Bamberg:Lombardischer Feuerentzünder

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Als Spieler nicht talentiert genug, als Trainer schon: Federico Perego. (Foto: imago)

Mit dem Pokalsieg hat Federico Perego halbwegs die Saison gerettet. Nun wollen Bambergs Basketballer auch ins Finale der Champions League einziehen - und es gewinnen.

Von Joachim Mölter

Spätestens als der 18 Jahre alte Este Henri Drell ins Spiel kam, war klar, dass Bambergs Trainer Federico Perego das Spitzenspiel der Basketball-Bundesliga beim FC Bayern nicht mehr mit aller Gewalt gewinnen wollte. Sechs Minuten waren am Dienstagabend noch zu spielen, die Gäste aus Bamberg lagen knapp zurück, 65:73, aber wenn ein Teenager wie Drell zum Einsatz kommt, bedeutet das in der Regel, dass der Coach die Partie verloren und lieber dem Nachwuchs Spielpraxis gibt. "Wir wussten, dass am Wochenende wichtige und schwere Spiele für uns anstehen", erklärte Perego nachher, "daher haben wir später versucht, mit den Jungen dagegen zu halten." Die fielen zumindest nicht weiter zurück, am Ende verlor Bamberg 78:85.

Immerhin hatte Federico Perego beim Vergleich mit dem Meister und Tabellenführer den Eindruck gewonnen, dass sein Team bereit ist für die wichtigen und schweren Spiele am Wochenende. Im Champions-League-Halbfinale trifft Brose Bamberg am Freitag (18.30 Uhr) auf Virtus Bologna; später ermitteln Gastgeber Antwerpen und Teneriffa den zweiten Teilnehmer des Endspiels am Sonntag. Im Hinblick darauf war es Perego wichtig, dass sich in München keiner seiner Stammkräfte mehr verletzt. Flügelspieler Patrick Heckmann fand trotz der Niederlage: "Wir haben gut gespielt, das sind gute Voraussetzungen fürs Final Four."

Zuletzt hatten die Bamberger ja etwas Sorgen gemacht. Nachdem sie vor einem Monat Titelverteidiger AEK Athen im Champions-League-Viertelfinale entthront hatten, mussten sie siebenmal in der Bundesliga antreten, fünfmal davon auswärts - dort verloren sie jedes Mal. "Es ist menschlich, dass man mental ein bisschen zurückfährt", versuchte Heckmann das Zwischentief zu erklären. Trainer Perego sagt: "Wir wussten, dass April ein schwieriger Monat wird."

Dennoch zehrten die Niederlagen offensichtlich auch an seinen Nerven. Nach dem unglücklichen 95:96 in Ludwigsburg regte sich Perego jedenfalls so arg über die Schiedsrichter auf, dass ihm die Liga eine Geldbuße in Höhe von 2000 Euro und ein Spiel Sperre aufbrummte - eine Strafe, mit der er glimpflich davon kam, wie Ohrenzeugen des Disputs finden. In der Bundesliga kommt Bamberg jedenfalls nicht mehr voran, als Fünfter mit 40:22 Punkten hat das Team keine Aussicht, noch einen Platz gutzumachen, bevor Mitte Mai die Playoffs um den Titel beginnen. Das bedeutet: Der einstige Serienmeister wird erstmals in diesem Jahrzehnt keinen Heimvorteil haben in den K.-o.-Runden. Dem Trainer Perego kann man das nicht vorwerfen: Er hat nach einem verkorksten Saisonstart ja sogar den weiteren Rückschritt verhindert.

Nach einer 67:85-Heimniederlage gegen Aufsteiger Rasta Vechta hatte der Klub im Januar den Cheftrainer Ainars Bagatskis entlassen und dessen Assistenten Perego damit betraut, die Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen - der Italiener schaffte das im Handumdrehen. "Ich habe im Grunde nur das Feuer wieder entzündet", findet er. Vier Wochen nach seiner Beförderung gewannen die Oberfranken den deutschen Pokal, 83:82 gegen Alba Berlin, und Kapitän Elias Harris bescheinigte dem neuen Chef "enormen Einfluss" gehabt zu haben: "Er hat wieder für Struktur gesorgt. Und er hat auch die Philosophie zurückgebracht, die Bamberg ausmacht." Als der Klub ins Champions-League-Halbfinale eingezogen war, schwärmte Routinier Nikos Zisis, 35: "Er mag zwar jung sein, aber er hat die ganze Mannschaft verändert."

Der 34 Jahre alte Perego, ein gebürtiger Lombarde, hat ja Erfahrung. "Ich habe Basketball immer geliebt", sagt er; Perego war bloß nicht talentiert genug für eine Laufbahn als Spieler, deshalb schlug er früh den Weg als Trainer ein. Seit fünf Jahren arbeitet er in Bamberg, sein Landsmann Andrea Trinchieri brachte ihn mit, als er den Posten des Chefcoaches übernahm. Trinchieri hatte Perego bereits dessen ersten Job als Co-Trainer verschafft, 2008 beim Zweitligisten Prima Veroli. "Ich habe fast meine ganze Karriere mit Andrea zusammengearbeitet und viel von ihm gelernt", sagt Perego. Doch als Trinchieri im Februar 2018 entlassen wurde, blieb er bei Brose und machte unter dessen Nachfolger Luca Banchi weiter. Als dann zu Saisonbeginn der Lette Bagatskis als neuer Chef kam, ordnete sich Perego erneut unter.

Nach seiner Beförderung machte er sich dann unaufgeregt ans Werk. "Trinchieri und auch Banchi zwingen ihre Assistenztrainer, wie Cheftrainer zu denken - davon profitiere ich jetzt", erklärt er: "Ich habe auf das zurückgegriffen, was früher geklappt hat, und ein paar neue Sachen dazugefügt, weil wir ja auch neue Leute haben." Zum Beispiel den Amerikaner Tyrese Rice, einen "sehr, sehr smarten Spieler, der weiß, was man tun muss", wie Perego sagt - mithin lässt er dem 31-Jährigen viele Freiheiten. Aber im Grunde mag Perego keinen hervorheben: "Nach der Entlassung von Bagatskis hat jeder die Situation verstanden und einen Zahn zugelegt."

Mit dem Pokalsieg hat Perego Bambergs Saison schon halbwegs gerettet, die Trophäe in der hinter Euroleague und Eurocup einzuordnenden Champions League wäre ein weiterer glänzender Erfolg. Und ein prima Argument für einen neuen Vertrag. Im Moment warten die Verantwortlichen in Bamberg ab. Sie wollen erst mal sehen, ob die Spieler nicht nur gute Worte für ihren jungen Coach einlegen, sondern auch noch ein paar gute Taten folgen lassen.

© SZ vom 03.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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