1. FC Nürnberg:Gänsehaut für wenige

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Stürmisch: Jan Polak jubelt über seinen Treffer zum 3:2. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Jan Polaks spätes Tor zum 3:2 sorgt beim Club für etwas Zuversicht. Aufsichtsratschef Thomas Grethlein rechtfertigt die zweimonatige Frist des abtretenden Sportvorstands Martin Bader.

Von Markus Schäflein

Offensichtlich hatten viele Menschen vorerst genug vom 1. FC Nürnberg. Nur 24 825 Zuschauer kamen zum ersten Heimspiel der Zweitliga-Saison gegen Heidenheim, einen Tag nach der Trennung von Sportvorstand Martin Bader, ins Frankenstadion - eine erstaunliche Zahl, wenn man bedenkt, dass der Club nach eigenen Angaben doch offiziell rund 20 000 Dauerkarten abgesetzt hat. In der 87. Minute wurden die, die gekommen waren, allerdings mit "Gänsehaut und Emotion pur" entschädigt, auf "megamäßig geile" Weise, wie es Nürnbergs starker Angreifer Danny Blum formulierte: Nach einem Zuspiel des eingewechselten Niclas Füllkrug drosch Kapitän Jan Polak den Ball in jener 87. Minute vehement ins Netz, als wolle er mit diesem einen Schuss alle Last des 3:6-Fehlstarts in Freiburg loswerden. Und das gelang dann auch - 3:2, Ende.

Aufsichtsratschef Grethlein rechtfertigt Baders Frist

"Wir wollten den Montag unbedingt vergessen machen. Das hat mit diesem Sieg geklappt", stellte Blum fest, der zum Auftakt des Abends das 1:0 nach Vorarbeit von Guido Burgstaller erzielt hatte (13.). Am Schluss herrschte fast eine Art Aufbruchstimmung. Auch Trainer René Weiler war zufrieden: "Wie wir in die Partie gekommen sind, das war nach dem 3:6 in Freiburg nicht selbstverständlich. In der zweiten Halbzeit waren wir dem 3:1 eigentlich näher als die Heidenheimer dem 2:2."

Dass die Nürnberger um den Erfolg bangen mussten, lag vor allem an der Verteidigung - diesmal waren die Außenpositionen mit Zugang Miso Brecko, der wenige Tage nach seiner Verpflichtung gleich von Beginn an auf der rechten Seite der Viererkette spielte, und Niklas Stark besser besetzt als in Freiburg, dafür zeigte sich die Innenverteidigung mit Ondrej Petrak und Even Hovland anfällig. Robert Leipertz war beim Kopfball zum 1:1 ungedeckt (17.), brachte dann aber die Nürnberger per Eigentor nach Hereingabe von Blum wieder in Führung (41.). Das 2:2 der Heidenheimer fiel aus einer kurios in den Torwinkel gefallenen Flanke von Smail Morabit (59.); danach hätte Mathias Wittek den FCH fast in Führung gebracht, als sich Hovland verschätzt hatte, traf aber die Latte (62.). Und dann kam Polak, Brecko stellte fest: "Die Moral stimmt. Wir haben an uns geglaubt."

Am Montag treten die Nürnberger beim Drittligisten Aalen an, und wenn sie sich nicht mal wieder eine Pleite in der ersten DFB-Pokal-Runde leisten, wird das Stadion im darauf folgenden Heimspiel gegen 1860 München schon deutlich besser besetzt sein. Das wäre gut, denn Einnahmen kann der Club brauchen - dem Vernehmen nach steht es im zweiten Zweitliga-Jahr nacheinander in finanzieller Hinsicht schlecht um ihn. Spätestens bei der Mitgliederversammlung im Oktober müssen die Zahlen bekannt gegeben werden.

Ob bei dieser Gelegenheit auch der zurückgetretene Oppositionelle Hanns-Thomas Schamel wieder für den Aufsichtsrat kandidiert, bleibt abzuwarten - auf jeden Fall teilte der Meerrettich-Unternehmer gegen etliche der derzeitigen Gremiumsmitglieder nach der Trennung von Bader ordentlich aus. "Es ist absolut unmöglich, dass Martin Bader noch bis zum 30. September tätig ist", sagte er. "Die Trennung hätte schon vor einem Jahr passieren müssen. Eigentlich müssten jetzt im Aufsichtsrat alle jene Mitglieder zurücktreten, die sich immer bedingungslos vor Bader gestellt haben." Aufsichtsrats-Chef Thomas Grethlein, der sich immer vor Bader gestellt hatte, rechtfertigte die Frist in einem Interview mit der Nürnberger Zeitung: "Wir wollten zeigen, dass es keinen unmittelbaren, konkreten Anlass gibt und es auch kein Rausschmiss ist. Außerdem wollten wir, dass die Transferperiode bis Ende August noch abgedeckt ist."

Bis zur Mitgliederversammlung will der Aufsichtsrat längst einen Nachfolger für Bader gefunden haben. "Wir tendieren eher zu etwas Jüngerem, wenn auch das Alter keine ausschlaggebende Rolle spielt", sagte Grethlein. "Mit dem einen oder anderen Kandidaten hat man ja auch schon mal gesprochen."

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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