Ivan Perisic:Hartes Tempo

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Anflug aus Mailand: Bayern-Zugang Ivan Perisic. (Foto: Luca Bruno/dpa)

Tempo, irres Laufpensum und Flexibilität: Der Flügelspieler, früher in der Bundesliga bei Borussia Dortmund und dem Vfl Wolfsburg, muss Inter Mailand verlassen - obwohl er in der Serie A sportlich überzeugt hat. Grund ist auch ein Streit in der Mannschaft.

Von Thomas Hürner, Mailand/München

Antonio Conte erklärte sein Naturell einmal folgendermaßen: Fantasie und Lebensfreude habe er von seiner Mama; die Kompromisslosigkeit, mit der er Ziele verfolgt, und seinen Dickkopf habe er von seinem Papa. Conte, 50, hat als Klublegende des italienischen Rekordmeisters Juventus Turin soeben eine neue Stelle angetreten, er ist jetzt Trainer beim Erzrivalen Inter Mailand. Und bei den Nerazzurri handelt der Italiener gleich mal im Stile seines Vaters.

Conte verlangt von seinen Spielern nicht weniger als absolute Hingabe und Aufopferung für das Kollektiv, und alles, was dieses Ziel auch nur potenziell in Gefahr bringen könnte, wird gnadenlos entfernt. Ivan Perisic, seit Dienstagvormittag offiziell neuer Spieler des FC Bayern, passte nicht in die Pläne Contes, der den italienischen Traditionsklub gerade radikal umbaut. Der Kroate wird zunächst von den Münchnern ausgeliehen, dem Vernehmen nach gegen eine Gebühr von fünf Millionen Euro. Eine feste Verpflichtung im nächsten Jahr würde angeblich weitere 20 Millionen Euro kosten.

Dass Inter bereit war, auf ein für die Münchner günstiges Transfermodell einzugehen, dürfte mit einer Geschichte zusammenhängen, über die in den italienischen Gazzetten bereits seit geraumer Zeit berichtet wird: In der Inter-Kabine soll es zwei Gruppen geben, die nur bedingt miteinander können. Auf der einen Seite ein paar Spieler vom Balkan, auf der anderen ein paar aus Südamerika - mit Perisic und Stürmer Mauro Icardi als mutmaßliche Gruppenführer und allerlei Kindereien als Resultat: Über die sozialen Netzwerke freundete sich Perisic etwa mit Maxi Lopez an, dem Ex-Gatten von Icardis Ehefrau und Beraterin Wanda Nara. Die wiederum sitzt regelmäßig in italienischen TV-Studios und zieht gern über den Klub und einzelne Spieler her, immer wieder auch über Perisic. Auf dem Platz boykottierten Icardi und Perisic schon mal den Torjubel, wenn der andere getroffen hatte - solche Dinge eben. Dem Argentinier Icardi wurde bereits im Winter die Kapitänsbinde entzogen, seit Contes Ankunft muss er separat trainieren und steht offiziell zum Verkauf.

Rein sportlich ließe sich die Ausbootung der beiden nicht erklären: Icardi war in den vergangenen Jahren der treffsicherste Stürmer der Serie A - und keiner hatte ihm mehr Tore aufgelegt als Ivan Perisic. Der Kroate wechselte 2015 für eine Ablöse von angeblich 19 Millionen Euro nach Mailand, als absoluter Wunschspieler des damaligen Inter-Trainers Roberto Mancini. Perisic, der sein Talent zuvor schon in Dortmund und Wolfsburg aufblitzen ließ, eignete sich in Italien auch Wettkampfhärte und Konstanz an, auf der Außenbahn überzeugte er mit Tempo, einem irren Laufpensum und Flexibilität. Übrigens auch schon auf einer Position, für die ihn Conte vor kurzem öffentlich für untauglich erklärte: als Flügelspieler in einem System mit Dreierkette. Ein anderes System kommt für Conte nicht infrage.

© SZ vom 14.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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