht mehr wieder. Mit 63:93 verloren die Bayern das abschließende Spiel der Hinrunde und setzten ihre enttäuschende Euroleague-Saison damit fort.

"Shame on you", rief Radonjic nach einer Viertelstunde. Gemeint waren seine Spieler

Eine Viertelstunde war gespielt, als Radonjic zum ersten Mal einen deutlich hörbaren Einblick in sein Seelenleben gab. "Shame on you" rief er seinen Spielern während eines Time-Outs im zweiten Viertel mit vor Wut versteinerter Miene entgegen, Schande über sie. Die Münchner hatten bis dahin eine Leistung abgeliefert, die tatsächlich kaum anders zu kommentieren war: Eine 6:0-Führung nach gerade mal eineinhalb Minuten hatten sie ebenso schnell wieder hergeschenkt und in der Folge kaum eine Chance gehabt, die Belgrader Offensiv-Spielzüge einzudämmen. Immer wieder schafften die Serben es in der ersten Halbzeit, die Münchner Verteidigung ins Leere laufen zu lassen, oft mit sehenswerten Kombinationen: Der überragende Spielmacher Lorenzo Brown legte teilweise mit No-Look-Pässen für seine Mitspieler auf, Ognjen Kuzmic traf so per Dunk zum 10:9 und Marco Jagodic-Kuridza wenige Minuten vor der Pause aus der Distanz zum 47:29, um aus der Vielzahl guter Angriffe eine Auswahl zu nennen. 22 Punkte Vorsprung erarbeiteten sich die Belgrader so bis zur Halbzeit, weil sie offensiv zielstrebig spielten, aber auch weil die Bayern sie zum Scoren einluden.

Gleich zweimal schenkte etwa der erfahrene Petteri Koponen bei Distanzwürfen von Roter Stern Fouls und damit insgesamt sechs Freiwürfe her, auch sonst wirkten fast alle Münchner unkonzentriert und müde. Weder Spielmacher Maodo Lo noch die zuletzt gut aufgelegten Werfer Vladimir Lucic und Paul Zipser konnten offensiv irgendwie antworten, der verletzte Kapitän Danilo Barthel wurde unter dem Korb vermisst. Ein Lichtblick - und der Hauptgrund dafür, dass die Münchner zur Halbzeit überhaupt noch eine kleine Chance hatten - blieb Greg Monroe. Der Center, zuletzt mit Schwierigkeiten in der Offensive, war nach zwanzig Spielminuten mit 14 Punkten bester Werfer auf dem Feld, auch wenn seine gute Leistung nur wenig ausrichten konnte: Die ersten beiden Viertel verloren die Bayern mit mehr als zehn Punkten Unterschied.

Man hätte mit einer Reaktion rechnen können, doch auch nach der Pause setzte sich das Spiel so fort. Belgrad kam immer mehr in Spiellaune, traf mit sehenswerten Flipshots und Dunks und ließ die Münchner nicht zurück ins Spiel kommen. Auf den ersten kurzen Fünf-Punkte-Run der Bayern antwortete Billy Baron mit einem Dreier aus großer Distanz zum 68:44, Charles Jenkins legte kurz darauf ebenfalls für drei nach und beendete jegliche Aufholjagd-Gedanken: Nach dem dritten Viertel (71:46) ging es für die Münchner nur noch um Ergebniskorrektur.

Vor dem Tip-Off gab es für den Bayern-Coach eine Ehrung und Applaus, später gab es Häme

Weil die Bayern aber auch in den verbliebenen Minuten in fast allen Belangen unterlegen waren (37:29 Rebounds, 63:42 Prozent Trefferquote über die gesamte Spieldauer), gelang nicht einmal das: Auch das abschließende Viertel ging mit 22:17 an Roter Stern, die den Bayern damit die höchste Saisonniederlage zufügten - trotz der besten Euroleague-Saisonleistung von Greg Monroe (20 Punkte, fünf Rebounds).

Mit der dritten internationalen Niederlage in Folge (nach dem 73:98 zuhause gegen Kaunas die zweite gegen einen direkten Konkurrenten) rutschen die Münchner auch in der Tabelle ab. Trainer Radonjic dürfte das jedoch weniger stören als die ernüchternde Art und Weise, auf die die Niederlagen zuletzt zustande kamen - und als die Art und Weise, wie sich das Publikum, das ihm vor dem Tip-Off noch ehrenvoll applaudiert hatte, sich nun von ihm und dem FC Bayern verabschiedete: Immer wieder hallte im vierten Viertel ein hämisches, langgezogenes "Auf Wiedersehen" durch die Halle.

© SZ vom 03.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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