Augsburg - Bremen (15.30 Uhr):Weihnachten im Februar

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Talent auf Umwegen: Nach Stationen in Dortmund, Stuttgart und Rom ist Moritz Leitner (Mitte) wieder beim FC Augsburg angekommen. (Foto: imago/Krieger)

Moritz Leitner gilt seit Jahren als großes Talent. So mancher Trainer sah in ihm aber nur einen Jungen mit großer Klappe. In Augsburg muss er nun sein Können unter Beweis stellen.

Von Max Ferstl, München

Vor ziemlich genau zwei Jahren hatte Moritz Leitner eine Begegnung der unangenehmen Art. Leitner, damals 22, geriet mit Huub Stevens aneinander, der damals den VfB Stuttgart trainierte. Leitner hatte sich in einem Trainingsspiel wieder einmal über eine Entscheidung des Schiedsrichters, Stevens, beschwert. Diesmal platzte dem Trainer der Kragen: "Immer diese Klappe! Geh laufen!", brüllte Stevens über den Platz: "Und morgen läufst du um sechs." Zwar tauchte Leitner am nächsten Morgen zum Straftraining auf, doch sein Bild hatte sich längst verfestigt. Leitner, hieß es, befinde das durchschnittliche Stuttgart nicht für gut genug für sein überdurchschnittliches Talent.

Ende Januar hat Leitner nun einen Vertrag beim FC Augsburg unterschrieben. Einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Bundesligaklub. Es sei "wie Weihnachten", erklärte Leitner: "Für mich geht ein Traum in Erfüllung." Der inzwischen 24-Jährige klingt genügsam. Leitner dürfte wissen, dass sich die vergangenen Jahre nicht unbedingt karrierefördernd ausgewirkt haben; dass die Bundesliga längst über neue Talente staunt. Und dass es für ihn allmählich Zeit wird, den Talent-Status abzulegen.

"Er ist ein herausragendes Talent, wie es nur ganz wenige gibt"

Dass das nicht so einfach ist, liegt auch daran, dass begabte Nachwuchsfußballer oft hören, wie toll sie mit dem Ball umgehen können - und weniger oft, was ihnen noch fehlt. "Er ist ein herausragendes Talent, wie es nur ganz wenige gibt", sagte Jürgen Klopp 2011, damals Trainer bei Borussia Dortmund über Leitner. Der Mittelfeldspieler gilt als technisch stark, flexibel einsetzbar, mit einem Auge für den Mitspieler. Deshalb war der BVB im Januar 2011 bereit, 600 000 Euro an 1860 München zu überweisen.

Die Dortmunder waren froh, sich die Dienste des vielversprechenden Talents gesichert zu haben. Und Klubs wie Augsburg, mit denen Leitner 2011 aus der zweiten in die erste Liga aufstieg, oder anfangs auch Stuttgart freuten sich, den jungen Mittelfeldspieler ausleihen zu dürfen. Es wurde diskutiert, für welche Nationalmannschaft Leitner, Vater Deutscher und Mutter Österreicherin, spielen werde. Leitner, der stets nach den höchsten Zielen strebte, wollte sich lieber in Deutschland durchsetzen. Für den DFB hat er ab der U19 alle Auswahlmannschaften durchlaufen. Dass Leitner bis heute weder ein A-Länderspiel für Deutschland noch für Österreich absolviert hat, belegt: Die Karriere, die so vielversprechend begann, hat in den vergangenen Jahren einige Umwege genommen.

Der Wechsel nach Rom wirkte wie eine Flucht

Als er von Stuttgart nach Dortmund zurückkehrte, beorderte ihn der neue Trainer Thomas Tuchel in die Amateurmannschaft. Im vergangenen Sommer erklärte Tuchel Leitner dann, dass er nicht weiter mit ihm plane. Der anschließende Wechsel nach Italien zu Lazio Rom wirkte beinahe wie eine Flucht. Er kam in der Hinrunde nur zu zwei Kurzeinsätzen. Früher haben alle an dem Talent Leitner gezerrt, im Winter glich das Interesse eher einem sachten Zupfen. Stefan Reuter, Augsburgs Geschäftsführer, sagt, er habe in den vergangenen Jahren oft über Leitner nachgedacht: "Aber bei der Konkurrenz Lazio Rom oder Borussia Dortmund war es schwer für uns, ihn für den FC Augsburg zu gewinnen." Diesmal dürfte es Reuter vergleichsweise einfach gefallen sein.

Am Sonntag gegen Bremen wird Leitner wohl auf der Bank sitzen, doch der Entscheidung von Trainer Manuel Baum ging keine unangenehme Begegnung voraus, auch kein zu forscher Spruch. Leitner, sagte Baum, fehle es noch an Wettkampfhärte. Bald will er ihn einsetzen, ganz bestimmt.

© SZ vom 05.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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