Schären vor Västervik in Schweden:Trainieren für Midsommar

Eine Stadt, 5000 Inseln, das ist die "Perle der Ostseeküste", wie sich Västervik in Schweden stolz selbst nennt. Natürlich finden die Einwohner ihre Schären-Inseln noch viel schöner als die vor Stockholm. Wer mit ihnen Mittsommer feiern will, sollte dem zustimmen - und sich auch sonst mit den Bräuchen auskennen.

1 / 10
(Foto: dpa-tmn)

"Die Schäreninseln vor Stockholm mögen zwar bekannter sein, dafür sind unsere Schären aber die schönsten von Schweden", behauptet Tourismuschefin Stine Porsgaard selbstbewusst. "Dort oben haben viele Hauptstädter ihre Sommerhäuschen auf den Inseln. Bei uns sind die meisten der 5000 Eilande unbewohnt." Rund 300 Kilometer südlich der schwedischen Hauptstadt Stockholm breitet sich vor Västervik in der Ostsee auf 70 Kilometern Länge eine wenig erschlossene Welt kleiner und kleinster Inseln aus (im Bild die Insel Sladö). Nur die beiden größeren Inseln Idö und Hasselö sind im Sommer durch Schiffslinien mit dem Festland verbunden. Andere sind nur ein paar Quadratmeter groß und ragen als blanke Felsen aus dem Meer. In den Buchten liegen versteckte Inselchen, die von Seglern oder Motorjachten angesteuert werden. Nach dem Motto "Ich bin Robinson für einen Tag" können Wassersportler beim Picknick und beim Grillen auf den Schärenfelsen die Einsamkeit erleben. Nur einmal im Jahr will keiner allein feiern: an Mittsommer, dem zweitwichtigsten Fest in Schweden gleich nach Weihnachten.

2 / 10
(Foto: dpa-tmn)

Von allen Seiten strömen sie herbei: Alte und Junge, Frauen und Männer, Teenager und Kinder. In ihren Händen halten sie Eichenlaub und Ginsterzweige, Lupinen und Margeriten. Damit schmücken flinke Hände die Maibaumstange mit den beiden Kränzen. Applaus und Hoch-Hoch-Rufe ertönen von den Zuschauern auf der schwedischen Schäreninsel Idö, als Männer und Frauen den geschmückten Mittsommerbaum aufrichten.

3 / 10
(Foto: dpa-tmn)

Ein Musikantentrio spielt, alle auf der Insel Idö singen Volksweisen und Trinklieder. Deutsche Urlauber sind willkommen in Västervik. Nach den Schweden selbst stellen sie die größte Urlauberzahl vor Gästen aus Dänemark, Norwegen und den Niederlanden. Für die deutschen Gäste haben die Västerviker unlängst ein spezielles Mittsommertraining erfunden. Am Vortag erfahren sie beim Mittsommerlunch und während eines Grillabends mit Gitarrenmusik von Fremdenführern mehr über die Bräuche der Mittsommerfeier, die in Schweden nach Weihnachten als das zweitgrößte Fest des Jahres gilt. Mittsommer-Expertin Susanne Rehorn erläutert den deutschen Urlaubern in Västervik: "Genau seit 50 Jahren feiern wir Midsommarafton, den Mittsommerabend, immer an dem Freitag, der zwischen dem 20. und dem 26. Juni liegt."

