1860 München:Nachwuchs für die Not

Lesezeit: 2 min

Lichtblick im 1860-Kader: Dennis Dressel (re. im Zweikampf mit dem Großaspacher Philipp Hercher) (Foto: Jan Hübner/Imago)

Der Drittligist muss aus Kostengründen auf Spieler aus der Jugend setzen.

Von Markus Schäflein

Trotz der 0:1-Niederlage hatte Günther Gorenzel, der Sport-Geschäftsführer des TSV 1860 München, beim Drittliga-Auswärtsspiel in Großaspach etwas Positives gesehen: den Auftritt des 20-jährigen Dennis Dressel, der im zentralen Mittelfeld solide mitspielte und auch zwei gute Torabschlüsse aufwies. "Er hat ein ordentliches Debüt im Profifußball gegeben", sagte Gorenzel am Tag danach, "und er steht für den eingeschlagenen Weg, das muss man ganz klar festhalten."

Der eingeschlagene Weg, das ist: mangels Zuzahlungen des mit dem e.V. zerstrittenen Investors Hasan Ismaik die Kosten des Drittligakaders für 2019/20 zu reduzieren, auf rund drei Millionen Euro statt etwa 4,5 Millionen. Das ist Gorenzels Aufgabe, mithin muss er auf junge, günstige Spieler aus dem eigenen Nachwuchs setzen. Etwa auf Dressel, der seit der U10 im Verein ist, und auch sonst haben der Sport-Geschäftsführer und Trainer Daniel Bierofka "den einen oder anderen Perspektivspieler" ausgemacht. "Das ist prinzipiell", sagt Gorenzel, "wenn man das positiv sehen will, eine positive Geschichte."

Selbstredend gibt es bei Sechzig einige, die es negativ sehen wollen, und wenn man es negativ sehen will, ist es eine negative Geschichte. Keine positive Geschichte ist es jedenfalls für die gestandenen Profis im Kader, deren Verträge nicht verlängert oder gar aufgelöst werden sollen. "Ich spreche unter vier Augen mit jedem", berichtete Gorenzel: "Die Spieler wissen Bescheid, ihre Berater wissen Bescheid, die können sich orientieren. Wer verlängert wird, wer aufgelöst wird, will ich momentan nicht über die Medien mitteilen."

Dressel ist das beste Argument für den "zweiten Bildungsweg"

Er verriet lediglich, dass man sich "um Dennis keine Sorgen machen" müsse, also: dass Dressels Vertrag kurz vor der Verlängerung steht. Mit dessen Berater Hermann Hummels sei eine "sehr gute Zusammenarbeit" möglich: "Er hat ihn wirklich beraten." Dressel ist auch Gorenzels bestes Argument für die Beibehaltung der Bayernliga-U21, die er als "zweiten Bildungsweg" bezeichnet. Der Mittelfeldspieler sei nach seiner U19-Zeit "am Scheideweg" gewesen, von seiner "Persönlichkeit" her noch nicht reif für den Profikader. In der fünften Spielklasse konnte Dressel sich an den Männerfußball gewöhnen und als Kapitän lernen, Präsenz zu zeigen. Daher ist Gorenzel froh, dass Überlegungen zur Abschaffung der U21 vom Tisch sind. "Die Entscheidung ist gefallen, wir werden sicher eine U21 melden", sagte er. "Das Positive ist, dass der e.V. bereit ist, sie mit gewissen Dingen zu unterstützen." Die sportlichen Vorgaben für U21 und U19, was Training, Taktik und Einsätze angeht, müssten allerdings "vom Trainer der Profis vorgegeben werden, auch in Zukunft", betonte er. "Wir bestimmen die Taktik und wann wer spielt. Nur so kann man, wie mit Dennis Dressel, profitieren. Was wir in einem Spieler sehen, muss in die U19 und die U21 hinuntergetragen werden."

Das Spiel in Großaspach, ohne Nico Karger, Efkan Bekiroglu und den geliehenen Prince Osei Owusu, war aus Gorenzels Sicht eine Andeutung, was künftig im Konsolidierungskurs zu erwarten ist: Sechzig befand sich mit einem Abstiegskandidaten auf Augenhöhe, hätte genauso gut remis spielen oder gewinnen können. "Das Tempo und die Laufwege in die Tiefe haben gefehlt. Wenn bei uns zwei oder drei Unterschiedspieler nicht dabei sind, merkt man das", stellte er fest, "das merkt man in jedem Drittligakader." Zum wiederholten Male versprach er für die kommende Saison "eine Mannschaft, die seriös um den Klassenerhalt spielt".

Dass die unendliche Geschichte um einen möglichen Wechsel des früheren Löwen Julian Weigl aus Dortmund nach Paris weitergeht, hat Gorenzel mitbekommen; 1860 würde mit fast drei Millionen Euro partizipieren. Ob das dem Sportetat zu Gute kommen würde, weiß Gorenzel aber nicht. "Wie das im Haus aufgeteilt wird, ist nicht meine Entscheidung", sagte er, er habe nichts damit zu tun, "wie das Sportbudget zustande kommt." Er hat lediglich das zustande gekommene Sportbudget möglichst effektiv einzusetzen. Deshalb schaut er ins Nachwuchsleistungszentrum, weiß aber: "Wir können den Talenten nur die Tür aufmachen, sie müssen schon selbst durchgehen."

© SZ vom 10.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: