Snowboard:Mit traurigem Smiley

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Ramona Hofmeister fällt nach einem Bandscheibenvorfall lange aus - bis zur WM will sie aber wieder fit sein.

Von Johannes Kirchmeier

Es war nur ein Stich, der ihr in den Rücken schoss. Doch der war so heftig, dass er selbst ihren Sportlerkörper unfähig gemacht hat. Gerade hatte die Alpin-Snowboarderin Ramona Hofmeister ihren Trainingslauf absolviert, da dachte sie sich: "Oh, oh, das ist kein gutes Zeichen." Sie konnte unten im Ziel am Stilfser Joch in Italien nicht mehr richtig sitzen und stehen. Trotzdem fuhr Hofmeister noch einmal mit einer Pistenraupe an den Start hoch. Oben angekommen, legte sie sich in den Schnee und unter der Anleitung der Physiotherapeutin des deutschen Teams versuchte sie, sich die Schmerzen aus dem Rücken zu dehnen. Die wurden aber nicht weniger.

Snowboard gefahren ist Hofmeister nicht mehr an diesem Septembertag, ein Schneemobil brachte sie ins Tal. "Ich habe auf der Fahrt eigentlich nur auf die nächsten Schlaglöcher geachtet", sagt sie. Denn jedes Loch bedeutete einen Stich in ihrem Rücken. Am nächsten Tag sollte sich herausstellen: Hofmeister, 22, hatte einen Bandscheibenvorfall. "Meine Saison ist leider vorbei, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat", schrieb sie ihren Fans in den sozialen Netzwerken. "Es war leider nicht der beste Start in eine neue Saison und leider auch nicht der, den ich mir erträumt habe." Dazu ein trauriger Smiley.

Bergab ging es meist bergauf für sie: Ramona Hofmeister gewann bei ihren ersten Winterspielen eine der zwei deutschen Snowboard-Medaillen. (Foto: Gregory Bull/dpa)

Den benutzt Ramona Hofmeister eigentlich nie, auch im realen Leben blickt sie selten traurig. Sie ist ein fröhlicher Mensch. Doch diese Verletzung, das war auch für sie im ersten Moment etwas viel.

Die Rückfahrt aus Südtirol verbrachte die Bronzemedaillengewinnerin der Olympischen Winterspiele von Pyeongchang liegend. Inzwischen kann sie immerhin wieder sitzen - und klingt optimistischer: Anfang Februar bei der WM in den USA hoffe sie insgeheim wieder dabei zu sein. "Aber für mich ist klar: Ich muss auf meinen Körper hören und fange erst an, wenn es wieder geht." Den vorläufigen Abschluss ihres selbst für Athleten wechselhaften Sportlerjahres 2018 bildet die ungeplante Auszeit aber trotzdem. Für Hofmeister ist es das Jahr, in dem sie im Februar ihren größten Erfolg feierte, aber danach Rückschläge erlitt: Bei ihren ersten Winterspielen holte sie im Parallel-Riesenslalom eine der zwei deutschen Snowboard-Medaillen, hinter der Zweiten Selina Jörg. Es gewann die Tschechin Ester Ledecka, nachdem sie zuvor bereits im Super-G der Skifahrerinnen triumphiert hatte - was noch niemand zuvor gelungen war. Hofmeister war im vergangenen Winter übrigens die einzige, die die herausragende Ledecka im direkten Duell bezwingen konnte. Sie hat unter den talentierten deutschen Fahrerinnen die größte Ruhe im Wettkampf. Was ein Grund dafür ist, warum es in den vergangenen Jahren im Bergabfahren nur bergauf ging für Hofmeister.

Nach der Medaille lag sie dann jedoch vier Wochen krank im Bett, weshalb sie auch die Schlussfeier in Pyeongchang verpasste. Im April musste sie sich einer Operation am Handgelenk unterziehen, nun der Bandscheibenvorfall. Es ist ihr zweiter nach 2014. Sie weiß, dass sie mit 22 schon eine "Schwachstelle" an ihrem Körper hat, wie sie sagt. Künftig wird sie mehr trainieren müssen, um die Muskelstränge rechts und links der Wirbelsäule zu stärken.

Die 22 Jahre alte Snowboarderin Ramona Hofmeister ist eigentlich ein fröhlicher Mensch – wenn nicht gerade eine Verletzung ihre Saison beendet, bevor sie gestartet ist. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Unterkriegen lässt sie sich aber nicht, auch weil es wieder vorwärts geht. Der Bischofswieserin geht es besser und so viel mehr Zeit zum Hadern habe sie auch nicht, sagt sie. Ihr Tagesablauf bleibt ähnlich, nur die Termine haben sich geändert: Statt auf die Piste fährt sie morgens zur Massage nach Berchtesgaden, nachmittags absolviert sie Physio-Übungen im Wasser. Und Ende Oktober, wenn der Rest des Snowboard-Teams langsam in Wettkampfform kommt, steigert wohl auch sie ihr Pensum. Dann absolviert sie selbst Reha-Übungen, allerdings nur, soweit die ihr Körper zulässt: "Ich habe noch ein Leben nach dem Leistungssport, mit 60 Jahren will ich auch noch gehen können." Sie vermisst das Snowboarden schon, ganz klar. Aber Snowboarder haben anders als manche Fußballer eben auch nicht ausgesorgt nach ihrer Karriere. Hofmeister ist seit Juli Polizeimeisterin, einen gesunden Körper braucht sie noch länger.

Und es sind in diesen Tagen vermeintlich einfache Dinge, die sie auch noch etwas einschränken. Mitte Dezember startet in Carezza/Italien die Weltcup-Saison der Raceboarder. Hofmeister klingt durchaus angetan von der Vorstellung, dann ihre Kolleginnen zu unterstützen, schränkt jedoch ein: "Zurzeit ist langes Stehen eher ungünstig."

© SZ vom 10.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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