Mein Deutschland:"Du hast doch schon gewonnen"

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Merkels Chancen wiedergewählt zu werden, sind hoch - wie hat sie es geschafft, oben zu bleiben - trotz Krise?

Kate Connolly

Angela Merkel wird im September gewinnen. Das ist keine Frage mehr spätestens seitdem Barack Obama ihr beim Spaziergang durchs Weiße Haus zugeraunt hat: "Du hast doch schon gewonnen, warum machst Du Dir überhaupt noch Sorgen?" Wenn Obama das sagt, muss es stimmen, auch wenn die SPD sich darüber ärgert, die bezweifelt hat, dass Obama ein Prophet ist (was wiederum andere bezweifeln).

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am Freitag, den 17.07.09 in Nürnberg auf dem CSU-Parteitag. (Foto: Foto: ddp)

Tatsache ist, dass man kaum prophetische Gaben haben muss, um zu wissen, dass Merkels Chancen wiedergewählt zu werden, sehr hoch sind, was nach einer Antwort schreit auf die Frage: Warum eigentlich? Unlängst kam das Comicbuch ,,Miss Tschörmänie'' heraus, dessen Titelseite Merkel auf einem Piedestal zeigt, mit tiefem Decollete und goldener Krone, während ausländische Staatsmänner zu ihr hochsehen. Zuvor ist sie gar Inspiration für eine Barbie-Puppe gewesen.

Doch wer genau ist Deutschlands erster ostdeutscher und erster weiblicher Kanzler? Und wie hat sie es geschafft, in den Zustimmungsumfragen oben zu bleiben, trotz Krise? Als Merkel 2005 antrat, schrieben viele ausländischen Korrespondenten über die hohen Erwartungen, dass sie eine Reformerin wie Thatcher sein würde, eine Maggie aus Mecklenburg. Wie Thatcher, die man mit ihrer toupierten Frisur und Handtasche auf ein madamiges Image gestylt hatte, wurde Merkel zum Starfriseur Udo Walz geschickt, der ihren Puddingschüssel-Haarschnitt aufpeppte.

Viel weiter aber reichen die Gemeinsamkeiten nicht: Auch wenn Merkel als warmherzig im persönlichen Gespräch gilt, habe ich nie Unionspolitiker gehört, die ihre schmalen Fesseln oder ihre verführerische Stimme gepriesen hätten, so wie die Tories immer noch von der Eisernen Lady schwärmen, der sie gedient haben, obwohl das fast zwei Jahrzehnte her ist. Egal was man von Thatcher denken mag - die beständige Bewunderung ist Zeichen ihres Vermächtnisses. Was Thatcher viele Fans eingebracht hat, war ihr Hochmut, ihre Fähigkeit zu polarisieren und Reformen durchzudrücken. Ganz im Gegensatz dazu scheinen die Deutschen Merkel für ihre vorsichtige und methodische Art zu lieben und für die Tatsache, dass sie - aus pragmatischen Gründen - größeren Reformen aus dem Weg gegangen ist. Im kleinen Kreis bekennt sie, dass sie sich eine umfassendere Liberalisierung des starren Arbeitsmarktes wünscht, des Wohlfahrtstaates, des Gesundheits- und Steuersystems. Doch sie weiß, dass ihr in einem Land, das den Konsens den radikalen Umbrüchen vorzieht, die Hände gebunden sind.

Thatcher dagegen hat mit ihren mutigen und weitgehenden Reformen Großbritannien bis zu den Grundfesten erschüttert. Angela, so kommentiert ihr Vater in einem Comic in "Miss Tschörmänie", das ihr Leben erzählt, ,,bewegt so wenig und scheint dennoch glücklich zu sein''. Trotz ihrer zweifellos bestehenden politischen Verdienste wird sie wohl in der Geschichte kaum einen wichtigen Platz einnehmen, wenn Kontinuität alles ist, was sie anzubieten hat, selbst wenn sie mit dieser Strategie jetzt die Wahl gewinnen wird. Auch wenn ich weiß, wen ich lieber als mein Oberhaupt hätte.

Vier Auslandskorrespondenten schreiben an dieser Stelle jeden Samstag über Deutschland. Kate Connolly berichtet für den britischen Guardian aus Berlin.

© SZ vom 18.07.2009/ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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