Basketball:Der Präsident klopft an die Tür

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Er kommt nach Los Angeles: Magic Johnson überredet LeBron James zum Wechsel aus Cleveland zu den Lakers. Das hat Folgen, für den jungen Deutschen Moritz Wagner sowie die gesamte Liga.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Moritz Wagner hat am Wochenende einen Vertrag unterzeichnet, und man kann schon jetzt sagen, dass er eine weise Entscheidung getroffen hat. Die Wahl der Wohngegend in Los Angeles definiert den Lebensstil, Wagner hat sich für ein gemütliches Haus am Strand entschieden, im Südwesten der kalifornischen Metropole, und die Chance, dass er tatsächlich einziehen wird, ist an diesem Wochenende erheblich gestiegen.

Das liegt an einem anderen Vertrag, den der Basketballprofi Wagner ebenfalls am Wochenende unterzeichnet hat. Die wichtige Zahl darin sind nicht etwa die 4,9 Millionen Dollar, die ihm die Los Angeles Lakers in den kommenden drei Spielzeiten bezahlen werden. Die wirklich wichtige Zahl ist die 30. Dem Reglement der nordamerikanischen Profiliga NBA zufolge dürfen die Lakers ihre erste Wahl bei der diesjährigen Talentbörse 30 Tage lang in kein Tauschgeschäft mit einem anderen Klub einarbeiten - und Wagner war ja ihre erste Wahl.

Das ist deshalb erzählenswert, weil am Samstag die so genannte Free Agency begonnen hat, eine Zeitspanne, in der vertragslose Akteure neue Teams suchen und Profis mit gültigen Kontrakten getauscht werden dürfen. Bereits nach wenigen Stunden gab es den wichtigsten Transfer dieses Sommers zu melden: LeBron James, nach allgemeinem Dafürhalten der beste Basketballspieler der Welt, wechselt von den Cleveland Cavaliers zu den Los Angeles Lakers von Moritz Wagner. James soll am Freitag einen Vertrag unterschreiben, der vier Spielzeiten lang gilt und mit 153,3 Millionen Dollar vergütet wird.

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(Foto: Mark Duncan/AP)

Es ist mal wieder so weit: In Cleveland muss, wie schon 2010 (Bild) umdekoriert werden. LeBron James geht zum zweiten Mal fort. In Los Angeles tritt er in eine Reihe mit den Großen der großen Lakers.

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(Foto: Michael Goulding/AP)

Kobe Bryant beendete 2016 seine Karriere im Trikot von Los Angeles nach 20 Saisons, ohne je bei einem anderen Klub gewesen zu sein. Wie James kam er direkt von der Highschool in die NBA.

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(Foto: dpa)

Wenn man die NBA in Spieler-Äras unterteilen möchte, folgt die Ära von James auf die von Bryant (das Bild zeigt ihn im Jahr 2009 nach dem Titelgewinn), der wiederum die von Michael Jordan vorangegangen war.

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(Foto: Mike Blake/Reuters)

An den drei Meisterschaften in den Jahren 2000, 2001 und 2002 war jedoch neben Bryant (rechts) auch Shaquille O'Neal maßgeblich beteiligt. Der Center war ein Laker von 1999 bis 2004.

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(Foto: AP)

In den Achtzigern führte der heutige Lakers-Präsident Earvin Magic Johnson (rechts, im Duell mit Ewig-Rivale Larry Bird) die so erfolgreiche wie spektakuläre "Showtime"-Offensive der Lakers an.

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(Foto: Lennox McLendon/AP)

Magic Johnson (bei den Lakers von 1979 mit Unterbrechung bis 1996) gewann mit Kareem Abdul-Jabbar (im Bild links, bei den Lakers von 1975 bis 1989) fünf Meisterschaften. Jabbar führt bis heute die NBA-Punkterangliste an.

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(Foto: Jeff Robbins/AP)

Jerry West (rechts, bei den Lakers von 1960 bis 1974), auch bekannt als "The Logo", seiner Silhouette ist das NBA-Emblem nachempfunden, führte L.A. in fünf Finals. Später reüssierte West als Manager, unter anderem der Lakers.

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(Foto: AP)

1968 stellten die Lakers West Center Wilt Chamberlain an die Seite. Gegen Boston blieb L.A. seinerzeit jedoch chancenlos. Chamberlain blieb bis 1973. Er hält bis heute Rang fünf in der Ewigenliste mit 31 419 Punkten. 381 mehr als LeBron James.

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(Foto: AP)

Als die Lakers 1958 noch in Minneapolis zu Hause waren, drafteten sie Elgin Baylor. Zwei Jahre später zog er mit den Lakers nach Los Angeles und blieb bis 1971. Ein Forward wie LeBron James, mit ähnlicher Vielseitigkeit und Athletik ausgestattet.

