Mitten in ... Schiras
Der Mann sucht Augenkontakt, was nicht einfach ist, weil alle stehen, er aber sitzt am Boden auf dem belebten Zugang zum Schāh-Tscherāgh-Heiligtum in Schiras. "Leg da die Hand drauf", sagt er, also geht man in die Hocke, legt die Hand auf eine Handvoll Kichererbsen, zieht sie wieder zurück, und der Alte beginnt, das Schicksal zu ordnen: drei Erbsen nach rechts, die Familie, ein paar nach links, Freunde, ein paar nach oben, eine einzelne abseits, eine leere Hülse kickt er aufs Pflaster. Er erklärt: Hier alles gut, dort auch, viel Glück überall. Die einzelne Erbse? "Da kommt noch etwas." Er hält die Hand auf. 20 000 Rial, 50 Cent, reichen nicht. Das Doppelte möchte er, die Inflation rast ja gerade in Iran - und bei so viel Glück. Aber dann ein Foto, bitte. Er willigt ein, doch die Erbsen bedeckt er mit der Hand. Das Glück mag käuflich sein, er ist es nicht.
Monika Maier-Albang, SZ vom 14./15. Juni 2014