American Football:Krokodile im Herzen

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"Wir haben da Riesenschritte gemacht in Deutschland. Als ich Football gespielt habe, ging es vor allem darum, wer wen besser umhauen kann": Jan Stecker, hier als Moderator eines Landesligaspiels in Nürnberg, freut sich über die Entwicklung seines Lieblingssports. (Foto: Sportfoto Zink/Imago)

An diesem Samstag treffen sich die U19-Junioren der Cologne Crocodiles und der Fursty Razorbacks zum entscheidenden Duell um die deutsche Meisterschaft. Auch für Klub-Präsident, Spieler-Vater und Football-Moderator Jan Stecker ist das Spiel speziell.

Von Christoph Leischwitz

Vor gut vier Jahren trat Jan Steckers Sohn in die Football-Stapfen des Vaters. "Und da habe ich mich natürlich umgehört, welches Programm im Raum München das beste ist", erzählt der Papa heute. Die Antwort der Freunde fiel einhellig aus: die Fursty Razorbacks. Also fuhr er den jungen Felix fortan regelmäßig aus der Nähe von Ismaning nach Fürstenfeldbruck zum Training. Und wo er schon mal da war und sich die zwischenzeitliche Heimfahrt gar nicht lohnte, entschloss sich der ehemalige Bundesligaspieler und Stadionsprecher, der heute vor allem als NFL-Fernsehmoderator bekannt ist, bei den Razorbacks ein bisschen als Trainer auszuhelfen. So wurde die Familie Stecker Teil der eingeschworenen Razorbacks-Familie, obwohl sie in der Zwischenzeit nach Nordrhein-Westfalen umgezogen ist.

An diesem Samstag nun kommt es zu einem "Traumfinale", wie Stecker senior sagt: Die U19 der Cologne Crocodiles, bei denen er der Präsident ist, empfängt die Razorbacks zum entscheidenden Spiel um die deutsche Meisterschaft (13 Uhr). Für die Kölner ist es die zehnte Teilnahme am "Junior Bowl", sie sind außerdem seit 2019 Titelverteidiger, weil vergangene Saison coronabedingt nicht gespielt wurde. Für die Razorbacks ist es die Premieren-Teilnahme. Felix Stecker dürfte noch vor Kurzem kaum zu träumen gewagt haben, im letzten Spiel der Saison einem seiner besten Kumpels "direkt gegenüber" zu stehen, wie der Papa sagt. Der Filius steht als Tight End für die Kölner auf dem Feld, sein Brucker Spezl als Defensive End in der Wildschwein-Abwehr.

Nun mag Stecker sogar einen kleinen Anteil daran haben, dass die Razorbacks mit der ältesten Jugendmannschaft um den Titel spielen, ehe ein Großteil des Teams im Zweitliga-Erwachsenenkader aufgeht. Insgesamt ist es aber das Ergebnis einer beständigen, in gutem Ruf stehenden Jugendarbeit. Und das, während sich drumherum das Niveau erheblich verbessert hat, wie Stecker glaubt. "Wir haben da Riesenschritte gemacht in Deutschland", sagt er, "als ich Football gespielt habe, ging es vor allem darum, wer wen besser umhauen kann. Davon sind wir heute weit entfernt."

"Ich würde sagen, Deutschland hat da schon ungefähr den Stellenwert einer amerikanischen High School. " Das Land insgesamt, wohlgemerkt

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Junioren-Trainer nun in der zweiten Generation sind und ihre eigene Erfahrung als Spieler einbringen. Als Beispiel aus dem eigenen Klub nennt Stecker Peter Heyer, der seinerzeit in der NFL Europe spielte und nur knapp den Sprung in die US-Profiliga verpasste. Außerdem bringen schon so viele deutsche Spieler genügend Talent mit, dass immer mehr von US-Colleges eingeladen werden. "Ich würde sagen, Deutschland hat da schon ungefähr den Stellenwert einer amerikanischen High School", sagt Stecker. Das Land insgesamt, wohlgemerkt. Aber immerhin.

Im Junior Bowl treffen nun zwei Mannschaften aufeinander, die all dies repräsentieren: beide besitzen eine starke, athletische Abwehr. Beide Offensivreihen spielen einen traditionellen, gerne als "powerhouse" bezeichneten Football, kraftbetont also, mit einem Schwerpunkt auf dem Laufspiel und dem Blocken. "Das macht in der Jugend auch Sinn", sagt Stecker, weil es vor allem die Quarterbacks, die Passwerfer, sind, die im Vergleich zu den USA in der Entwicklung noch hinterherhinken. Gleichzeitig sind beide Teams aber auch gut genug gecoacht, um sich spontan für einen geworfenen Ball entscheiden zu können, was eine Offensive dann sehr viel unberechenbarer macht.

Stecker schwärmt noch heute vom Teamgeist, der bei den Razorbacks herrsche, doch für ihn ist schon recht eindeutig, dass am Samstag ein Crocodiles-Herz in seiner Brust schlägt. Schließlich spielte der Präsident einst auch selbst für den Klub, dem er heute vorsteht, und sein Sohn soll deutscher Meister werden. "Ich war neulich nochmal mit Brucks Trainer Butch Dohrmann beim Essen, wir haben das Thema nur gestreift", sagt er lachend. Nach dem Spiel wird Stecker dann wieder als Moderator bei ProSieben Maxx zu sehen sein. Er befinde sich in einer Art Vorruhestand und könne es sich leisten, sich nur noch mit Football zu befassen, sagt der 61-Jährige. So etwas ist in Deutschland mittlerweile schon möglich.

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