4 / 10
(Foto: dpa-tmn)

1953 wurde dieser Feiertag per Gesetz festgelegt, an dem die meisten Geschäfte geschlossen sind und die Schweden zum Feiern mit Verwandten, Freunden und Bekannten aufs Land ziehen. Susanne Rehorn: "Bei uns fahren viele auf die Schäreninsel Idö und tanzen um den Maibaum." Diese Bezeichnung des geschmückten Baumstammes habe allerdings nichts mit dem Monat Mai zu tun, sondern gehe vielmehr zurück auf das altertümliche Wort Maja, was soviel bedeute wie "mit Blumen schmücken", erläutert Rehorn. Der schwedische Mitsommerabend beginnt bereits am Mittag - bei einem üppigen Mahl mit Hering, neuen Kartoffeln, Bier, Schnaps und anschließender Kaffeetafel mit Erdbeertorte. Wie auf der Schäreninsel Idö sind in Västervik an mehr als 20 Plätzen Urlauber zum Mitfeiern willkommen. Tourismuschefin Porsgaard rät allerdings: "Urlauber sollten sich zuvor bei uns informieren, wo sie mitfeiern können." Denn es gebe auch kleine Siedlungen in der Großgemeinde Västervik, wo die Einheimischen an diesem Festtag lieber unter sich bleiben möchten.

5 / 10
(Foto: dpa-tmn)

Das Freizeitangebot in Västervik ist groß: radeln auf der gekennzeichneten Kustlinjen-Route von Loftahammar über die stille Landstraße zum abgelegenen Flecken Flatvarp, eine Kanutour durch die Schären, die Tagesetappe auf dem Tjustleden-Wanderweg, oder an einem der Sandstrände einfach den Tag verbummeln. Sogar Kletterer reisen ins Schärenland, um eine der hoch aufragenden Klippen zu bezwingen. Eisenbahnfreunde kommen zur gemütlichen Tour auf der Schmalspurbahnstrecke, über die im Jahr 1879 erstmals Züge durch die tiefen Wälder Smålands dampften. Von Ende Juni bis Anfang September bummeln Triebwagen aus den 1950er Jahren und an den Wochenenden im Juli auch Dampfzüge zwischen Västervik und Hultsfred. Mit einer Distanz von 71 Kilometern zwischen den beiden Orten gilt die Route als längste historische Eisenbahnstrecke in Skandinavien. Darüber hinaus ist sie die erste Bahn, die in Schweden unter Denkmalschutz gestellt wurde.

6 / 10
(Foto: dpa-tmn)

Die Kleinstadt Västervik mit rund 21.000 Einwohnern hat für Feriengäste viel zu bieten. Die Liste der Unterkünfte reicht von einigen Stadtherbergen über das feudale Gränso Slott mit Bungalowdorf, Spa-Bereich und benachbartem 18-Loch-Golfplatz bis zum großzügigen Camping- und Feriendorf Lysingsbadet, das vor allem von Familien mit Kindern genutzt wird. Besonders beliebt sind die Ferienhütten und Häuser auf den Inseln oder in einer der zahllosen Buchten an der Ostseeküste. Mehr als 3000 Stuga, kleine Ferienhäuser, gibt es in Västervik in allen Komfort - und Preisklassen, vom Luxushaus bis zur Behelfsunterkunft. Die nobelste Variante wartet mit Seeterrasse und Panoramablick in die Schärenwelt auf.

7 / 10
(Foto: Bernd F. Meier/dpa)

Bescheiden sind die Stuga, die zwar ebenfalls schöne Aussichten bieten, aber keinen Stromanschluss haben, mit Omas Möbeln bestückt sind und die Toilette im Herzhäuschen nebenan haben - wohl nicht jedermanns Sache in den schönsten Wochen des Jahres. Die Hochsaison ist kurz und entspricht in etwa den schwedischen Schulferien: Am Mittsommerwochenende um den 22. Juni und zwischen 2. Juli und 19. August zieht es die Schweden an die Ostseestrände und in die Schärenwelt. In den ersten Juniwochen und im September ist es weitaus ruhiger in der Ferienregion. Die Mietpreise für Urlaubsquartiere sind dann deutlich niedriger.

