Tennisspieler Alexander Zverev:Siegertyp mit irrsinnig langen Beinen

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Plötzlich Siegertyp: Alexander Zverev (Archivbild). (Foto: dpa)

Ausgerechnet in seiner Heimatstadt Hamburg erlebt Alexander Zverev die tollsten Tage seines jungen Profilebens. Am Rothenbaum schlägt der 17-Jährige einen höher eingeschätzten Spieler nach dem anderen - und kann sich das selbst nur schwer erklären.

Von Carsten Eberts, Hamburg

Wenn Alexander Zverev den Rothenbaum betritt, wird es laut, ungewöhnlich laut. Zum Kopfschütteln laut für einen jungen Mann, der noch ein Teenager ist und gerade seine ersten Spiele auf der ATP-Tour gewinnt.

Zverev, 17, stakst mit seinen irrsinnig langen Beinen auf den Court, zuppelt sich sein Stirnband zurecht, das ihn noch jünger aussehen lässt, als er ist. Er winkt ins Publikum, plaudert mit seinem Einlaufkind. Dann schlägt er seine ersten Bälle, und jeder kann erahnen, was in diesem Burschen steckt.

Zverev wurde in Hamburg geboren, der Rothenbaum ist sein Heimturnier - und er erlebt gerade die tollsten Tage seines jungen Profilebens. Am Mittwoch schlug er hochüberraschend den Russen Michael Juschni, am Donnerstag folgte der Sieg über den Kolumbianer Santiago Giraldo. Er steht nun im Viertelfinale. "Das ist unglaublich momentan", sagt Zverev.

Tennisspieler Alexander Zverev
:Achtelfinale mit 17

Alexander Zverev bezwingt auch Michail Juschni: Der junge Hamburger setzt sich beim Tennisturnier am Rothenbaum in zwei Sätzen überraschend gegen den gesetzten Russen durch - und feiert seinen bisher größten Erfolg auf der ATP-Tour.

Zverev ist erst 17, doch es ist tatsächlich eine Freude zu sehen, wie unbekümmert er seinem Beruf als Tennisspieler nachgeht. Er schläft nicht etwa im Spielerhotel und geht abends auf die Playersparty, wenn er hier ist, sondern bleibt daheim, bei seinen Eltern. Dafür muss er sich von seinem großen Bruder Mischa, der auch Tennisprofi ist, manchen Spruch anhören.

Die Liebesbeziehung zwischen Zverev und Hamburg ist gegenseitig. Michael Stich, der frühere Wimbledon-Champion, ist hier der Turnierdirektor. Er ist einer der größten Fans des 1,93-Meter-Schlackses. Stich hatte Zverev schon im vergangenen Jahr mit einer Wildcard ausgestattet, damals scheiterte der Jungspund, gerade 16, noch glatt in der ersten Runde.

Doch Stich ließ sich nicht entmutigen, stellte Zverev trotz Weltranglistenplatz 285 auch für die 2014er-Ausgabe eine Sonderstartberechtigung aus - und wird belohnt. In der ersten Runde brauchte Zverev gegen den Niederländer Robin Haase (Weltranglistenplatz 51) gerade 56 Minuten, um in die zweite Runde zu stürmen. Dort folgte sein bislang größter Coup gegen Juschni, die Nummer 22 der Welt, in zwei Sätzen, 7:5, 7:5.

Etwas entrückt holte sich Zverev danach die Ovationen des Hamburger Publikums ab. Er verfolge dieses Turnier seit seinem zweiten Lebensjahr, sagte Zverev: "Ich weiß gar nicht, was hier los ist."

Zverev ist einer dieser Spieler, denen eine große Zukunft bescheinigt wird. Das größte deutsche Talent seit Boris Becker, dieses Prädikat musste sich Zverev schon häufiger anheften lassen. Auch Stich preist ihn, wo er nur kann. "Ich bin sicher, dass er bei den Großen mitmischen kann", sagte sogar John McEnroe kürzlich, und der lobt gewiss nicht jeden.

Lange war Zverev der Typ mit den guten Anlagen und den verdammt langen Beinen, vor dem eine große Zukunft liegt. Jetzt ist Zverev der Typ mit den guten Anlagen und den langen Beinen, der plötzlich Spiele auf der ATP-Tour gewinnt. Der Erfolg über Juschni beförderte ihn ins Achtelfinale, dort bekam er es mit Giraldo zu tun - es wurde sein nächster guter Aufritt.

Zwar begann Zverev nervös, donnerte schon im zweiten Aufschlagspiel sein Racket auf den Sand, fing sich aber schnell. Mit zunehmender Dauer schickte er Giraldo (auch er ist in der Weltrangliste deutlich vor Zverev platziert) wirksamer in die Ecken, vollführte seinen mächtigsten Schlag - die beidhändige Rückhand - immer präziser. 6:4 gewann er den ersten Satz, 7:6 (8:6) den zweiten.

Sein erster Turniersieg vor zwei Wochen beim Challenger-Turnier in Braunschweig war ein Achtungszeichen. Doch der Viertelfinaleinzug am Rothenbaum ist nochmal eine andere Nummer. Nicht körperlich, sondern mental sei das Turnier eine Herausforderung für ihn, erzählte Zverev: "Jeden Tag ein neues Match gegen einen Top-50-Spieler, das ist schon schwer." Bislang hat er sie alle bezwungen.

Am Freitag spielt er gegen Tobias Kamke, mit dem er gut befreundet ist, dann erlebt der Rothenbaum das erste Hamburger Duell der jüngeren Geschichte. Was er denn tun werde bis zu seinem Viertelfinale am Freitag, wurde er gefragt. Zverevs Antwort, und die klang absolut ehrlich: "Schlafen."

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