Semana Santa:Christus kam bis Cordoba

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Im Zentrum der spanischen Stadt feiern Gläubige die Karwoche mit viel Folklore und Tradition. Touristen sind hier noch seltene Gäste.

Monika Maier-Albang

Hinter jeder Ecke können sie stecken. Man müsse nur spät genug losziehen, haben sie gesagt in Córdoba, um die Costaleros zu finden. Denn jene unsichtbaren Träger, die während der Semana Santa, der spanischen Karwoche, die schweren Holzgestelle durch die Straßen bewegen, wollen bei den Proben zur Heiligen Woche ihre Ruhe haben. Also treffen sie sich erst abends, wenn sich der Trubel in den Straßen gelegt hat.

Und das kann dauern. Denn der Cordobese schlendert um halb elf gerade mal los zum Restaurant. Oder er kommt um diese Uhrzeit vom Einkaufen, da in der Avenida del Gran Capitán, der Bummelmeile der Neustadt, die großen Läden nicht vor neun Uhr schließen. Um Mitternacht verabschieden die ersten Bars auf der Plaza San Miguel ihre Gäste, indem sie demonstrativ die Stühle auf die leeren Tische stellen.

Probetrippeln in Zeitlupe

Und noch immer kein Laut, der den Weg weisen würde zu den Männern und ihren Holzgestellen. Die Nacht schreitet voran, ein Uhr ist es inzwischen und man hat schon alle Gassen der Altstadt abgewandert, als sich plötzlich ein Platz auftut. In seiner Mitte hängt eine blasse Christusfigur am Kreuz, beleuchtet von Laternen. Und über den Platz bewegt sich, einem Tausendfüßler gleich, ein riesiges vergoldetes Etwas.

Es ist die Bruderschaft des Friedens, cofradía de la Paz, der man da zu so später Stunde begegnet. Der Paso, den die Männer tragen, wiegt mehr als zwei Tonnen. In seinem Inneren stehen fünfzig costaleros, die seit zwei Wochen schon jede Nacht für den großen Tag proben, an dem sie den Paso fünf Stunden lang durch die Straßen der Stadt tragen werden.

Wohin sie gehen, können die Männer durch die winzigen Sehschlitze kaum erkennen. Also weist der Majordomus, eine Art Zeremonienmeister, ihnen den Weg durch Klopfzeichen. Nach zweieinhalb Stunden Probetrippeln wird der Paso in Zeitlupe millimetergenau in eine Garage eingepasst. Heraus kriecht ein Schwarm lachender, schwatzender und schwitzender Córdobesen.

Fernando Blancas ist einer von ihnen. Er ist 23 Jahre alt und Polizist, ist Mitglied bei der Bruderschaft, bei der schon seine Eltern waren und costalero, seit er 16 ist. Ein Leben ohne die Semana Santa mag er sich nicht vorstellen. "Das gehört dazu wie die Familie", sagt er und erzählt, dass seine Frau stolz sei, dass er dabei ist. Dann fährt sich Blancas über den leicht gewölbten Bauch. "Der muss eh noch weg." Einen positiven Nebeneffekt hat die Schinderei also auch.

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