James hat sich bereits vor einigen Jahren für eine Wohngegend in Los Angeles entschieden, er besitzt ein Anwesen in Brentwood, einer Nobelgegend zwischen Beverly Hills und Santa Monica. Dorthin ist der Lakers-Präsident Magic Johnson am Samstagabend gefahren, eine Minute nach dem offiziellen Beginn der Free Agency klopfte er an die Haustür, um 21.01 Uhr. Johnson hat als Spieler mit den Lakers in den 1980er-Jahren fünf NBA-Titel gewonnen und die Showtime-Ära geprägt; nun soll er den wohl bekanntesten Basketball-Klub der Welt nach fünf Jahren ohne Playoff-Teilnahme zu altem Glanz zurückführen. Johnson unterhielt sich also am Samstagabend zwei Stunden lang mit James, und am Sonntagnachmittag wurde der Wechsel recht unspektakulär auf dem Twitter-Account von James' Berateragentur Klutch Sports verkündet.

Anlässlich der Entscheidung von James im Jahr 2010, von Cleveland nach Miami zu wechseln, hatte es noch ein einstündiges TV-Spektakel gegeben, und bei der Rückkehr zu den Cavaliers vier Jahre später den rührseligen Brief "I'm coming home" auf der Homepage der Zeitschrift Sports Illustrated. Und nun? Ist nicht mal eine Pressekonferenz geplant. Immerhin haben sie ihm gleich einen neuen Spitznamen gegeben in Los Angeles: LeBron James soll von nun an LAbron James heißen. Die Lakers haben am Wochenende nicht nur James und Wagner verpflichtet, sondern auch den Aufbauspieler Kentavious Caldwell-Pope, den Center JaVale McGee und den ewigen LeBron-James-Widersacher Lance Stephenson. Der Kader sieht angesichts der Jungstars Lonzo Ball, Kyle Kuzma und Brandon Ingram recht ordentlich aus, dennoch sind die Lakers noch kein Titelkandidat. Der Kern von Meister Golden State Warriors dürfte intakt bleiben, nachdem Kevin Durant angekündigt hat: "Ich würde gerne bleiben, den Rest bekommen wir schon hin." Chris Paul bleibt bei den Houston Rockets (160 Millionen Dollar für vier Jahre), Paul George trotz intensiven Flirts mit den Lakers bei den Oklahoma City Thunder (137 Millionen, vier Jahre). Die Lakers verfügen derzeit trotz James maximal über den viertbesten Kader in der Western Conference, einer der beiden Regionalgruppen der NBA.

Moritz Wagner vor einer Woche bei der offiziellen Vorstellung in Los Angeles, nachdem ihm die Lakers an Position 25 gedraftet hatten. Magic Johnson (Dritter von rechts) hört dem Deutschen interessiert zu. (Foto: Jayne Kamin-Oncea/AFP)

Nun wird dieses 30-Tage-Tauschverbot für Moritz Wagner interessant. Die Lakers würden gerne einen weiteren prominenten Akteur verpflichten, Kawhi Leonard von den San Antonio Spurs zum Beispiel, der auch gerne nach Los Angeles wechseln würde. Dafür müssten die Lakers allerdings ein Tauschgeschäft vorschlagen, das nicht nur die Spurs akzeptieren (die von einem Leonard-Transfer nach LA freilich überhaupt nichts halten), sondern auch die NBA-Verantwortlichen. Das dürfte angesichts des Gehaltsgefüges der Lakers schwierig werden, selbst für einen Mann, der Magic Johnson heißt.

Zahlreiche interessante Akteure haben bereits neue Mannschaften gefunden, Center DeAndre Jordan soll sich zum Beispiel mit dem Dirk-Nowitzki-Klub Dallas Mavericks einig sein, der Flügelspieler Trevor Ariza mit den Phoenix Suns. Die Lakers könnten sich noch um den zuletzt verletzten Center DeMarcus Cousins bemühen, oder sie warten auf die nächste Sommerpause und holen mit genügend Gehaltsspielraum den dann vertragsfreien Leonard nach Los Angeles. "Wir werden keineswegs alles riskieren in diesem Sommer", sagt Johnson: "Wir wollen hier etwas aufbauen." Das bedeutet im Jargon des 16-maligen Meisters: wieder Titel zu gewinnen.

Für Moritz Wagner sind das keine schlechten Nachrichten. Derzeit sieht es so aus, als könnte er sich hinter dem 30 Jahre alten McGee für Einsatzzeit empfehlen und an der Seite des besten Basketballspielers dieser Generation um einen Platz in den Playoffs kämpfen; die mittelfristige Zukunft der Lakers klingt jedenfalls vielversprechend. Es gibt schlechtere Konstellationen für ein Talent wie Wagner - es sei denn, es passiert noch etwas Außergewöhnliches bei den Lakers in diesem Sommer. Wagner hat das Haus am Strand vorsichtshalber nicht gekauft, sondern erst mal nur gemietet.

© SZ vom 03.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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