1. FC Nürnberg:Angemessen bescheiden

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"Die Stuttgarter haben uns bis 25 Meter vor dem Tor mitspielen lassen, aber da passiert ja auch nicht viel." - Nürnbergs Angreifer Guido Burgstaller. (Foto: imago/Eibner)

Die Hoffnung, dass es beim Club noch in dieser Saison mit dem Aufstieg klappen könnte, scheint seit der Niederlage in Stuttgart verwegener denn je.

Von CHRISTOPH RUF

Guido Burgstaller will bekanntlich in die Bundesliga, und da das mangels Freigabe nicht anders ging, muss er es nun mit dem 1. FC Nürnberg versuchen. Da verwunderte es kaum, dass der Österreicher von vielen ernüchterten Nürnbergern nach dem 1:3 in Stuttgart zu Wochenbeginn der enttäuschteste war. "Man hat heute schon einen Unterschied gesehen", sagt er. "Die Stuttgarter haben uns bis 25 Meter vor dem Tor mitspielen lassen, aber da passiert ja auch nicht viel." Tatsächlich hatte der VfB, der dazu nicht einmal mehr als eine solide Leistung brauchte, die Nürnberger gerade so viel mitkicken lassen, dass es deren Selbstachtung nicht tangierte. Aber wirklich gefährdet war der Heimsieg der Schwaben nie - auch wenn Club-Trainer Alois Schwartz nach dem Spiel auf zwei Pfostentreffer und ein Abseitstor seiner Spieler verweisen konnte.

Dabei war das Duell von Nürnberger Seite im Vorfeld als wegweisend eingestuft worden. Die Franken hatten zuvor fünf Siege und zwei Remis geholt. Und bei einem Sieg in Stuttgart wäre man bis auf drei Zähler an den Relegationsplatz herangekommen. Nun sind es sechs, und gar zehn zwischen dem Zweiten Stuttgart und Nürnberg. Die Hoffnung, dass es vielleicht doch noch in dieser Saison klappen könnte mit dem Aufstieg, scheint seit Montagabend verwegener denn je. "Wenn wir vorne mitspielen wollen, brauchen wir noch viel Zeit", findet auch Burgstaller.

Der Club befindet sich in einer Umbruchphase, in der es zudem an Geld fehlt

Was dem Club zum Spitzenteam fehlt, hat man in Stuttgart tatsächlich ziemlich genau gesehen. Zum einen ist der Kader in der Breite zu schwach besetzt, jeder Spieler, der bei den finanziell ungleich besser gestellten Stuttgartern auf der Bank saß, wäre beim Club wohl Stammspieler. Doch wenn Nürnberg mittelfristig wieder in die erste Liga will, ist er dazu gezwungen, geduldig auf den eigenen Nachwuchs zu setzen. Patrick Kammerbauer, den Schwartz für den gesperrten Miso Brecko auf die rechte Abwehrseite stellte, ist eines jener Talente, von denen man sich perspektivisch viel verspricht. Doch im Duell mit dem flotten Takuma Asano wirkte er immer wieder so überfordert, wie es ein 19-Jähriger bei seinem ersten Zweitligaspiel von Beginn an auch sein darf.

Auch in der Offensive sahen 42 000 Zuschauer einen Qualitätsunterschied zu den Stuttgarter Hochveranlagten wie Asano, Alessandru Maxim oder dem Doppel-Torschützen Simon Terodde. Spielerisch zeigte der Club im Vergleich zum VfB riesige Schwächen. Einen Spieler wie Stuttgarts Carlos Mané, der eine 40-Meter-Flanke innerhalb von Zehntelsekunden herunterholt und am Fuß kleben hat, haben die Franken nicht in ihren Reihen - die meisten anderen Zweitligisten allerdings ebenfalls nicht. Und lange Bälle, wie sie Dave Bulthuis bei jedem unbedrängten Ballkontakt schlägt, sind auch nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn eine Mannschaft nach Ballverlusten so schnell umschaltet wie der VfB.

Allerdings hätte es auch mit wenig filigranen Mitteln fast zu weiteren Nürnberger Treffern gereicht, doch Tobias Kempe und Cedric Teuchert trafen jeweils nur den Pfosten. "Ich glaube, wir haben ein ganz ordentliches Auswärtsspiel gemacht", bilanzierte Schwartz angemessen bescheiden. Dass der FCN gegen das spielstärkste Team der Liga verliert, ist realistisch betrachtet auch überhaupt kein Drama. Schließlich befindet sich der Club in einer Umbruchphase, in der es zudem an allen Ecken und Enden an Geld fehlt. Trotz des drastischen Aderlasses in den vergangenen Monaten kann der 1. FC Nürnberg eine ordentliche Saison spielen und vielleicht auch am Ende eine Position erreichen, bei der man sagen wird, dass Schwartz das Bestmögliche aus den Gegebenheiten herausgeholt hat. Das wäre weit mehr, als die Fans nach dem verkorksten Saisonstart erwarten durften. Nur in die Bundesliga muss Burgstaller wohl mit einem anderen Arbeitgeber.

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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