Hotel Fatal:Bodylotion auch?

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Warum Männer keine Körpercreme mitgehen lassen und Shampoospender den Gast vor Bösem bewahren - Gedanken zur Fläschchenkultur im Hotelzimmer.

Max Scharnigg

Moderne Moraltheoretiker verbringen einen Großteil ihrer Zeit auf Podiumsdiskussionen mit der Klärung der Frage, welche Teile einer Hotelzimmereinrichtung für die Mitnahme durch den Gast bestimmt sind. Ihre Denkarbeit dazu endet meist in einem flammenden Appell an die Bescheidenheit und geht somit an jeder Menschenwirklichkeit vorbei.

(Foto: Foto: iStock)

Vom Podium ins Hotel zurückgekehrt, lockern sie im Bad Krawatte und Moral und dann stehen die Theoretiker wie jeder andere Sterbliche vor der Frage: Bodylotion auch?

Für gewöhnlich taugt dem männlichen Hotelgast nichts besser als Beweis des eigenen Anstands, als das kleine Fläschchen mit Hotel-Lotion nicht einzupacken. Das hat ganz praktische Gründe.

Erstens schmiert er sich ungern den ganzen Body ein. Zweitens reicht dafür das Fläschchen ohnehin nicht. Und drittens stapeln sich im heimischen Badezimmer, in geflochtenen Körben aus Seegras, bereits Mini-Bodylotions der unterschiedlichsten Jahrgänge.

Sie datieren zurück bis zum ersten Sommerurlaub mit einer Frau. Frauen packen die Bodylotion als erstes ein und verschmähen lieber das angebotene Hotelshampoo, von dem sie schon am Geruch erkennen, dass es ihr Haar austrocknet, einfettet oder gänzlich zersetzt.

Interessant wäre es zu erfahren, wie sich das Hotelbadfläschchen-Mitnahme-Verhalten seit dem Pflichteinsatz der durchsichtigen Flüssigkeiten-Beutel am Flughafen verändert hat. Da es eine Menge treuer Menschlein gibt, denen schon das Tragen gekaufter Toilettenpapier-Großpackungen peinlich ist, dürfte es auch einige Handgepäck-Reisende geben, die sich scheuen, zehn Bodylotions mit der Aufschrift "Masseria Torre Coccaro" vorzuzeigen.

Flaschen-Schwund lässt Preise steigen

Dabei wird der Fläschchen-Schwund von den Hotels natürlich eingerechnet und findet sich allenfalls in jährlich angehobenen Zimmerpreisen wieder. Gerade weil das auch der durchschnittlich engagierte Hotelgast weiß, keimt in ihm eine neue Frage: Darf man einen besonders geizigen Hoteldirektor in jenen Häusern vermuten, die zwar das Klopapierende artig falten, für die Dusche jedoch nur einen festgeschraubten Shampoospender anbieten? Mißgönnt der hier wirkende Manager seinen Gästen den kleinen Reiz des Fläschchen-Einpackens und auf dem Flughafen Vorzeigenmüssens?

Mitnichten! Er will sie nur vor den beiden großen Problemen der Fläschchenkultur bewahren. Den Fläschchen ist nämlich erstens ein ganz eigenes Vakuum zueigen. Es bewirkt, dass sie ihren Inhalt weder beim ruckartigen Stoßschütteln, noch beim brutalen Zerquetschen mit der Faust freigeben, stattdessen pflegen sie meistens irgendwo zwischen beiden Anwendungen stumm auszulaufen und dem Hotelgast kühl ans Bein zu klatschen.

Problem zwei verschulden die gehässigen Fabrikanten von Hotel-Seifenschalen. Sie konfektionieren die Wasserablauflöcher ihrer Schalen immer ein paar Millimeter weiter, als die Durchmesser der Schraubverschlüsse von Mini-Shampoofläschchen messen. Deswegen ist zu jeder Tageszeit eine erkleckliche Zahl Menschen auf dieser Welt damit beschäftigt, gebückt und shampooblind im Abfluss von Hotelduschen herumzutasten.

Als Erinnerungen an die Reisen eines Jahres dienen die kleinen Mitnehmsel allemal. Und wenn Seifen und Lotions, wie in der erwähnten "Masseria Coccaro", sogar mit Olivenöl aus dem Hotelgarten angereichert sind, dann schmiert man sich daheim sogar mit einem Hauch von Urlaub ein.

Masseria Torre Coccaro, C.da Coccaro, 8 72015 Savelletri di Fasano, Italien, 0039 080-482-93-10 DZ ab 262 Euro / Nacht www.masseriatorrecoccaro.com

Max Scharnigg, 28, arbeitet als Journalist in München und ist Mitglied der jetzt.de-Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Seine Wochenenden verbringt er am liebsten in interessanten Hotelzimmern mit Bad oder Dusche.

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