Jaromir ruft: "Schau mal her! Was ist das denn?" Sein Kollege Karel zuckt mit den Achseln, kickt derb gegen den Klotz und antwortet: "Weiß nicht. Komm, mach weiter!" So oder so ähnlich hat es sich der Überlieferung nach zugetragen. Jaromir und Karel, zwei Straßenbauarbeiter, stießen bei Písek, nahe der heutigen Europastraße 49, auf einen zwei Kilogramm schweren Klumpen Gold, den sie aber nicht als solchen erkannten.
Der Fund ereignete sich kurz vor dem Schwarzen Freitag des 13. Mai 1927, als der Kurssturz an der Berliner Börse schlechte Zeiten einläutete, die schließlich im Schwarzen Freitag des 25. Oktober 1929 ihren Höhepunkt hatten: Der Zusammenbruch der US-amerikanischen Börse löste bekanntlich die große Weltwirtschaftskrise aus.
Dieser Tage riecht es wieder nach Weltwirtschaftskrise. Man wähnt sich in ähnlich schlechten Zeiten, wie sie Jaromir und Karel schon erlebt haben. Banker zocken wie Banditen, und Millionen spielen bei diesem realen Monopoly offensichtlich keine Rolle mehr. Verhandelt und überwiesen werden nur noch Milliarden: für Finanzspritzen an unglaubwürdig gewordene Banken, für fragwürdige Konjunkturpakete und horrende Bürgschaften.
Wie menschlich wirkt dagegen die Geschichte von Jaromir und Karel: Einfache Leute finden Gold, viel Gold - erkennen es aber nicht. Trotz der Tragik schöpft man in dieser Gegend ein wenig Hoffnung. Wenn sonst nichts geht, vielleicht geht doch Gold suchen - und finden? In Písek.
Nur schade, dass in dem südböhmischen Städtchen derzeit keine größeren Straßenbauarbeiten stattfinden und der Fluss Otava häufig bis in den März hinein zugefroren ist. Die Otava führt schließlich goldhaltigen Sand mit sich - Písek heißt auf Tschechisch Sand.
Fast alle europäischen Flüsse weisen zwar Spuren von Gold auf, das meist in Form sehr dünner Blättchen im Gestein eingelagert ist, durch Verwitterungsprozesse freigesetzt und dann weggeschwemmt wird. Aber die Otava ist dennoch etwas Besonderes.