American Football:Im Insolvenzverfahren zum Titel

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Frankfurt Universe kämpft am Wochenende um die deutsche Meisterschaft. Dabei hat der Klub schon im vorigen Jahr kein Geld mehr gezahlt.

Von Christoph Leischwitz

Ein Grund für seine Kündigung sei ihm nie mitgeteilt worden, sagt Markus Grahn. Der 49-Jährige war knapp zehn Jahre lang Trainer der Frankfurt Universe (früher Frankfurt Galaxy), als seine Gehaltszahlungen ausblieben, stellte er eine Frist. Diese lief am 15. Oktober vergangenen Jahres aus. Am 16. Oktober erfolgte der Rauswurf. Per Telefon.

Zwar freut sich Markus Grahn nun für einige seiner ehemaligen Spieler, dass sie am Samstagabend (18 Uhr) im Berliner Jahn-Sportpark vor den erwarteten 15 000 Zuschauern die Chance haben, deutscher Meister im American Football zu werden. Doch er findet es trotzdem nicht in Ordnung, dass die Mannschaft im German Bowl steht, dem Finale gegen Titelverteidiger Schwäbisch Hall Unicorns. "Es wäre fairer gewesen, kleinere Brötchen zu backen", sagt er.

Frankfurt Universe ist ein Titelaspirant, der zugleich in einem Insolvenzverfahren steckt. Ein Football-Kader ist groß, zusammen mit Trainern und Angestellten handelt es sich bei Universe um rund 80 Personen. Diese wurden von April bis Juni von der Bundesagentur für Arbeit bezahlt. Vor allem geht es dabei um die überwiegend amerikanischen Spieler, die hauptberuflich angestellt sind. Nach SZ-Informationen belaufen sich die Zahlungen der Agentur an Spieler und Trainer auf insgesamt rund 120 000 Euro. Darüber hinaus stehen Zahlungen von bis zu 1,7 Millionen Euro an 270 Gläubiger aus - die zum Großteil wohl nicht erfolgen werden.

Viele dieser Gläubiger sind stocksauer auf die Geschäftsführung der Universe, weil sie ihrer Meinung nach angelogen und über die finanziellen Verhältnisse im Unklaren gelassen wurden - und das schon, bevor der Etat 2018 geplant war. Zu ihnen gehört etwa Volker Schenk, ein ehemaliger Profi zu Galaxy-Zeiten, der in der Saison 2017 als Stadionsprecher engagiert worden war. Er hat bis heute kein Geld gesehen, ebenso wie der TV-Journalist Florian Schmidt-Sommerfeld, der dann auch nur vier von zwölf geplanten Episoden für "Universe TV" abdrehte. Schenk ist beim deutschen Fernsehsender ProSieben Maxx Experte bei den Übertragungen von Partien der US-Liga NFL; Schmidt-Sommerfeld war dort bis vor kurzem noch sein Kollege, heute kommentiert er für Sky. Diese beiden Fälle sind nur Beispiele dafür, dass die Frankfurter Insolvenz in gewisser Weise die gesamte deutsche Football-Gemeinschaft betrifft, in der sich viele gut kennen.

Der Insolvenzverwalter verteidigt die Entscheidung, dass der Spielbetrieb weiterging. "Durch die Fortführung habe ich die Möglichkeit, eine Quote an die Insolvenzgläubiger zu zahlen", sagt der Frankfurter Anwalt Thomas Rittmeister. Bei den meisten Großgläubigern handele es sich zudem um Organisationen, die ein Interesse daran hätten, dass die Football-Mannschaft in irgendeiner Form bestehen bleibt. Wie zum Beispiel der Fußballverein FSV Frankfurt, der sein Stadion an die Footballer vermietet. Die meisten Gläubiger aber sind ehemalige Dauerkarten-Inhaber. Insgesamt hatte der Verein knapp 800 Jahreskarten verkauft, diese wurden aufgrund der Insolvenz nichtig.

Nicht nur Gläubiger waren dafür, dass Universe weiterspielt, selbst die Gegner, bei denen der Klub nicht gerade beliebt ist. Sie befürchteten vor der Saison ihrerseits finanzielle Ausfälle wegen Spielabsagen - und waren froh, dass es nicht dazu kam. Nachdem Universe-Hauptsponsor Samsung zum Ende des Jahres nun endgültig aussteigt, sollen andere, wenn auch kleinere Geldgeber Interesse gezeigt haben, dem Verein zu helfen - sie taten es schon jetzt, mit Zahlungen während der Playoffs.

Die erfolgreichen Playoff-Partien haben dem Klub neuen Schwung gebracht. Der German-Bowl-Neuling gilt gegen die Unicorns zwar als Außenseiter. Doch sein Defensiv-Coach Thomas Kösling sagt, nach dem ersten Schock zu Beginn könne man jetzt sogar von einer Euphorie sprechen. Die Spieler wüssten nicht, was kommende Saison passieren wird, und das schweiße das Team sogar zusammen. Das Standing der Footballer, so die Hoffnung, könnte sich mit einem Meistertitel wieder erheblich verbessern.

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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