Basketball:Motivationsfragen

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Nur das neue Format verhindert das Pokalaus des FC Bayern. Bamberg spielt stabil, Würzburg stößt an Grenzen. Geschichten vom Pokal-Auftakt.

Von Ralf Tögel und Sebastian Leisgang

FC Bayern - Bayreuth 89:95

Nihad Djedovic hatte so eine Vorahnung: Der Guard spielt beim FC Bayern in seiner achten Saison, erstmals führt er das Team als Kapitän an und hatte im Gespräch mit der SZ kurz vor Saisonstart verraten, worin er seine größte Aufgabe als Anführer sieht: "Ich werde der Mannschaft erklären, dass es das Wichtigste ist, nach Euroleague-Spielen die richtige Motivation für die Bundesliga zu finden. Das wird schwer, aber ich werde sie motivieren." Dass er so schnell von seinen Worten eingeholt wird, hätte er vermutlich nicht erwartet, jedenfalls ist genau das nicht gelungen. Nach fabelhaften Auswärtssiegen in der Euroleague bei Tel Aviv und Fenerbahce Istanbul, beides Anwärter auf das Final-Four-Turnier der europäischen Königsklasse, vermurksten die Bayern den Start auf nationaler Ebene und unterlagen in der Pokal-Qualifikation Medi Bayreuth mit 89:95.

Es ist dieser gefährliche Mix, den Djedovic zur Genüge kennt, einige seiner neuen Teamkollegen offenbar noch nicht: erst die Kür gegen Weltklubs auf internationalem Parkett, dann die Pflicht gegen Alltagsgegner. Bayreuth tritt man damit im Vergleich wohl nicht zu nahe, Istanbul und Tel Aviv haben nun einmal einen anderen Klang im Basketballkosmos. Dazwischen die anstrengenden Reisen quer über den Kontinent, um auf einen nominell klar unterlegenen aber höchst motivieren Gegner zu treffen. Hier das Kräftemessen mit NBA-erfahrenen Weltklassespielern, dort mit talentierten Namenlosen, die diese Vergleiche als Bühne für ihr Selbstmarketing nutzen.

Und die Partie lief für die Bayern in jene denkbar schlechte Richtung: München kontrollierte weitgehend das Geschehen, konnte dem ambitionierten Gegner aber nie den Glauben an die Überraschung nehmen. So spielte der Favorit mit großer Rotation und führte vor den letzten Viertel 66:62, Nationalspieler Paul Zipser war mit 16 Punkten bester Werfer, Robin Amaize nutzte seine großen Spielanteile mit 14 Punkten. Alles lief nach Plan. Doch dann lief Frank Bartley heiß. Das US-amerikanische Kraftpaket war aus der zweiten spanischen Liga nach Bayreuth gekommen. 20 seiner insgesamt 25 Punkte sammelte er im letzten Abschnitt, die Würfe der Bayreuther fielen plötzlich wie reife Früchte ins Netz, die der Bayern landeten meist am Ring. Bayreuth spielte sich in einen kleinen Rausch, den Bayern ging die Kraft aus, um sich erfolgreich zu wehren.

Schon in der vergangenen Saison war ihnen exakt das widerfahren, als der große Favorit in der ersten Runde gegen Bonn aus dem Pokal flog. Das neue Corona-bedingte Format hat dies verhindert, doch der FCB benötigt nun Schützenhilfe. Gewinnt Bayreuth auch gegen Crailsheim und den MBC fahren sie als Gruppensieger zum Finalturnier nach München, nur die jeweils Ersten der vier Gruppen sind zugelassen. Die Bayern müssten dann obendrein bei der ersten Titelvergabe der Saison in der eigenen Halle zuschauen.

Brose Bamberg - Ulm 74:65

Johan Roijakkers wusste nicht so genau, wo seine Mannschaft steht. Die Testspiele in der ungewöhnlich langen Vorbereitung hatten kaum belastbare Erkenntnisse gebracht, entweder spielte Bamberg zu Beginn stark und brach dann sukzessive ein, oder Brose verpasste den Spielbeginn und wurde dann immer stärker. Rechtzeitig in den letzten beiden Tests gegen Oostende, die Bamberg gegen den belgischen Serienmeister gewann, zeigte der ehemalige deutsche Meister vor Wochenfrist eine stabile Leistung über 40 Minuten - wie nun beim 74:65-Erfolg gegen Ulm. Die Schwaben waren zuletzt beim DM-Finalturnier eine der positiven Überraschungen, wo sie erst im Halbfinale knapp scheiterten.

Nun aber präsentierte sich Bamberg erneut über die gesamte Spielzeit stabil und wusste vor allem mit einer starken Defensive zu überzeugen. Regisseur Tyler Larson findet rechtzeitig zu seiner Form, er war mit 16 Punkten bester Punktesammler und überzeugte zudem mit sechs Vorlagen. Ebenso bekamen David Kravish (13) und Michele Vitali (15) Trainer-Lob, der Kapitän der italienischen Nationalmannschaft ist bereits ein bestimmender Faktor im System von Roijakkers. Ab dem zweiten Viertel übernahmen die Oberfranken das Kommando und siegten verdient.

Würzburg - Ludwigsburg 67:78

Eigentlich war der Plan ein anderer. Gut, es war abzusehen, dass die Würzburger eher nicht mit einem dreistelligen Ergebnis gegen Ludwigsburg gewinnen würden. Es war ja nicht mal damit zu rechnen, dass sie dem Meisterschaftszweiten über drei Viertel so erhebliche Probleme bereiten, wie sie es bei diesem 67:78 getan haben - trotzdem fügte sich das erste Pflichtspiel nicht in jenen Plan, den sich die Würzburger vor ein paar Monaten zurechtgelegt hatten.

Damals, in einer Zeit vor Corona, gingen sie davon aus, dass sie gerade eine Mannschaft beisammen haben, die bald in der Lage sein dürfte, die Ludwigsburger zu schlagen wie in der Vor- und der Rückrunde der Saison 2018/19. Es waren große Pläne, die sie da in den Hinterzimmern der Geschäftsstelle geschmiedet hatten - und später auch den Leuten da draußen zuflüsterten. Der Klub habe, wie es Trainer Denis Wucherer formuliert, "in zwei Jahren mit wehenden Fahnen in eine neue Arena" einziehen und in diesem Zuge zu einem natürlichen Playoff-Teilnehmer aufsteigen wollen - "aber das ist jetzt dummerweise anders gelaufen". Im Sommer ist Wucherer mehr als das halbe Team davongelaufen, das Budget für den Kader beträgt nur noch 50 Prozent der Vorjahressumme, und das neue große Ziel heißt Klassenverbleib.

Wucherer hat zwar Spaß daran gefunden, mit seinem arg verjüngten Team zu arbeiten, sagt aber auch: "Es gibt deutlich mehr frustrierende Elemente, an die ich mich als Coach erst gewöhnen muss." Auch das Spiel gegen Ludwigsburg gehörte zu diesen Elementen - weil sein Team erst positiv überraschte, im letzten Viertel aber mit wehenden Fahnen unterging.

© SZ vom 20.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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