Tourismusflaute in Spanien:Kalte Betten

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Teure Preise, leere Hotels: Die Liebesbeziehung der Deutschen zu ihrem Lieblingsreiseland Spanien ist erkaltet. Die Reisekonzerne erhöhen den Druck auf die Südeuropäer.

Michael Kuntz

Die deutschen Urlauber verschmähen ihr Lieblingsland. Es werden weniger Reisen nach Spanien gebucht. Wenn die Hoteliers dort in diesem Jahr keine - wie es in der Branche heißt - "kalte Betten" haben wollen, sondern volle Häuser, dann müssen sie ihre Preise senken. Die Tui führt derzeit entsprechende Verhandlungen. Der größte Reiseveranstalter in Deutschland verlangt Zugeständnisse auch von den Fluggesellschaften, die nach Spanien fliegen.

"Es gibt Teile von Spanien, wo die Nachfrage etwas schwerer in Gang kommt in diesem Jahr", sagt Tui-Chef Volker Böttcher im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung kurz vor der Branchenmesse ITB, die am Dienstagabend in Berlin eröffnet wird. "Da verlängern wir nicht die Frühbucherrabatte, sondern wir verhandeln jetzt mit unseren Partnern nach. Wir fordern Preisnachlässe, um über die reduzierten Preise dann den Markt anzukurbeln."

Der Jurist Böttcher ist seit 2001 Vorsitzender der Geschäftsführung der Tui Deutschland GmbH in Hannover und gehört seit 2007 auch dem Vorstand der börsennotierten Muttergesellschaft Tui Travel Plc in London an. Deren 50.000 Mitarbeiter in 130 Ländern bewegten vor der Krise 30 Millionen Kunden und setzten dabei 15,6 Milliarden Euro um.

Wenn der Marktführer jetzt die Muskeln spielen lässt, haben nach Ansicht von Böttcher alle Beteiligten etwas davon: "Dort, wo wir vernünftige Verhandlungsergebnisse erzielen, geben wir sie an die Kunden weiter." Auch der Reiseveranstalter profitiert: "So kommt für uns ein attraktives Preisbild in den Markt, was finanziert ist durch die Hoteliers, in Teilen auch durch die Fluggesellschaften."

Schließlich meint Böttcher: "Das macht auch für den Hotelier Sinn. Er macht zwar einen Verlust beim reinen Einkaufspreis, aber er bekommt die Perspektive auf ein belegtes Hotel mit all den Nebenumsätzen, die der Gast vor Ort generiert." Die Cola am Pool, das Bier an der Bar, die Massage im Wellnessbereich - daran kann der Hotelier nur verdienen, wenn Gäste da sind.

Spanien für Spätbucher attraktiv

Die aktuelle Situation in Spanien kann dazu führen, dass Spätbucher bessere Preise bekommen als Frühbucher, die sich schon Monate vorher auf ihre Ferienreise festlegen und die dafür bis zu 30 Prozent Rabatt auf die Katalogpreise bekommen. "Wir versuchen, darauf zu achten, dass Sonderangebote nicht die Preise für Frühbucher konterkarieren."

Doch auch der Tui-Chef weiß: "Das gelingt meistens, ist aber nicht in jedem Einzelfall möglich. Letztlich spiegeln unterschiedliche Preise für ein- und dasselbe Produkt das Wechselspiel an Angebot und Nachfrage wider." Grundsätzlich empfiehlt Böttcher: "Wer einen gewissen Anspruch an den Urlaub hat, sollte früh buchen, weil man dann noch die komplette Auswahl hat und zudem einen attraktiven Frühbucher-Rabatt bekommt."

Wer einfach in die Sonne will, nicht in den Schulferien fahren muss und auch sonst flexibel ist, kann sich sehr kurzfristig entscheiden: "Eine Buchung mit einem Tag Vorlauf ist bei uns kein Problem. Einzige Voraussetzung ist, die Reise muss verfügbar sein." Einen Spanien-Urlaub noch in der letzten Minute zu bekommen, dafür stehen die Chancen in diesem Jahr nicht schlecht.

Deutsche zieht es in die Ferne

Das Land ist zwar immer noch das Lieblingsziel der Deutschen, doch schon im vorigen Jahr reisten fast zehn Prozent weniger Touristen nach Spanien - ein Trend, der sich fortsetzt. Die Balearen-Insel Menorca schloss eilends eine spezielle Kooperation mit Tui - hier läuft es nun besser.

Immer mehr Reisenden aus Deutschland werden die Inseln, aber auch die Urlaubsregion zwischen Barcelona und Malaga zu teuer. "Die Urlaubsziele an der spanischen Küste sind vom Kostenniveau sehr stark dem deutschen angeglichen", stellt Böttcher fest. Und wo geht es billiger? "In fernen Ländern wie Südafrika, Sri Lanka und Mexiko ist der Euro derzeit am meisten wert. Aber auch in Bulgarien, Ägypten und Tunesien ist die Kaufkraft hoch." Genau das sind die Ziele, wo es bei den Reisen in dieser Saison die größten Zuwächse geben wird.

Sparen und trotzdem Urlaub machen, das geht auch noch anders. Böttcher sagt ganz ernsthaft: "Wer sich für Urlaubsreisen ohne Flug entscheidet und in Deutschland bleibt, der hat dann zumindest diesen Teil schon einmal gespart." Tui-Manager Volker Böttcher selbst übrigens war mit seiner Familie zuletzt in Namibia und plant in diesem Jahr eine Rundreise durch Kambodscha. Den Badeurlaub verbringt er wieder am Mittelmeer - in Spanien, auf Mallorca.

© SZ vom 08.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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