1. FC Köln:Stille Heldenverehrung

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Dominique Heintz (Mitte) setzt sich gegen Makoto Hasebe durch und erzielt das zwischenzeitliche 2:1 für den 1. FC Köln. (Foto: Moritz Müller/imago)

Yannick Gerhardt und Dominique Heintz prägen das Kölner 3:1 gegen Frankfurt - beide stehen für eine neue, ungewohnte Solidität am Rhein.

Von Philipp Selldorf, Köln

Yannick Gerhardt hatte sicherlich wertvolle Anmerkungen zu machen zum 3:1-Sieg des 1. FC Köln gegen Eintracht Frankfurt, bloß war er für seine verzweifelt lauschenden Zuhörer nicht zu verstehen - die Hip-Hop-Musik, mit der die Kölner in ihrer Kabine feierten, war so laut, dass sie den Tatbestand der Ruhestörung erfüllte. Andererseits genügte ein Blick in sein Gesicht, um zu erfahren, dass er mit sich, dem FC, dem Abend und der Welt zufrieden war, wozu er auch gute Gründe hatte. Gerhardt gehörte in einer kämpferisch starken und in der Summe auch spielerisch besseren Kölner Mannschaft zu den Hauptdarstellern. Er trieb aus dem Zentrum die Kölner Angriffe an, schoss das 1:1 (29. Minute) und legte Mittelstürmer Anthony Modeste das 3:1 auf. "Riesenspiel gemacht. Spieler des Spiels, würde ich sagen", würdigte ihn sein Kollege Leonardo Bittencourt. Trainer Peter Stöger liftete nach dem Schlusspfiff anerkennend seine Kappe vor dem 21-Jährigen, der schon als kleiner Junge beim FC gespielt hat und seinen guten Ruf zunehmend häufig bestätigt.

Gerhardt stellte ehrfürchtig fest, es mache ihn "sehr stolz, wenn der Trainer vor mir den Hut zieht", aber dem Trainer war es später gar nicht recht, dass er auf die Szene angesprochen wurde. Stöger behauptete, er habe mit der Geste der ganzen Mannschaft seinen Respekt dafür erwiesen, "wie sie das Kampfspiel angenommen hat"; die Gelegenheit zum Sonderlob für Gerhardt ließ er ausdrücklich aus. Im Diskurs über den 1. FC Köln - dem friedlichsten FC-Diskurs seit Jahrzehnten - wird hin und wieder thematisiert, dass der wienerische Coach den talentierten Mittelfeldspieler vielleicht ein wenig zu oft auf die Bank setzt, "darüber wird mir ein bisschen zu viel diskutiert", grantelte Stöger nun: "Bei uns wird Yannick Gerhardt spielen, wenn er gut drauf ist. Und wenn er jede Woche so arbeitet und spielt wie heute, dann ist die Chance ziemlich groß, dass er spielt."

Peter Stöger war selbst lang genug Profi, er hat nichts gegen ein bisschen Heldenverehrung, aber seine Trainerarbeit gilt dem lückenlos stabilen Gemeinschaftswerk, und in dieser Beziehung ist er beim FC weit vorangekommen. Im zweiten Jahr nach dem Aufstieg hat die Kölner Mannschaft nicht nur gehobenes, sondern auch ansehnliches Niveau erreicht, sie ist stilistisch flexibel, kann Spiele gestalten und zur Not auch mit großer Kraftanstrengung umbiegen. Der Sieg am Samstag war das Ergebnis einer starken Teamleistung gegen eine kaum weniger leidenschaftlich bemühte Eintracht.

Dass Bittencourt den aufgewühlten grünen Rasen später als "Schlachtfeld" beschrieb, war das passende Bild für eine packende Auseinandersetzung im altenglischen Stil. Im kalten Dauerregen bestaunten die knapp 49200 Zuschauer ein Rutsch-, Grätsch- und Bodycheckfestival, dem Schiedsrichter Felix Zwayer ging im schnellen Geschehen der Überblick verloren. Irrtümer pflasterten seinen Weg: Den Kölnern enthielt er einen Elfmeter vor (nach Foul am starken Nationalspieler Jonas Hector), den Frankfurtern ersparte er die rote Karte, die sich der übereifrige Makoto Hasebe verdient hatte. Davon war aber keine Rede, als sich Vorstandschef Heribert Bruchhagen und Manager Bruno Hübner über den zu circa 93 Prozent ungerechtfertigten Freistoßpfiff beklagten, der dem Kölner 2:1 vorausging. Schütze des wegweisenden Treffers war der Innenverteidiger Dominique Heintz, den der Verein im Sommer vom 1. FC Kaiserslautern übernommen hatte - eine weitere besonders geglückte Personalie des Kölner Managements: Den bis 2019 laufenden Vertrag mit Heintz verlängerte der FC jetzt bis 2021. Heintz sagte, er habe "gar nicht gezögert", als man mit dem Angebot auf ihn zugekommen sei: "Die Mannschaft ist top, der Trainer ist top, der Verein ist top, die Fans sind top."

"Ich glaube schon, dass wir es können", sagt Armin Veh

Beim Verlierer war die Stimmung nicht ganz so top, aber auch nicht so tief unten, wie es der "eindeutig prekäre" (Bruchhagen) Tabellenstand nahe legen könnte. Trainer Armin Veh warf seiner Mannschaft zwar vor, dass sie sich nach dem Treffer zum 1:2 allzu wild in die Offensive gestürzt hatte ("wir waren viel zu offen und haben die Kölner zu Kontern eingeladen"), aber die Situation bewertet er einstweilen noch gelassen. "Ich glaube schon, dass wir es können. Wenn wir bis zum Ende unten drinbleiben, dann ist das eben so", sagte er. Die Kölner hingegen dürfen den Blick nach oben richten - auch wenn der ständig um Vernunft bemühte Stöger das nicht aussprechen möchte.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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