8 / 10
(Foto: dpa-tmn)

Vor etwas mehr als 15 Jahren kam Tomas Liew auf die Schäreninsel Sladö und ist seitdem Fischer. "Meine Frau Karina wurde hier geboren, ich stamme aus Västervik", erzählt der rüstige Pensionär, der einst für das Rote Kreuz in Sri Lanka und Nordkorea unterwegs war. In der Einsamkeit von Sladö - sechs Männer und Frauen, ein Hund und eine Katze leben hier - hat Tomas Liew seine Ruhe gefunden. Zwischen Mai und September nimmt der Fischer nach vorheriger Absprache hin und wieder Feriengäste mit an Bord, um zwischen den kleinen Eilanden die Netze und Reusen zum Fang auszulegen.

9 / 10
(Foto: dpa-tmn)

Früh aus den Federn, heißt es für die Gäste am Morgen, wenn sie zusammen mit Tomas die Netze einholen. Strahlend steht die Sonne am tiefblauen Himmel über dem Schärengarten. Kein Windzug regt sich, nachdem tags zuvor ein Gewittersturm die Fluten aufgewühlt hatte. Viel zappelt dieses Mal nicht in den Netzen. Ein paar Plattfische, ein Dorsch und ein Seebarsch haben sich in den Maschen verfangen. Vielleicht liegt es am Wetterwechsel. Doch Fischer Tomas gerät ins Schwärmen, von den 5000 Inseln vor Västervik. Vom Herbst auf den Eilanden mit stabiler Witterung, den goldgelben Farben des Birkenlaubs und den wenigen Urlaubern, die noch im Oktober in den schönsten Schären Schwedens unterwegs sind. Tomas Liew sagt: "Richtig hart wird es bei uns erst in den Monaten danach. Im Spätherbst und Frühjahr ist die Eisdecke der zugefrorenen Ostsee tagelang nicht dick genug, um darauf mit dem Schneemobil von Sladö bis Västervik zu kommen." Der Schiffsverkehr ist längst eingestellt. Dann sind die sechs Menschen, ein Hund und eine Katze ganz auf sich alleine gestellt. Aber jetzt wird erst einmal gefeiert: Midsommar.

10 / 10
(Foto: dpa-tmn)

Informationen Reiseziel: Die Kleinstadt Västervik liegt an der Ostsee in der Provinz Småland etwa 300 Kilometer südlich von Stockholm. Vor Västervik liegen auf einem Abschnitt von 80 Kilometer Länge 5000 Schäreninseln; www.vastervik.com Anreise: Mit dem Flugzeug von Deutschland nach Stockholm und von dort mit dem Leihwagen über die E 4 und E 22 (Fahrtzeit rund vier Stunden). Mit dem Auto ab Deutschland durch Dänemark mit der mautpflichtigen Tunnel-Brücken-Kombination über den Øresund zwischen Kopenhagen-Kastrup und Malmö-Lernacken. Von dort über die E 6/E 20, E 4 bis Ljungby, von dort weiter über Växjo und Vimmerby (Fahrtzeit etwa fünfeinhalb Stunden). Mit Fähren ab Deutschland: Travemünde - Trelleborg, TT-Line; Travemünde - Malmö, Finnlines; Rostock - Trelleborg, TT-Line; Sassnitz - Trelleborg, Scandlines. Ab Trelleborg über die E 6/E 20, E 4 bis Ljungby, von dort über Växjo und Vimmerby. Reisezeit: Hochsaison ist vom 2. Juli bis zum 19. August (Ferienzeit in Schweden). Im Juni, Ende August und im September ist Nebensaison, während der es ruhig ist und die Preise niedriger sind. Unterkünfte: Die Auswahl an Hütten in dem riesigen Gebiet der Stadt Västervik ist groß. Generell gilt: Je näher am Meer oder auf einer Schäreninsel, desto teurer, aber nicht komfortabler. Einfache Hütten etwa auf den Schäreninseln bieten sehr wenig Komfort, zum Teil haben sie Außentoilette und keinen Stromanschluss.

© Süddeutsche.de/dpa Bernd F. Meier - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: