Augsburg zum 2:2 -:Fataler Pfiff

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Eine fragwürdige Entscheidung des Schiedsrichters beschert dem FC Augsburg den Ausgleich. Am Ende fühlen sich alle benachteiligt.

Von Frank Hellmann, Darmstadt

Die wärmenden dunkelblauen Wollmützen hatten sich die Akteure des SV Darmstadt 98 noch ein Stück tiefer ins Gesicht gezogen, als sie in Reih und Glied wieder zum Auslaufen den zugigen Weg unter der Haupttribüne ins Freie antraten. Beobachter konnten dies auch als Zeichen des Frustes werten, der rund ums Stadion am Böllenfalltor nach Spielschluss herrschte. Es hatte am Nachmittag ja wieder nicht zu einem Heimsieg der Lilien gelangt, die sich im Abstiegskampf gegen den FC Augsburg trotz 2:0-Pausenführung schlussendlich mit einem zwar leistungsgerechten, aber ärgerlichen 2:2-Remis begnügen mussten.

"Wir müssen uns einfach cleverer anstellen. Wir haben einen Sieg hergeschenkt", schimpfte Stürmer Sandro Wagner, der sich abermals in der Einschätzung bestätigt sah, "dass in der Bundesliga jeder Fehler brutal bestraft wird." Über Schiedsrichter Bastian Dankert wollte der ziemlich erzürnte Torjäger nichts sagen: "Bevor ich eine Geldstrafe zahle, kaufe ich mir lieber eine neue Uhr." Der Referee aus Schwerin lag in der umkämpften Begegnung gleich zweimal grundfalsch.

Aus unerfindlichen Gründen erkannte der 35-Jährige den regelgerechten Ausgleich durch Caiubys Kopfball in der 77. Minute nicht an. Noch fragwürdiger war es dann aber, auf den Elfmeterpunkt zu zeigen, nachdem Darmstadts Sandro Sirigu gegen Ja-Cheol Koo den Arm ausgefahren hatte (89.). "Er trifft mich im Rücken mit dem Ellbogen", meinte der Südkoreaner zwar gefühlt zu haben, doch der eingewechselte Sirigu widersprach sofort: "Ich habe mir die Szene einige Male angesehen und kann nur sagen, was ich im Spiel gefühlt habe: Das war nie ein Elfmeter!"

Macht sich Luft: Augsburgs Trainer Markus Weinzierl (l.) schleudert seine Jacke zu Boden. (Foto: Alexander Scheuber/Getty Images)

"Den Kontakt, der zu unserem Elfmeter führt, pfeift nicht jeder"

Auch beide Trainer nahmen auf der Pressekonferenz gleichlautende Positionen ein, die kaum eine öffentliche Widerrede duldeten. "Mir ist unerklärlich, warum das Tor von Caiuby abgepfiffen wird", sagte FCA-Trainer Markus Weinzierl. Der 41-Jährige sieht sich und sein Team ja in ziemlicher Regelmäßigkeit von den Unparteiischen benachteiligt. Aber am Ende hatte Augsburg von einer strittigen Schiedsrichterentscheidung profitiert. Weinzierl sagte: "Den Kontakt, der zu unserem Elfmeter führt, pfeift nicht jeder." Den letztendlich glücklichen Punkt nannte er "wichtig und verdient". Aber ungeachtet dessen würden sich die Wahrnehmungsfehler zu sehr häufen, sagte Weinzierl und nutzte die Gelegenheit wieder einmal für ein Plädoyer in Sachen Videobeweis. "Wir brauchen eine Hilfestellung - beim Videobeweis hätte es keine zehn Sekunden gedauert, das zu klären", sagte er.

Kollege Dirk Schuster pflichtete ihm bei: "Das eine war ein reguläres Tor, da kann auch ich nicht viel erkennen." Den fatalen Pfiff, der zum 2:2 durch den von Alfred Finnbogason sicher verwandelten Elfmeter führte (90.), wollte Schuster dennoch nicht einfach als "Konzessionsentscheidung" abhaken. Denn: "In den letzten sechs Spielen gab es fünf klare Entscheidungen gegen uns. Wir haben bisher immer schön die Fresse gehalten, aber jetzt müssen wir das auch mal thematisieren."

Die Augsburger spielen zunächst wie staunende Statisten

Dabei hatte auf dem zu Wochenanfang neu verlegten Rollrasen in einer "sehr guten ersten Halbzeit" (Schuster) alles bestens für den kämpferisch und anfangs auch spielerisch überzeugenden Aufsteiger begonnen: Beim 1:0 profitierte Mario Vrancic davon, dass FCA-Keeper Marwin Hitz einen Schuss von Florian Jungwirth nicht optimal abwehrte (13.). Beim 2:0 demonstrierte Wagner wuchtige Entschlossenheit, als der immerhin 90 Kilo schwere 1,94-Meter-Mann per Flugkopfball zu seinem zehnten Saisontreffer kam (40.). Die Gäste verhielten sich nicht nur in dieser Situation wie staunende Statisten. "Das war alles ein Stück weit zu behäbig", kritisierte auch Manager Stefan Reuter, "diese Halbzeit hat keinem gefallen."

Der Europa-League-Teilnehmer blieb im ersten Durchgang fast alles schuldig, was die Berechtigung erbrächte, in der Bundesliga zu bleiben. Treffendes Statement des verletzten Darmstädter Stürmers Dominik Stroh-Engel im Halbzeitinterview: "Mich wundert ein bisschen die Susi-Sorglos-Mentalität der Augsburger." Erst als der aufgebrachte Weinzierl ("Die erste Halbzeit haben wir verschlafen") in der Pause eine Standpauke hielt, die durch die dünnen Wände bis zum Presseraum drang, legten die Gäste ihre Lethargie ab.

Es brauchte dann einen feinen Fernschuss von Markus Feulner zum 1:2-Anschlusstreffer (63.), um die turbulente Schlussphase einzuleiten, in der fast ausschließlich die bayerischen Schwaben am Drücker waren. So krude es klingt: Erst Dankerts irrtümlicher Fingerzeig zum Strafstoßpunkt sorgte letztlich für Gerechtigkeit. "Wir können uns als moralischer Sieger fühlen", erklärte Feulner und fügte dann das Fazit des Tages an: "In dem Spiel war so viel drin, da konnte keinem langweilig werden."

© SZ vom 13.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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