Basketball:Warum die Bayern-Basketballer in der Euroleague scheitern

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Manchmal staunten die Belgrader (hier Marcus Williams, l.) nicht schlecht, was die Münchner (hier Alex Renfroe) alles machten. Aber im letzten Viertel staunten dann nur noch die Gäste vom FC Bayern. (Foto: imago/Aleksandar Djorovic)

Die Basketballer des FC Bayern München verlieren bei Roter Stern Belgrad und scheitern erneut in der Vorrunde der Euroleague.

Von Ralf Tögel, Belgrad/München

Um 20.55 Uhr sanken die Bayern-Basketballer auf den Boden der Pionir-Halle zu Belgrad. In einem mitreißenden Spiel waren die Münchner in Belgrad mit 76:85 (40:44) Roter Stern unterlegen und damit aus der Euroleague ausgeschieden. Der FCB zeigte vor allem kämpferisch eine starke Leistung, drehte nach völlig verschlafenem Start das Spiel und hatte nach dem dritten Viertel und deutlicher Führung alles selbst in der Hand. Doch letztlich scheiterten die Bayern - wie so oft in dieser Vorrunde - an ihren Nerven und nachlassenden Kräften. "Wir haben hier wirklich hart gespielt und uns eine Führung von zehn, elf Punkten erkämpft. Doch dann hatten sie einen Lauf und haben krasse Würfe getroffen. Wir hatten einige ähnliche Spiele in dieser Saison", meinte ein enttäuschter Bayern-Kapitän Bryce Taylor.

FCB-Trainer Svetislav Pesic war mit der Leistung seiner Mannschaft zufrieden, nicht aber mit der der Referees: "Wir haben Charakter gezeigt, auch wenn es leider nicht zum Sieg gereicht hat. Wir haben von den Schiedsrichtern nur zwei Freiwürfe in den letzten zehn Minuten zugesprochen bekommen, obwohl Roter Stern sehr aggressiv verteidigt hat. Ich denke, dass die Atmosphäre Einfluss genommen hat."

Die Ausgangslage war klar, nur der Sieger der letzten Partie der Vorrunden-Gruppe A würde in die Top 16 Teams einziehen, der Verlierer in den Eurocup degradiert. Anders formuliert: ZSKA Moskau oder Banvit Bandirma, der russische Big Player oder der türkische Vertreter, von dessen Existenz nur Wenige wissen. Um was es ging, konnte man gut an Belgrads serbischem Nationalspieler Marko Simonovic sehen. Der hatte sich im jüngsten Ligaspiel am Fuß verletzt und den Rat seines Arztes, eine zehntägige Pause einzulegen, schlichtweg ignoriert. Simonovic stand in der Anfangsformation. Die Gastgeber waren von der 20 000 Menschen fassenden Kombank-Arena in die Pionir-Halle ausgewichen, in der nur 8150 Zuschauer Platz finden. Die aber sind näher am Spielfeld, die Atmosphäre ist dichter, ein Schachzug, der letztlich aufging.

Roter Stern ist im letzte Viertel angezählt, doch die Bayern vergeben eine klare Führung

Roter Stern legte beflügelt von der fanatischen Kulisse mit unglaublicher Intensität los, verteidigte gallig und traf hochprozentig. Je besser die Gastgeber in Fahrt kamen, desto mehr verloren die Bayern den Faden. Pesic' Strategie sah vor, die Atmosphäre zu ignorieren und seinen Matchplan möglichst kühl durchzuziehen. Doch die Temperatur in Halle war zu hoch für die Bayern, vor allem das Zusammenspiel von Belgrads Spielmacher Sefan Jovic und Center Maik Zirbes (17 Punkte) konnten der FCB nicht unterbinden.

Nach fünf Minuten war Belgrads Führung (15:5) zweistellig, die Münchner wirkten völlig verunsichert. Schlechte Würfe, leichte Fehler, man musste Angst um sie bekommen. Aber auch der FCB hat einen abgezockten Serben: Dusko Savanovic. Der Topscorer (19) hielt sein Team völlig unbeeindruckt mit elf Punkten im ersten Viertel im Alleingang im Spiel. Dennoch führten die Gastgeber nach zehn Minuten mit 31:20, ein Wert, der das größte Bayern-Defizit überdeutlich zeigte: die Defense.

Doch schon gegen Ende des ersten Durchgangs deutete sich an, dass die Münchner nicht klein beigeben werden. Ein paar starke Blocks von Paul Zipser, ein paar gute Aktionen von Nihad Djedovic - und der nötige Glaube war wieder da. Plötzlich stand die Defense, die Würfe fanden ins Ziel, Deon Thompson, nach Savanovic mit 17 Punkten bester Bayern-Schütze, bekam das Spiel unter dem Korb in den Griff. Die Münchner ließen sich auch von einigen harten Entscheidungen der Referees nicht beeindrucken und holten Punkt um Punkt auf. Zur Halbzeit stand es zwar noch 44:40 für Belgrad, das Spiel war aber ein völlig neues.

Neben der Aufholjagd war den Gästen noch etwas Wichtiges gelungen: Die Stimmung in der Halle war spürbar heruntergedimmt. Und die Bayern machten da weiter, wo sie vor dem Wechsel aufgehört hatten, spielten abgeklärt und blieben ruhig. Alex Renfroe (9) versetzte den Gastgebern einen spürbaren Schrecken, als er den Ball zur ersten Bayern-Führung in den Korb legte (48:46, 24. Minute). Die Bayern blieben dran, immer mehr Akteure, von denen in der ersten Halbzeit wenig sah, zeigten ihre Qualität: Anton Gavel mit einem Steal, Zipser mit starker Defense, Renfroe aus der Distanz - und dann kam K.C. Rivers: Mit zwei Dreiern schraubte er den Abstand auf ein zweistelliges Niveau, nach dem dritten Viertel lagen der FCB mit 65:56 in Front. Das Spiel war gedreht.

Roter Stern war angeknockt, in ihrer Halle, in der sie Real Madrid und Khimki Moskau geschlagen hatten, glitt ihnen das Spiel aus der Hand. Aber Belgrad kämpfte sich zurück, zwei wilde Dreier von Marko Guduric (16) fielen, zwei leichte Ballverluste von Renfroe und Gavel, fünf Minuten vor Schluss lag Roter Stern wieder vorn (73:70). Nun war die Partie endgültig reine Nervensache, ein Kampf auf Biegen und Brechen. Belgrad blieb vor allem dank Zirbes (17 Punkte) und Topscorer Quincy Miller (21) immer knapp vorn. Als ein Dreierversuch von Rivers (10) aus dem Korb sprang und im Gegenzug Miller (39.) zum 81:74 traf, war die Partie entschieden. Unter dem Brett war Belgrad in den Schlussminuten besser, was auch Pesic so sah: "Wir haben zwar gut verteidigt, aber es fehlten die nötigen Rebounds, um unseren Transition-Basketball zu spielen."

© SZ vom 19.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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