Unbekanntes Kambodscha:Die Zukunft in der Vergangenheit finden

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Bisher gehört das Land am Golf von Thailand noch nicht zu den Zielen des Massentourismus. Eine Reise von Phnom Penh zu den Tempelanlagen im Norden.

Dutzende Menschen haben die schwüle Nacht obdachlos auf Bänken verbracht und erwachen am Morgen eines religiösen Feiertags. Schon wird der auf einem Sockel ruhende Buddha reich mit Blumen und Esswaren beschenkt.

Kambodscha
:Alltagsimpressionen

Über Jahrhunderte dominierte das mächtige und reiche Volk der Khmer die Region zwischen Birma und Vietnam. Heute gehört Kambodscha zu den ärmsten Ländern der Welt.

Die Mönche in orangefarbenem Gewand freuen sich darüber, verharren aber stumm in der Meditation. Phnom Penh startet so in einen neuen Tag, der die Stadt ein Stück weiter von den düsteren Zeiten der Herrschaft der Roten Khmer in den siebziger Jahren und den Zeiten des Bürgerkriegs entfernt. Kambodschas Metropole brodelt. Sie will nicht nur diesen Tag meistern, sondern sucht ihre Zukunft.

Vorbei an Bauten im französischen Kolonialstil geht es zur Residenz des Königs, der seine Palastanlage wieder für Touristen geöffnet hat. Die prunkvolle "Pagode d'Argent" mit ihren 5000 je ein Kilogramm schweren Silberplatten versetzt so manche Besucher in stille Verzückung.

Nicht weniger ansprechend ist das "schönste Museum Indochinas", das von dem Franzosen Georges Groslier 1920 elegant in rotem Stein konstruiert wurde. Farblich gehen die Wände des Nationalmuseums im Innenhof einen faszinierenden Dialog mit den Grüntönen der üppigen Pflanzen ein - eine Oase der Ruhe.

Treffpunkte in Phnom Penh

Phnom Penh, das heißt vor allem Treffpunkte wie der quirlige Russische Markt. Und das sind jene Dschunken, die zur Mekong-Tour vorbei an den Hausbooten und Fischerdörfern einladen. Die Metropole lebt in der Ursprünglichkeit einer noch nicht vom Massentourismus abgegrasten Region und bietet sich als ideale Einstimmung auf eine Fahrt gen Nordwesten zu den weltberühmten Tempeln von Angkor an.

Um ein wenig ermessen zu können, welches Leiden hinter Kambodscha liegt, drängt sich allerdings zunächst die holprige Fahrt zu den 15 Kilometer südöstlich der Hauptstadt gelegenen "Killing Fields" des Vernichtungslagers Choeung Ek auf.

Ebenso ins Gedächtnis brennt ein Gang durch das Genozid-Museum im berüchtigten Foltergefängnis S-21 (Tuol Sleng) in Phnom Penh ein. Zurück bleiben unbeantwortete Fragen, tiefe Betroffenheit und Erschrecken angesichts von Folterwerkzeugen und Fotos der Gequälten aus der dunklen Pol-Pot-Zeit.

Siem Reap im Norden dagegen ist die einzige vom internationalen Tourismus verwöhnte Stadt des Landes. Das nahe Angkor mit seinen mehr als 200 verstreuten Tempeln macht dieses durchaus noch kolonial und mit "French touch" geprägte Städtchen zu einem kleinen Juwel.

Seit die Roten Khmer das Feld geräumt haben, blüht Siem Reap regelrecht auf. Bessere Straßen, gute Hotels und der lebendige Alte Markt - angenehmer könnte der Standort für die notwendigerweise mehrtägige Erkundung der riesigen Tempelanlage von Angkor kaum sein.

Viel Arbeit für Restauratoren

Als die Christen Kathedralen bauten, stampfte die Khmer-Dynastie einen Tempel nach dem anderen aus dem Dschungel. Ob Angkor Wat, Bayon oder Ta Phrom - umgeben von dichter tropischer Pracht löst eine Attraktion die nächste ab. Während Affen, Wasserbüffel und Elefanten die weiten Wege von einem Tempel zum anderen kreuzen, tritt dem Besucher die wohl unendliche Arbeit der Restauratoren vor Augen. Die riesigen Wurzeln der Banyan-Bäume machen vor keiner Mauer und keinem Turm Halt. Noch hält sich der Touristenstrom in Grenzen. Doch nagt der Zahn der Zeit an den Tempeln - und legt nahe, einen Besuch des religiösen Weltwunders nicht zu weit hinauszuzögern.

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