1. FC Köln:Doch ein Stürmer

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Kölner Glück: Florian Kainz (rechts) und Dominick Drexler freuen sich mit dem dreimaligen Torschützen Jhon Cordoba (Mitte). (Foto: Axel Kohring/imago)

"Er hatte hier eine sehr, sehr schwere Zeit": Doch nun erzielte der oft kritisierte Jhon Cordoba drei Tore beim 4:1 des 1. FC Köln gegen St. Pauli.

Von Philipp Selldorf, Köln

Viel Zeit und Energie haben die Anhänger des 1. FC Köln in der vergangenen Saison darauf verwendet, den Tag zu verdammen, an dem der damalige Manager Jörg Schmadtke den Beschluss fasste, Jhon Cordoba zu verpflichten. Es war nicht nur der Gedanke an die exorbitante Ablöse (17 Millionen Euro), der die Kölner im Abstiegsjahr quälte, sondern auch der offensichtliche Kontrast zu dem Spieler, den Cordoba zu ersetzen hatte - wobei es jedem Fan mit minimalem Fußballverstand klar sein musste, dass sich ein Vergleich des Kolumbianers mit dem nach China entschwundenen Torjäger Anthony Modeste von vornherein verbot. Was die Leute nicht davon abhielt, den Vergleich trotzdem anzustellen.

Nun stand am Freitagabend um kurz vor halb neun der vermeintliche Fehleinkauf Cordoba vor der Südkurve im Müngersdorfer Stadion und nahm den Sonderbeifall eines begeisterten Publikums entgegen. Unter dem Trikot hielt Cordoba den Spielball versteckt, den er später nach Hause getragen hat - einerseits als Trophäe und andererseits als Erinnerung daran, dass er mit drei Treffern maßgebend dazu beigetragen hatte, im Spitzenspiel der zweiten Liga den FC St. Pauli 4:1 zu besiegen. "Normalerweise ist es schwierig, über einzelne Spieler zu reden, zumal es die Jungs heute alle richtig gut gemacht haben", sagte der Kölner Trainer Markus Anfang. Aber diesmal machte er dann doch eine Ausnahme: "Jhon hatte hier lange eine sehr, sehr schwierige Zeit, jetzt belohnt er sich für die harte Arbeit, die er tagtäglich im Training leistet." Mit zehn Saisontreffern läuft Cordoba allmählich Gefahr, doch noch für einen Torjäger gehalten zu werden. Aber da gibt es ja auch noch Simon Terodde, der das 4:1 und damit sein 23. Saisontor erzielte. Die moralische Rechtmäßigkeit des Kölner Erfolgs stellte daher auch Markus Kauczinski nicht in Frage: "Es war natürlich ein verdienter Sieg, die Kölner waren in beiden Halbzeiten die bessere Mannschaft", sagte der Trainer des FC St. Pauli.

50000 Zuschauer gaben dem Duell des Tabellenzweiten mit dem Tabellendritten einen angemessenen Hintergrund. Gehobenen Fußball spielten lediglich die Kölner, wenngleich sie dazu etwas Anlauf benötigten. Vor allem während der ersten Hälfte taten sich die Hausherren schwer mit den sperrig verteidigenden Hamburgern, zumal da diese das Kölner 1:0 zügig mit dem Ausgleich beantworteten. Nach der Pause erhöhte der FC den Druck auf den Gegner und erzielte damit schnell die gewünschte Wirkung. Cordobas Tore in der 53. und 58. Minute sorgten für klare Verhältnisse, "nach dem 3:1 war es schwer für meine Mannschaft, sich nochmal aufzubäumen", räumte Kauczinski ein.

Beiden Teams gehörten Spieler an, die ihren Beruf zuletzt nur sehr selten hatten ausüben dürfen. Johannes Geis, 25, war beim FC Schalke ins Abseits geraten, weil dort Cheftrainer Domenico Tedesco partout nichts mit ihm anzufangen wusste. Sein stattliches Gehalt empfing Geis während der Hinrunde als Trainingsgast der Oberliga-Mannschaft, bis sich der 1. FC Köln des vergessenen Mannes erinnerte. Auf eine Entschädigung verzichteten die Schalker, sie waren dankbar für die Entlastung ihrer Lohnliste.

Der Kölner Angriff ist reif für die erste Liga

Bei Alex Meier, 36, sah es nach seinem Abschied aus Frankfurt so aus, als ob mangels Nachfrage eine gefeierte Karriere in aller Stille verblichen wäre. Mehr als ein halbes Jahr wartete der ehedem kultisch verehrte Eintracht-Stürmer auf einen passenden Interessenten. Bis sich der FC St. Pauli des vergessenen Mannes erinnerte.

Nun standen die zwischenzeitlich verlorenen Existenzen in ihren neuen Farben auf dem Rasen im Müngersdorfer Stadion und trugen Einiges zum Ansehen des Spiels bei. Während sich Geis auf Anhieb am Schaltpult in der Mittelfeldzentrale eingerichtet hat, hat Meier im Hamburger Team wie selbstverständlich die Rolle des Torschützen vom Dienst eingenommen. Gegen keine Mannschaft hat Meier so viele Tore geschossen wie gegen den 1. FC Köln, an dieser Gewohnheit hielt er auch am Freitag fest. Als St. Pauli kaum fünf Minuten nach dem Kölner 1:0 den Ausgleich bejubelte, stand selbstredend Meier als Schütze im Mittelpunkt. Dennoch war sein um elf Jahre jüngerer Schicksalsgenosse an diesem Abend die größere Attraktion. Geis' langer Pass in den Lauf von Christian Clemens leitete nicht nur das wegweisende 2:1 ein, sondern verdiente in Kombination mit Clemens' Ballannahme und Cordobas Torschuss den Schönheitspreis des Abends. Dieses Tor war allemal erstligareif, und so entschlossen, wie sich die Kölner am Freitag nach zuletzt zwei Niederlagen zurückmeldeten, wird es der FC wohl bald auch wieder sein.

Modeste wird dann wohl auch wieder zur Mannschaft gehören, der Klub ist zuversichtlich, dass der aus China heimgekehrte Franzose in Kürze endlich die Spielgenehmigung des Weltverbandes erhalten wird.

© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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