Basketball-Bundesliga:Trinchieris Geist

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Anlehnungsbedürftig: Münchens Center Jalen Reynolds (links) versucht, seinen Hamburger Widerpart Marvin Ogunsipe zu verschieben. (Foto: Markus Fischer/Passion2Press/Imago)

Auch ohne den Chefcoach und etliche Stammspieler gewinnt der FC Bayern München gegen die Hamburg Towers. Dabei spart das Team noch Kräfte für die nächste Aufgabe.

Von Joachim Mölter, München

Es ist nicht übertrieben, zu behaupten, der chronisch impulsive, emotionale und laute Trainer Andrea Trinchieri niste sich in den Köpfen seiner Spieler ein. "Sein Geist ist immer bei uns", bestätigte jedenfalls Jalen Reynolds, der Center der FC-Bayern-Basketballer, am Sonntagnachmittag bei Magentasport, als Trinchieri ausnahmsweise mal nicht leibhaftig bei seiner Mannschaft in der Halle weilte, sondern nur bildlich als Pappaufsteller. Wegen nicht näher erklärten "familiären Dingen" hatte sich der Italiener entschuldigt für die Bundesliga-Begegnung mit den Hamburg Towers. Seine Anwesenheit war freilich ebenso wenig nötig wie das Mitwirken der Stammspieler Wade Baldwin, Vladimir Lucic und Nihad Djedovic. Auch ohne einen Großteil der Leistungsträger reichte es zum neunten Sieg im elften Ligaspiel, 85:71 (48:37).

Zwei Tage nach dem erst in der Verlängerung 76:81 (72:72, 34:39) verlorenen Euroleague-Spitzenspiel gegen Real Madrid empfingen die Münchner ihre Gäste am Sonntag fast schon mit ihrem letzten Aufgebot, nämlich mit nur zehn statt der zwölf erlaubten Profis. Djedovic (muskuläre Probleme), Robin Amaize (Wade) und Zan Mark Sisko (Adduktoren) sind angeschlagen, der gerade nach längeren Rückenproblemen ins Team zurückgekehrte Lucic wurde ebenso geschont wie der viel strapazierte Spielmacher Wade Baldwin. Vor allem die beiden Letztgenannten werden dringender gebraucht, wenn der FC Bayern am Donnerstag bei Olimpia Mailand seinen Playoff-Platz im europäischen Wettbewerb verteidigen will.

Flaccadori trägt sich in fast jede Spalte der Statistik ein

Für Trinchieri übernahm am Sonntag dessen Landsmann Adriano Vertemati das Coaching an der Seitenlinie, für die verhinderten Regisseure Baldwin und Sisko durfte Diego Flaccadori ausnahmsweise mal längere Zeit das Spiel auf dem Feld gestalten. Der Italiener machte das ganz ordentlich, er trug sich mit zwölf Punkten, fünf Rebounds, vier Vorlagen, zwei Ballgewinnen und einem geblockten Wurf (bei drei Ballverlusten) in fast alle Statistik-Spalten des Spielberichtsbogens ein. Ähnlich vielseitig agierte noch der unermüdliche Nick Weiler-Babb - 13 Punkte, drei Rebounds, sechs Assists.

Wie bei der Niederlage gegen Madrid war jedoch Jalen Reynolds der erfolgreichste Punktesammler der Münchner. Den 18 Punkten vom Freitag ließ er diesmal 15 folgen, genauso viele wie D.J. Seeley. Dabei hatte Reynolds gegen Real Madrid ganz schön ackern müssen, sein Gegenspieler war die meiste Zeit der 13 Zentimeter größere Walter Tavares, und der machte den FC-Bayern-Basketballern schwer zu schaffen. Er erzielte 26 Punkte und sammelte neun Rebounds ein. "Wir haben keine Möglichkeit gefunden, ihn zu stoppen", sagte Trainer Trinchieri, "aber wir sind nicht die einzigen, die dieses Problem haben." Dem 2,20-Meter-Mann von den Kapverdischen Inseln hat ja tatsächlich kaum ein Klub in Europa etwas Gleichwertiges entgegenzusetzen.

Der Sonntagsbesuch aus Hamburg nennt sich zwar "Towers", also Türme, hatte aber im 2,11 Meter großen Center Maik Kotsar nur einen wirklich herausragenden Mann mitgebracht. Und den hatte Reynolds gut im Griff: Der Este kam bloß auf sechs Punkte. Dem FC Bayern genügte es, nur einmal kurz das Tempo anzuziehen, im zweiten Viertel, das er 27:18 gewann. Diesen Vorsprung verwalteten die Profis dann kräfteschonend bis zum Schluss. Ihr sonstiger Antreiber und Einpeitscher stand ja nicht leibhaftig an der Seite, nur im Geiste.

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