Reiseurteil: Ägypten:Hitlergruß ist ein Reisemangel

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Animateure im Stechschritt, den Arm zum "Heil"-Gruß erhoben: Was ein deutscher Gast in einem Hotel im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich erlebte, ließ ihn vor Gericht ziehen.

Ekkehard Müller-Jentsch

Für einen Hitlergruß auf der Theaterbühne einer Ferienanlage gibt es Geld zurück: "Wird einem Gast das Gefühl vermittelt, nicht willkommen zu sein, kann dies einen Reisemangel darstellen", sagte eine Münchner Amtsrichterin zur Begründung des Urteils.

Ein Münchner Reiseunternehmen wurde verurteilt, einem Kunden einen Teil des Reisepreises zu erstatten. Ein Rechtsanwalt aus München hatte eine siebentägige Pauschalreise nach Sharm-El-Sheik in Ägypten zum Preis von 689 Euro gebucht. Zwei Tage vor der Rückreise wurden abends auf einer Bühne Sketche aufgeführt. Unter anderem wurden unterschiedliche Arten des Grüßens imitiert. Als der Gruß der Deutschen an der Reihe war, marschierten zwei Animateure im Stechschritt, erhoben ihren Arm und brüllten laut "Heil".

Nachlass vom Reisepreis und entgangene Urlaubsfreuden

Der Tourist forderte daraufhin 25 Prozent Nachlass vom Reisepreis für die erlittenen Unannehmlichkeiten. Außerdem war er der Meinung, ihm stünde auch ein Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude und wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsgesetz von mindestens 500 Euro zu.

Der Veranstalter weigerte sich zu zahlen, der Fall kam vor das Amtsgericht. Der Vorfall gehe über eine bloße Unannehmlichkeit hinaus, befand die Richterin. Sie hatte Zeugen befragt und dabei festgestellt, dass nach der Aufführung offenbar erst einmal wortlose Stille im Zuschauerraum geherrscht hatte. Wesentliches Ziel eines Urlaubs sei es doch, dass man sich wohlfühle und gastfreundlich behandelt werde, meinte die Richterin. "Hier ist aber der Eindruck entstanden, als Deutscher nicht willkommen zu sein - dies beeinträchtigt die Reise."

Der Betroffene sei für zwei Tage in Höhe von 20 Prozent pro Tag zu entschädigen, entschied das Gericht. Das sind 34,45 Euro. Einen Schadenersatzanspruch billigte die Richterin dem Kläger jedoch nicht zu. Auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz liege nicht vor: "Eine Diskriminierung erfordert eine Herabsetzung von gewisser Intensität - ein geschmackloser Scherz reicht dafür nicht aus."

© SZ vom 05.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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