Basketball:Deutschlands Basketballer sind kein Team

Lesezeit: 2 min

Vorzeitig abgereist: Tibor Pleiss (links). (Foto: dpa)

Sie verlieren sogar gegen Holland und Dänemark: Die deutschen Basketballer könnten die EM verpassen. Liegt das allein am Bundestrainer?

Von Matthias Schmid, Naestved/München

Ob Tibor Pleiß die Partie seiner Mitspieler im süddänischen Städtchen Naestved verfolgt hat, ist nicht überliefert. Die Nachricht, dass die deutschen Basketballer ihr Spiel in der Qualifikation zur Europameisterschaft im nächsten Jahr verloren haben, wird aber sicher zu ihm durchgedrungen sein. Es war die zweite Pleite hintereinander. Nach der Niederlage gegen die Niederlande unterlag die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB) dieses Mal Dänemark 102:106 nach dreimaliger Verlängerung.

Nun müssen die nächsten beiden Spiele gegen Österreich (Mittwoch, 19.30 Uhr in Bamberg) und drei Tage später in den Niederlanden gewonnen werden, um sicher bei der EM in Rumänien, Finnland, Israel und der Türkei dabei zu sein. Nur die sieben Gruppenersten sind qualifiziert, immerhin bliebe die Chance, als einer der vier besten Gruppenzweiten das EM-Ticket zu lösen. Es war die erste deutsche Niederlage überhaupt gegen Dänemark in der Länderspielgeschichte. Und die Dänen nahmen zuletzt vor 61 Jahren an einer EM-Endrunde teil.

DBB
:Basketballer Pleiß verlässt Nationalteam wegen NBA-Chance

Der Centerspieler fliegt mitten in der EM-Qualifikation in die USA und bringt den Verband in eine schwierige Lage. Pacquiao will wieder gegen Mayweather boxen.

Ob es mit dem begabten, aber im Moment orientierungslosen Tibor Pleiß besser gelaufen wäre, bleibt offen; Pleiß ist quasi zur unerwünschten Person erklärt worden. Vor allem Bundestrainer Chris Fleming soll getobt haben, als er am Donnerstag erfuhr, dass der NBA-erprobte Pleiß sein Team mitten im Qualifikationsturnier verlässt, um in den USA für einen neuen Klub vorzuspielen. Die besondere Pointe kam am Montag, als bekannt wurde, dass Pleiß eben nicht in die NBA, sondern in die Türkei zu Galatasaray Istanbul wechselt.

Fleming: "An unserer Lage hat sich nichts geändert"

Der Bundestrainer, der einst Bamberg zu vier deutschen Titeln und drei Pokalsiegen coachte, hat im Moment aber andere Sorgen. Dem 46-Jährigen mag es nicht gelingen, aus jungen talentierten Spielern ein Team zu formen, das stabil genug ist, um wenigstens problemlos gegen zweitklassige Gegner zu gewinnen. Natürlich muss Fleming auf prägende Spieler wie Dennis Schröder (Atlanta Hawks) oder den früheren Kapitän Heiko Schaffartzik (Nanterre/Frankreich) verzichten. Das Talent der neuen Generation um den NBA-Neuling Paul Zipser (Chicago Bulls) sollte dennoch genügen.

"An unserer Lage hat sich nichts geändert", sagt Fleming trotzig, "es bringt nichts, lange zu jammern." Er will seine Spieler nun in Ruhe auf die nächste Partie gegen Österreich vorbereiten. "Intern treten wir extrem geschlossen auf", sagt er bei jeder Gelegenheit. Unterstützung erfährt er dabei von Ingo Weiss. Der DBB-Präsident lobt Flemings Arbeit, zur SZ sagte Weiss, dass der Bundestrainer "unumstritten ist". Dabei wird schon munter über dessen Nachfolger spekuliert, obwohl Flemings Vertrag bis zur EM im nächsten Jahr gültig ist. "Inklusive Finale", wie Weiss scherzt, der die Debatten um Flemings Nachfolge natürlich kennt.

Assistent Henrik Rödl soll ihn im nächsten Jahr beerben, weil sich Fleming vornehmlich seinen Aufgaben in der NBA widmen möchte. "In der Bundestrainer-Frage ist allerdings noch nichts entschieden", sagt Weiss. Alles sei möglich, nur eines sei klar: "Chris ist keine lame duck", so Weiss; Fleming sei voll handlungsfähig und genieße von allen Seiten höchsten Respekt.

Trotz der beiden Niederlagen gibt sich Weiss ebenso optimistisch wie Fleming, dass die Nationalmannschaft bei der EM dabei sein und dort auch eine gute Rolle spielen wird, wenn die derzeit pausierenden Nationalspieler Schröder, Schaffartzik sowie Maik Zirbes (Maccabi Tel Aviv/Israel) und Anton Gavel (FC Bayern) zurückkehren werden. Genau hier liegt das größte Problem, das Weiss und Fleming so irritiert: ein verzerrtes Bild in der Öffentlichkeit.

Denn es gibt zurzeit in Deutschland so viele gut ausgebildete junge Spieler wie seit der goldenen Generation um Dirk Nowitzki nicht mehr, die 2002 WM-Bronze und 2005 EM-Silber errungen hat. Dennoch müssen die Verantwortlichen Niederlagen gegen zweitklassige Gegner wie Holland und Dänemark erklären und Optimismus verbreiten. Oder die Abreise eines Schlüsselspielers während des Turniers moderieren.

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Basketballer Tim Duncan
:Nie sexy, aber immer sagenhaft gut

In der Machowelt der NBA war er die große Ausnahme: Tim Duncan hat den Basketball 19 Jahre dominiert wie kaum ein anderer - seinen Abschied bedauert selbst sein ewiger Widersacher Dirk Nowitzki.

Von Jürgen Schmieder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: