Strandgeschichten IX: Barendorf:Sand, sonst nichts

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Vom Grenzland zum Naturschutzgebiet: Wenn es überhaupt etwas Gutes gibt, was die deutsche Teilung hervorgebracht hat, so ist es der unberührte Strand von Barendorf.

Jochen Arntz

Dieser Strand gehört zum Land; ein sandiger Weg führt durch die Felder, rechts stehen die Ähren hoch, links liegen ein paar nasse Wiesen. Dann kommt der Wald am Ufer, flaches windgedrücktes Laubgehölz, ein Steg aus Holzplanken führt hindurch, hinein ins Nichts.

In Barendorf, im Osten der Ostsee, gibt es wenig außer Sand und Meer. (Foto: Foto: oH)

An diesem Strand gibt es wenig außer Sand und Meer. Manchmal fährt ein Traktor am Ufersaum der Ostsee entlang, er gehört einem Mann namens Karl, und wenn Karl sieht, dass jemand am Strand die Hand hebt, hält er den Traktor an, öffnet die Kühlbox hinten auf dem Schlepper und gibt, was gewünscht ist: Bier, Eis, Cola.

Einmal hatte Karl Prosecco dabei. Ungewöhnlich hier, immer noch. Denn das ist der Osten der Ostsee. Drüben im Westen, es sind nur ein paar Kilometer nach Travemünde, bis zu den Apartmenthäusern, die sich wie eine Mauer zwischen das Land und den Strand legen, da war schon immer Ferienland.

Doch hier in Barendorf war nichts, denn hier war Grenzgebiet. In der Lübecker Bucht stießen die DDR und die BRD aufeinander. Der Westen war nur einen Augenblick entfernt. Vom Barendorfer Strand aus sieht man das hohe Maritim-Hotel in Travemünde. Axel Springer machte Friede Riewerts dort den Heiratsantrag, mit Aussicht auf die Grenze.

Heute kommen viele aus dem Westen an den Strand im Osten, sie mögen es, dass es hier keinen Beton gibt, keine Buden, kein Bungee-Jumping. Und wenn es überhaupt irgendetwas Gutes gibt, was die deutsche Teilung hervorgebracht hat, so ist es dieser unberührte Strand, der einst Grenzland war - und heute im Naturschutzgebiet liegt.

© SZ vom 25.08.2009/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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