Basketball:Präzision und Willen auf Sardinien

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Würzburgs Cameron Wells (Mitte) wird geblockt von Rashawn Thomas. (Foto: Heiko Becker/imago)

Würzburgs Basketballer haben trotz Niederlage im Finalhinspiel gute Chancen auf den Titel im Europe Cup.

Von Sebastian Leisgang

Vielleicht hätte man in diesem Augenblick schon ahnen können, dass "game one of the final", so schrieb es der Verband später in den sozialen Netzwerken, "one to remember" werden würde, ein Spiel also, an das man sich erinnern wird, obwohl es nicht mal eines war, in dem die finale Entscheidung fiel.

Skyler Bowlin spielte also, die Partie war gut dreißig Sekunden alt, einen exzellenten Pass in die Zone unter dem Korb, Mike Morrison fing den Ball, sprang in die Luft, stopfte ihn durch das Netz und hielt sich für einen Augenblick derart entschlossen am Korb fest, dass man Sorge haben konnte, er reiße ihn aus der Verankerung. In Morrisons Rücken hüpften seine Mitspieler von der Ersatzbank auf und warfen die Arme über den Kopf, es waren die ersten Punkte für Würzburg - und der Beginn eines mitreißenden ersten Duells im Europe-Cup-Finale. Bowlin auf Morrison und der hinein in den Korb: Es war Präzision und Leidenschaft, es war auch ein Moment des Willens. All das in einer Spielszene, die weder die Partie entschied noch allzu außergewöhnlich ist für ein Basketballspiel - sehr wohl aber stellvertretend stand für ein hochklassiges Duell, one to remember. Am Ende verloren Würzburgs Basketballer zwar 84:89 (45:45) bei Dinamo Sassari, hielten sich aber die Chance offen, im Rückspiel am Mittwoch nächster Woche vor eigenem Publikum den Titel zu gewinnen.

Bowlin auf Morrison und der hinein in den Korb: Es war der aufregende Prolog einer aufregenden Partie, nach der Denis Wucherer allerdings weniger über die ersten als vielmehr über die letzten Sekunden sprach. Sie waren es ja, die Würzburgs Trainer am Donnerstagmorgen um kurz vor zehn auf Sardinien mit einem guten Gefühl die Treppe zum Flugzeug hinaufsteigen ließen. "Ich war mit unserer Vorstellung zufrieden. Unsere Chance ist nach wie vor da, das ist das Wesentliche", sagte Wucherer. Und: "Die letzten beiden Würfe waren wichtig." Der erste Eindruck zählt, doch der letzte bleibt.

Über drei Viertel hatte Würzburg ein gutes Spiel gemacht, war in den letzten zehn Minuten allerdings von seiner Linie abgekommen. Im Basketball reichen wenige Minuten aus, um ein ausgesprochen gutes Spiel mit einem ausgesprochen schlechten Ergebnis zu beenden. In den letzten sechzig Sekunden rissen sich Wucherers Spieler aber noch mal zusammen und verkürzten den Rückstand durch zwei Freiwürfe von Xavier Cooks sowie einen Dreier und einen anschließenden Freiwurf von Cameron Wells auf fünf Punkte - ein Unterschied, so minimal, dass er im Rückspiel mit nur zwei Würfen wettzumachen ist.

Fünf Punkte, das ist bedeutungslos, wenn man nicht das ganz Große, einen europäischen Titel, zum Maßstab nimmt, sondern das große Ganze. Und auch darum geht es ja. Seine Mannschaft, sagt Wucherer, habe sich im Europe Cup "auf die Landkarte des internationalen Basketballs gespielt". Und darauf, findet er, könnten Mannschaft, Verantwortliche und Fans "stolz sein" - ob es am Ende nun zum Triumph reiche oder nicht. Der Europe Cup ist nur ein viertklassiger Wettbewerb, hat Würzburg aber in Dänemark, Israel und Italien zu einem Namen verholfen. Worauf aber kommt es am Mittwoch kommender Woche an, damit Würzburg den Leuten als Sieger im Gedächtnis bleibt?

Das Hinspiel war eine Demonstration von Sassaris Rashawn Thomas, er erzielte 27 Punkte, 15 alleine im ersten Viertel; Würzburg muss ihn im Rückspiel also besser im Griff haben - doch Wucherer betont vielmehr: "Wir haben offensiv noch Luft nach oben." Er will mehr sehen von dem, was die Zuschauer am Mittwochabend nach gut dreißig Sekunden gesehen haben: Bowlin auf Morrison und der hinein in den Korb.

© SZ vom 26.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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