Basketball:Schwedisches Häppchen

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Das muss besser werden: Dennis Schröder hadert mit einer Schiedsrichterentscheidung - mit seinem Auftritt gegen Schweden konnte er aber auch nicht zufrieden sein. (Foto: Matthias Stickel/dpa)

Auch wenn der deutschen Nationalmannschaft ein weiterer, ungefährdeter Erfolg in der WM-Qualifikation gelingt: Kurz vor der Heim-EM passen Ziele und Form noch nicht zusammen.

Von Ralf Tögel, München

Gordon Herbert saß einfach da, regungslos, leerer Blick. Das hatte jedoch nichts mit der Leistung seiner Mannschaft zu tun. Die war in der ersten Hälfte durchaus ansprechend, ließ allerdings vor allem im dritten Viertel auf eine Art nach, dass dem Basketball-Bundestrainer ein paar stimmungsdämpfende Gedanken durch den Kopf geschossen sein dürften. In diesem Moment verfolgte Herbert jedenfalls angemessen fassungslos, wie die schwedischen Zeitnehmer in der Hovet-Arena zu Stockholm aufgeregt versuchten, die Spieluhr vor dem letzten Viertel in Gang zu bringen.

Während die Spieler ratlos auf dem Parkett herumstanden, schaffte es der Hallen-DJ immerhin, das Publikum bei Laune zu halten. Irgendwann ging es dann weiter, die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes schleppte einen nie gefährdeten 67:50-Erfolg ins Ziel.

Damit führt Deutschland die Tabelle der WM-Qualifikationsgruppe J mit sechs Siegen aus sieben Spielen an; einmal muss das Team nun noch gegen Schweden und je zweimal gegen Finnland und Slowenien antreten. Die Aussichten auf eine WM-Teilnahme 2023 sind somit vorzüglich. Die erste Partie gegen die Slowenen ist bereits für den kommenden Sonntag angesetzt. Sie gilt dem Bundestrainer als finaler Stresstest, ehe seine Auswahl kommenden Donnerstag gegen Frankreich in die Heim-Europameisterschaft startet.

Natürlich war Herbert auch die Partie gegen Schweden für einige Aufschlüsse dienlich, gleichwohl erreichen die Skandinavier keinesfalls die Qualität jener Gegner, mit denen sich die DBB-Auswahl auf dem Weg zu einer erhofften EM-Medaille messen muss. Teams wie jenes der Slowenen etwa, Europameister und Titelverteidiger, gespickt mit NBA-Spielern wie Luca Doncic, den viele für den derzeit weltbesten Basketballspieler halten.

Auch Herbert wollte einst ein Team um seine Besten aus der NBA basteln, doch davon ist kurz vor Turnierbeginn nicht viel übrig. Erst sagten einige Akteure wegen Überbelastung ab, dann verletzten sich Isaac Bonga und Moritz Wagner schwer. Beim Supercup erwischte es auch noch Daniel Theis und Dennis Schröder, der im Zentrum des Trainerplans steht.

Am Sonntag geht es gegen Slowenien: Die Partie wird Hinweise auf die EM-Form geben

Schröder immerhin ist wieder zurück, gegen die limitierten Schweden agierte er allerdings noch gehemmt. Die Skandinavier haben keinen Akteur in ihren Reihen, der den pfeilschnellen Spielmacher im Eins-gegen-eins-Spiel vom Korb fernhalten kann, Schröder verzichtete nun aber auf diese Duelle - vermutlich, weil er sich im Supercupspiel gegen Tschechien in solch einer Situation am Sprunggelenk verletzt hatte. Er nahm also viele Würfe aus der Distanz, was nicht zu seinen Lieblingsdisziplinen zählt. Nur zwei seiner neun Versuche fanden ins Ziel - auch die Kollegen trafen nicht besser.

Es wurde dennoch nie eng, was zum einen an den Schweden lag, die noch schlechter zielten und nur zwei ihrer 22 Dreierversuche trafen. Der verletzte Ludvig Hakanson und der ehemalige NBA-Spieler Jonas Jerebko fehlten dem Team, Jerebko wurde vom Verband suspendiert, weil er im März, inmitten des russischen Angriffskrieges, zu ZSKA Moskau wechselte. Woraufhin ihn der schwedische Verband erst zum Gespräch bat und dann ausschloss, weil Jerebkos Einstellung mit "den Werten des schwedischen Basketballs und dessen Haltung gegenüber Russland" nicht in Einklang zu bringen war.

So konnte das deutsche Team schnell einen klaren Vorsprung herauswerfen. Vor allem Franz Wagner, neben Schröder der letzte verbliebene NBA-Spieler im Aufgebot, offenbarte seine Klasse und war mit 16 Punkten Topscorer. Schröder (12) und Jonas Wohlfarth-Bottermann, der sich immer wieder Rebounds erkämpfte, trafen ebenfalls zweistellig. Bedenklich allerdings war das dritte Viertel, in dem die DBB-Auswahl gegen leidenschaftlich verteidigende Schweden nichts zustande brachte. Letztlich war die individuelle Qualität im deutschen Kader schlichtweg zu groß für diesen Gegner, am Sonntag gegen Slowenien dürfte sich das umkehren.

Schon im Supercup-Finale gegen Serbien hatten die Deutschen - allerdings ohne Schröder - eine Abreibung kassiert. Auch da saß Herbert mit leerem Blick in der Halle, damals aber trotz einer funktionierenden Spieluhr.

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