Tourismuswerbung für Ägypten:Ein Mann und seine Mission

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Seit fünf Jahren reist der Ägypter Ahmed Haggagovic durch die Welt, um Werbung für sein Land zu machen. Kein Weg ist ihm dafür zu weit. Sein größter Traum: die ägyptische Fahne auf dem Mond zu hissen.

Karin El Minawi

Seit 2007 bereist der Ägypter Ahmed Haggagovic die Welt als Imagebotschafter für sein Land. Im Gepäck hat er 20.000 Aufkleber, mehrere Tausend Flaggen, Schweissbänder und Kugelschreiber in den ägyptischen Landesfarben. Die drückt er allen Leuten in die Hand, die ihm nahe kommen. Der 27-Jährige war schon in 80 Ländern, hat mehr als 150 Städte besucht. Als in seiner Heimat bei Fussball-Krawallen in Port Said über 78 Menschen ums Leben kamen, brach er seine Reise aus Solidarität ab. Jetzt hat ihn wieder die Abenteuerlust gepackt: In wenigen Tagen zieht er los.

Um Werbung für Ägypten zu machen, war Ahmed Haggagovic schon in 80 Ländern, so auch in Russland. (Foto: N/A)

Süddeutsche.de: Seit fünf Jahren reisen Sie um die Welt, wollen jede einzelne Stadt besuchen, warum?

Ahmed Haggagovic: Ich möchte zeigen, dass jeder seinen Traum verwirklichen kann, dass Landesgrenzen keine Hindernisse sind. Mit meinem Abenteuer setze ich mich für Frieden, Freude, und Freiheit ein, für eine Welt die frei ist von Trennung aufgrund von Religion, Geschlecht, Alter. Ausserdem möchte ich, dass die Leute Ägypten lieben und das Land am Nil besuchen.

Süddeutsche.de: Sie sind sozusagen PR-Agent für den Ägypten-Tourismus?

Ahmed Haggagovic: Na ja, einer muss es tun - unser Tourismusministerium kümmert sich ja nicht richtig darum. Und das, obwohl so viele Ägypter vom Tourismus abhängig sind. Ich dachte, da muss was gemacht werden. Gerade jetzt, wo wir mit schlechten Nachrichten glänzen.

Süddeutsche.de: Was treibt sie denn noch, außer die Liebe zu ihrem Heimatland?

Ahmed Haggagovic: Mit 14 Jahren habe ich eine Liste erstellt, auf der steht, was ich erlebt haben möchte, bevor ich sterbe. Von diesen 32 Sachen habe ich mehr als die Hälfte schon geschafft. Ich bin auf den Mont Blanc gestiegen, war in Brasilien Skydiving und habe mich in Mekka fotografieren lassen, was übrigens verboten ist. Ich war in Süd- und Mittelamerika, der Karibik, in Asien und einigen Ländern in Europa.

Süddeutsche.de: Und wer bezahlt das alles?

Ahmed Haggagovic: Ich. Besser gesagt: Mein Vater und meine drei Geschwister. Meine eigenen Ersparnisse sind längst aufgebraucht. Hin und wieder arbeite ich in einem der Länder, um etwas Geld zu verdienen. Ich bin Informatiker. Für die Kosten des Fotografen, der seit zwei Monaten mit mir reist, komme ich auch auf. Das macht die Sache noch teurer. Deswegen suche ich Sponsoren.

Süddeutsche.de: Und? Schon Erfolg dabei?

Ahmed Haggagovic: Ich finde keine in Ägypten. Ausländische Sponsoren möchte ich nicht, obwohl ich Angebote hatte.

Süddeutsche.de: Werden Sie von ihrem Heimatland nicht unterstützt?

Ahmed Haggagovic: Leider nicht. Ich wünschte mir, dass die Regierung mir unter die Arme greift. Dann müsste ich nicht mehr unter Brücken schlafen wie in einer Stadt nahe Hongkong, als mir dort das Geld ausgegangen war. Unser Außenminister hat mir jetzt nur versprochen, dass ich bei den Visa-Anträgen unterstützt werde. Eigentlich hatte ich gehofft, eine Art Diplomaten-Pass zu bekommen. Aber daraus wird nichts. Unsere Botschafter werden mich lediglich empfangen und moralisch unterstützen. Immerhin, denn das war vor der Revolution nicht so. Da haben sie sich über mich lustig gemacht. Jetzt, wo ich Brasiliens Präsident Lula, Frankreichs Präsident Sarkozy, Argentiniens Präsidentin Fernandez de Kirchner getroffen habe und ich in den ausländischen Medien gefeiert werde, kontaktieren sie mich.

Süddeutsche.de: Warum hilft die Regierung in Kairo ihrem Hobby-Botschafter nicht?

Ahmed Haggagovic: In Ägypten muss man erst Erfolg im Ausland haben, um von seiner Heimat unterstützt zu werden. So war es bei dem Chemiker und Nobelpreisträger Ahmed Zuwail, bei dem Herzchirug Magdy Yacoub und dem Wissenschaftler Faruk el Baz, der bei der Nasa gearbeitet hat. Und es wird bei mir auch so sein. Wenn ich im Ausland berühmt bin, werden sie mir hinterher rennen.

Süddeutsche.de: Das klingt enttäuscht.

Ahmed Haggagovic: Klar. Ich hatte gehofft, dass mein Land schätzen würde, was ich mache. Ich mache das nicht nur aus Spass oder Abenteuerlust. Ich will meinem Land helfen. Deswegen will ich einen Karneval der Freude auf dem Tahrir-Platz organisieren, zu dem noch mehr Menschen hinkommen als zum Karneval in Rio.

Süddeutsche.de: Wohin reisen Sie als nächstes?

Ahmed Haggagovic: Ich habe meine Reise in Hongkong abgebrochen, als ich von dem Fussball-Massaker gehört habe. Nun werde ich nach Tokyo fliegen und von dort aus weiter durch Asien reisen. Außerdem hat mich der Schauspieler Jackie Chan eingeladen. Von dort geht es weiter nach Europa, dann vielleicht Amerika. Mein grösster Traum ist nämlich, dass die Nasa mich einlädt, um die ägyptische Flagge auch auf dem Mond zu hissen.

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